Kapitel 18

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Das Gebäude wirkte so riesig. Die Flure waren weit und hell. Immer wieder kam eine Tür, die irgendwohin führte, doch sie alle hatten die falsche Nummer und waren somit nicht sein Ziel, was ihn weitergehen ließ.

Marc hielt den Brief in seiner Hand und starrte auf die schwarzen Ziffern: 03.11.2011, 09:30, Raum 1.03

Dort sollte seine Verhandlung stattfinden und alleine bei dem Gedanken begann sein ganzer Körper zu zittern. Er wollte seinen Vater nicht sehen, doch er wusste, dass dieser dort sein würde. Niemals würde er sich diese Chance entgehen lassen. Vor allem nicht nachdem man ihn beim letzten Mal so hart unterbrochen hatte.

Er schluckte und versuchte so seine Angst und Zweifel loszuwerden, doch sie wollten nicht so einfach verschwinden und so klammerte er sich fester um das Stück Papier und begann den ersten Stock anzusteuern. Am Liebsten hätte er die nächste Stunde übersprungen, doch dies war nicht möglich. Er musste da durch und seinem Vater begegnen. Aber er war nicht alleine. Er war zum Glück seit diesem Tag nie wieder alleine mit ihm gewesen.

Seine Schritte halten, wie die von allen anderen, die ihm entgegen kamen, wider und schienen in seinen Ohren die Wichtigkeit des Kommenden noch zusätzlich zu unterstreichen. Schließlich kam er vor der gesuchten Tür an und er zupfte seinen Anzug noch einmal zurecht. Seine Haare hatte er in einem ordentlichen Pferdeschwanz und auch die Krawatte war fein säuberlich gebunden. Dafür war er dem Vater von Gabi mehr als dankbar.

Ein tiefer Atemzug, um das schnelle Schlagen in seiner Brust zu beruhigen, bevor er dann die Klinke nach unten drückte und schließlich eintrat. Dort saß die Dame vom Jugendamt auf der einen Seite, ein ihm unbekannter Mann auf der anderen Seite, des kleinen Us aus drei Tischen, während an dem in der Mitte der Richter in seiner schwarzen Robe saß.

Dem ganzen Gegenüber standen vier Reihen aus Stühlen, die für Zuschauer gedacht waren und in denen nun seine Mutter saß. Sie sah nicht gut aus. Ihr langes Rollkragenkleid bedeckte alles, was dieser widerliche Kerl ihr angetan hatte, doch das blaue Auge konnte es nicht verstecken. Marc trat auf sie zu und nahm in der gleichen Bewegung, wie er sich hinsetzte, ihre Hand in seine, um diese dann sanft zu drücken.

„Mutter. Wieso bist du hier? Was? Was hat er dir angetan?" Seine Stimme zitterte und er spürte erneut diese bodenlose Schuld in seinem Inneren, doch ihr Lächeln vertrieb diese sofort. „Das ist nicht wichtig, Marc. Ich bin hier, weil ich dich wiedersehen wollte. Dein Vater kommt auch bald. Er wollte noch einen Parkplatz finden. Ich... ich kann dich verstehen und dieser Weg ist richtig, aber er wird es nicht so akzeptieren."

Ihr Blick glitt zu der sechsten Person in diesem Raum. Ein Sicherheitsbeamter, der an der Wand von Marcs Platz stand. Eine kluge Entscheidung und ein Fakt, der Marc ein wenig mehr Sicherheit gab und auch die Angst in ihm minimierte.

„Ich weiß, Mutter. Aber ich muss das tun. Du weißt es selbst, dass ich nur so überleben kann." Er lächelte traurig und dann drückte er noch einmal ihre Hand sanft, bevor er aufstand und sich zu seinem Platz begab. Er wollte nicht, dass sein Vater sie so sah. Die Angst, dass er dann ihr die Schuld für alles gab, war zu groß und so nahm er auf seinen Stuhl Platz.

Er lächelte die Dame zu seiner Linken nervös an. Sie erwiderte diese kleine Mimik mit um einiges mehr Zuversicht. „Das wird schon, Herr Wagner. Der Herr hinter uns ist für Ihre Sicherheit hier. Sie können sich also ruhig ein wenig entspannen."

Nur allzu gerne hätte er ihre Worte angenommen, doch als er gerade etwas erwidern wollte, öffnete sich die Tür erneut und es trat der Mensch ein, den er am Liebsten nie wiedersehen wollte. Diese kalten Augen waren voller Hass und der Körper spannte sich unter der Erregung und dem Zorn immer wieder an. Die Hände ballten sich immer wieder zu Fäusten und Marc konnte den schweren Atem sehen.

Verhasst - Einzig seinen Weg finden zu lebenWhere stories live. Discover now