All Too Well (Walburga's Version)

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Neues Buch Alarm :) Das hier ist das erste Kapitel und der Rest (was ich bis jetzt hab) ist in einem einzelnen Buch hochgeladen

* * *

Walburga war eine Träumerin. Sie liebte es zu lesen und versank mit ihrer Fantasie ganz in dem Buch in ihrer Hand, welches sie verschlang und es dann zu ihrem Leben machte. Sie las von Prinzen und Prinzessinnen, von Rittern und von Bauernmädchen, von adeligen Liebesgeschichten und verbotenen Affären, von Seelenverwandten und von Hass, der zu bedingungsloser Liebe wurde.

Sie stellte sich vor, wie ihr Jungen Blumen schenkten, wie ihr Lieder gewidmet und Gedichte geschrieben wurden, ganz so, wie in den Büchern. Walburga konnte kaum erwarten, genau dasselbe zu erleben, sich zu verlieben und geliebt zu werden und dann mit ihm eine Familie zu gründen. Sie wünschte sich Kinder, Söhne und Töchter, die sie gemeinsam mit ihrem Mann aufziehen würde. Sie wünschte sich eine eigene perfekte Familie, bestehend aus Liebe und Zusammenhalt.

„Walburga!", ein grobes Schnipsen vor ihrer Nase holte sie aus ihren Gedanken. „Pass gefälligst auf, was ich dir sage."

„Verzeih mir, Mutter", Walburga strich sich die schwarzen Haare hinter die Ohren, ihre Ohrringe baumelten dabei, und nickte: „Ich höre dir zu."

Irma seufzte bloß, bevor sie zu dem Buch griff, was auf dem dunklen Tisch lag und es in ihrer Hand abwog. „Position", sagte sie und Walburga richtete sofort ihren Rücken und hob das Kinn an, als ihre Mutter ihr das Buch auf den Kopf legte. Es schwankte leicht, hielt sich aber.

„Hin und zurück", befahl Irma. „Und wage es, von mir wegzusehen."

Mit vorsichtigen Schritten ging Walburga los, über das dunkle Parkett, auf dem die kleinen Absätze ihrer Ballerinas trommelten, über den dünnen Teppich, zwischen den Stühlen und wieder zurück.

„Lektion Eins", fuhr Irma fort.

„Die hast du schon", erinnerte Walburga sanft. „Lektion Eins bedeutet, der aufrechte Gang ist ein Zeichen von Macht und Respekt."

„Unterbrich mich nicht", Irma schlug mit der Hand auf den Tisch, der Ring an ihrem Finger laut knallend. Es war eine Geste, die sie zu oft benutzte, zur Erinnerung an ihre Kraft, an ihre Position, daran, wer hier das Sagen hatte. Sofort neigte Walburga den Blick, aufpassend, dass das Buch nicht fiel.

Irma seufzte enttäuscht und fing wieder an: „Lektion Eins sagt aus, dass der aufrechte, stolze Gang das Zeichen von Macht und Respekt ist. Solltest du die Schultern hängen lassen, was dann?"

„Dann nimmt mich niemand-"

„Dann nimmt dich niemand ernst. Wollen wir das?"

„Nein", Walburga blieb ruhig stehen, als ihre Mutter näher kam, um ein weiteres Buch auf ihren Kopf zu legen. „Mussten Alph und Cy auch hier durch?"

Irma nahm die Hände runter und sah ihre Tochter zweifelnd an. Walburga mochte zwar größer sein, doch sie fühlte sich ganz klein unter dem strengen Blick, der sich in ihre grauen Augen bohrte.

„Nenn deine Brüder bei ihren richtigen Namen. Diese Spitznamen waren vielleicht niedlich, als du klein warst, aber jetzt wirkst du nur dumm und unreif."

„Das bin ich nicht", widersprach Walburga. „Ich bin schon siebzehn. Ich bin schon eine Frau."

„Tsk", Irma schnallte mit der Zunge und kratzte Walburga ärgernd am Kinn: „Dein Bluten sagt nichts darüber aus, ob du weniger dumm bist. Du bist bereit ein Kind zu tragen, das sagt es aus."

„Und das ist, was ich will", gab Walburga stolz zurück.

Irmas Blick schoss zu ihr: „Natürlich möchtest du das. Dafür bist du geboren, Tochter. Das ist unsere Aufgabe als Frauen der Familie."

drarry & wolfstar & jily oneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt