Chapter 9

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Samstagmorgen. Regen prasselte gegen die schrägen Fenster meines Zimmers. Es war jedoch der grelle Blitz und darauffolgende Donner, welcher mich aus meinem tiefen Schlaf riss. Ich setzte mich auf, streckte mich und sah nach draußen. Der nächste Blitz ließ nicht lange auf sich warten.

Mein Schreck über den Gedanken, dass statt des Donners eine Tür zugemacht wurde legte sich wieder und ich schlug die Decke zurück, um ins Bad zu gehen. Das Hämatom in meinem Gesicht war nicht mehr dick und verfärbte sich langsam aber sicher grün. Ein gutes Zeichen, wie ich fand. Bald würde nichts mehr von Derek's Schlag zu sehen sein. Dennoch würde die Angst vor seiner Drohung weiterhin da sein. Das würde sie vielleicht immer.

Ich seufzte und atmete tief ein. Er wird mich hier nicht finden, daran musste ich einfach glauben. Nachdem ich meine Zähne geputzt, meine Haare gekämmt und in einen Zopf gesteckt hatte und das Hämatom überschminkt hatte, ging ich wieder in mein Zimmer und suchte mir aus dem Regal, welches ich mit als erstes eingeräumt hatte, ein Buch. Ich warf dieses in den Hängesessel, welcher nur ein paar Meter weiter stand und zog mir andere Sachen an.

Der lange Cardigan, welchen ich über einem engen Shirt und einer lockeren Hose trug, schleifte leicht über die kalten Steintreppen, als ich herunter in die Küche ging.

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Zum ersten Mal fühlte ich mich in diesem Haus, in diesem noch immer fremden Land vollkommen entspannt.

Zum ersten Mal seit Jahren fühlte ich vollkommene Ruhe, während ich in dem Hängesessel saß und ein Buch las. Der aromatische Geruch des Cappuccinos, der neben mir auf der Kommode stand, breitete sich in meinem Zimmer aus. Noch immer regnete es draußen und noch immer prasselten die Wassertropfen gegen die Scheibe. Das Gewitter war längst vorbeigezogen, der Regenschauer hingegen war noch da und ich hoffe, dass es für einige Stunden noch dabei blieb.

Unterbrochen wurde der Streit der Protagonisten und auch meine Ruhe mit dem Klingeln an der Haustür. Ich stand auf und beeilte mich nach dorthin. Ich schüttelte den Gedanken ab, dass es Derek sein könnte und öffnete die Haustür. Vor mir stand eine Frau. Die schwarzen Haare und ihre Uniform nass, und dennoch ein Lächeln auf den Lippen. "Guten Morgen, ein Paket für Sie." Ich nahm es entgegen. "Danke, schönen Tag Ihnen noch." Schnell schloss ich die Haustür und lief in die Küche, wo ich das Paket auf der Kücheninsel abstellte.

Während der Laptop die Updates lädt, kann ich noch das Kapitel zu Ende lesen bevor ich anfange, meine verlorenen Ideen wieder aufzuschreiben.

Als ich jedoch in Vorfreude den Karton öffnete, welcher an manchen Stellen durch den Regen nass war und den eigentlichen Karton mit dem Laptop hervorholte, hielt ich inne. Das war nicht der Laptop, den ich bestellt hatte. In meiner Hand hielt ich eine weiße Verpackung, dessen Marke mir nur allzu bekannt war. Ebenso wie dessen Preis.

Ich hatte mir beim besten Willen kein MacBook bestellt, insbesondere nicht das Modell, welches vor nicht allzu langer Zeit erst herausgekommen war. Ich legte die Verpackung auf die Kücheninsel und sah auf den größeren, braunen Karton. Die Adresse stimmte, ebenso wie mein Name. Also musste der Laden einen Fehler gemacht haben.

"Super, also verzögert sich mein Schreiben doch noch.", seufzte ich. Als ich den Karton umdrehte, um nochmals auf die Anschrift und den Absender zu sehen, fiel ein gefalteter Zettel aus dem Karton heraus. Ich hob ihn auf.

Die Rechnung.

Doch als ich ihn öffnete, stand lediglich ein einziger, handgeschriebener Satz auf dem weißen Papier.

Bekommt Edeline in der Fortsetzung ihr Happy End? ~S.M.

Ich war sprachlos. Mein Mund war leicht geöffnet und mir zusammengezogenen Augenbrauen sah ich auf das Blatt Papier.

"Woher weiß er-" Mitten im Satz blieben die Worte aus. Ich dachte an die Begegnung im Musikstudio in Toronto zurück, in welchem er eines meiner Bücher in der Hand gehalten und gelesen hatte. Devilish Saints. Doch Edeline war aus dem anderen Buch, Comfort Zone.

Shawn hat beide meiner Bücher gelesen. Wirklich gelesen.

Ich ließ den Zettel in meiner Hand sinken, überlegte kurz und lief dann in den Eingang zur Garderobe. Dort hatte ich meinen Mantel beim hereinkommen hingehangen. In der rechten Manteltasche war noch immer die Serviette mit der Handynummer von Shawn. Ich seufzte, hin- und hergerissen, bis ich sie nahm und die Treppe hoch in mein Zimmer ging.

Mein Handy lag auf dem Bett, der Bildschirm schwarz. Ich hatte keine neuen Nachrichten. Ich biss mir auf die Unterlippe, während ich die Handynummer in meinen Kontakten einspeicherte und auf 'message' drückte.

Ich bin mir noch nicht sicher, inwiefern Edeline ihr Happy End bekommen wird.

Shawn würde wissen, dass die Nachricht von mir ist. Ich tippte eine zweite Nachricht.

Das MacBook werde ich dir zurückschicken, ich habe mir selbst schon einen Laptop bestellt.

"Mich würde eher interessieren, woher er wusste, dass ich einen Neuen brauche.", murmelte ich, nachdem ich mein Handy wieder auf mein Bett legte, unschlüssig darüber was ich jetzt tun sollte. Auf jeden Fall werde ich ihm das MacBook zurückschicken. Dieser Mann hat definitiv zu viel Geld. Erneut griff ich nach meinem Handy und steckte es in die Tasche meiner Hose.

Als ich kurz darauf den weißen Karton in den Braunen schob und in den Schubladen verzweifelt nach Klebeband suchte, leuchtete mein Handybildschirm auf. Zunächst zögerte ich in der Vorahnung, dass es Derek war. Dann schüttelte ich meinen Kopf und sah auf den Bildschirm

Es war Shawn, nicht Derek.

Es braucht also nur ein Geschenk, bis du mir schreibst.

Ich verdrehte meine Augen beim lesen der Nachricht, während zum gleichen Zeitpunkt eine zweite erschien.

Behalt das MacBook.

Nachdenklich tippte ich mit meinen Fingern auf die Arbeitsplatte der Kücheninsel, ehe ich antwortete.

In Ordnung, ich behalte es. Wie hast du mein Pseudonym herausgefunden?

Diese Frage hatte sich in meinen Kopf gebrannt, seit ich den Zettel mit seinen Initialen gelesen hatte. Trotz seiner Reichweite und seines Status' als Prominenter, so musste auch das eine Grenze haben. Keine Minute später, während welcher mein Blick zwischen dem Chat und Karton wechselte, bekam ich meine Antwort.

Deine Eltern sind wirklich sehr stolz auf dich und deinen Erfolg mit den Büchern. Wieso bist du nicht mitgekommen, Kalifornien?

Ich konnte wirklich nicht sagen, ob mir seine Selbstsicherheit missfiel oder gefiel.

Ich gehe der Möglichkeit aus dem Weg, dir zu begegnen. Davon abgesehen möchtest du wissen, ob Edeline ihr Happy End bekommt. Das möchte ich auch, weshalb ich jetzt anfangen werde, darüber nachzudenken.

Damit war das Gespräch für mich beendet. Ich legte mein Handy auf die Arbeitsplatte und holte das MacBook nun zum zweiten Mal aus dem braunen Karton heraus, welchen ich dieses Mal jedoch sofort mithilfe eines Messers klein schnitt und zur Seite legte. Erst danach widmete ich mich dem hochwertigen weißen Karton.

Ich zögerte. Sollte ich das wirklich einfach so annehmen? Mein Stolz sagte mir, dass ich es lassen sollte. Den Laptop zurück schicken und auf meinen eigentlich bestellten zu warten. Doch meine Intuition sagte mir, dass es sein verlorenes Geld war, nicht meines.

Treating You Better | Shawn Mendes FFWhere stories live. Discover now