Kapitel 17

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Marc hasste diesen Moment am Tag. Er wusste, dass er zur Schule musste, doch am Liebsten würde er sich irgendwo verkriechen, wo ihn sein Vater niemals finden würde. Aber er wollte seine Zukunft deswegen nicht ruinieren. Nicht wegen seinem Vater und vor allem nicht wegen seinem bescheuerten Hass gegen etwas, was keiner ändern konnte.

„Du wirst immer ganz blass, wenn wir rausgehen. Hast du echt immer noch Angst, dass dir dein Alter auflauern könnte?" Gabi war wie jeden Tag neben ihm und auch jetzt war er ihr für ihre Anwesenheit dankbar auch wenn er wusste, dass sie im Ernstfall kaum etwas unternehmen könnte.

„Ja, ich hoffe, dass der Gerichtstermin nächste Woche endlich für Ruhe sorgt." Wie gerne hätte er selbst an diese Worte geglaubt, doch schon in dem Moment, in den er sie aussprach, wusste er selbst, dass es eine einige Lüge war und er sich an den Mast eines sinkenden Schiffs klammerte, das ihn nur ins Verderben ziehen würde.

„Das wird er bestimmt. Dann hat das Alles Hand und Fuß. Auch wenn ich es schade finde, wenn du nicht mehr da bist, aber ich hoffe, dass sie dich wegziehen lassen werden, sodass dich dein Vater nicht mehr finden kann." Sie verzog zerknirscht ihren Mundwinkel, was aber ihrem perfekt geschminkten Gesicht nichts von seiner Attraktivität nahm.

„Ja, das hoffe ich auch. Ich kann nicht mehr hier bleiben. Jeder Tag, den ich länger hierher kommen muss, erhöht das Risiko, dass er mir irgendwo auflauert und mich erschlägt." Marc wünschte sich erneut, dass seine Worte nur übertrieben waren, doch tief in seinem Hinterkopf war ihm die Wahrheit dieser Worte mit einem unangenehmen Kribbeln bewusst.

„Das wird nicht passieren, Marc. Ich werde das nicht zulassen." Er konnte sein Lachen als Reaktion auf ihre Worte nicht unterdrücken und so erkannte er, wie ihr Blick kurz brach, bevor sie dann schmollend die Lippen spitzte und den Kopf zur Seite drehte.

„Du unterschätzt mich, Marc. Nur weil ich eine Frau bin." Ihre Stimme zitterte leicht unter dem Schmerz, den sein Spott dort ausgelöst hatte, wodurch er sein Lachen sofort stoppte. „Nein, tue ich nicht. Wahrscheinlich hat er durchaus Angst, wenn jemand dabei ist. Aber ich weiß auch, dass es ihm egal sein kann, wenn es der falsche Moment ist und dann wirst du ihm nichts entgegen setzen können. Das sollst du auch nicht. Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn dir wegen mir irgendetwas passieren würde. Das hast du nicht verdient und das wissen wir beide. Sollte er also wirklich mal auftauchen, dann lauf weg und hol Hilfe. Versprich mir das, okay?"

Er sah sie durchdringend an und dann hörte er ihr Schlucken und mit dem Kopfnicken wich sie seinem Blick aus, doch ihre Zustimmung war alles, was er wirklich von ihr wollte und somit gab er sich damit zufrieden. Ja, es war vielleicht nicht die beste Lösung, doch es war alles, was er von Gabi verlangen konnte. Sie sollte sich wegen ihm nicht unnötig in Gefahr bringen.

„Hast du jetzt doch endlich eine Fotze gefunden, die du vögeln kannst?" Diese Stimme ließ sein Blut gefrieren und einen eisigen Schauer über seinen Rücken gleiten und als er ihre Quelle erblickte, schrie alles in ihm nach Flucht, doch er konnte sich nicht bewegen.

Auch Gabi neben ihm stockte in der Bewegung und griff kurz nach seiner Hand, doch Marc entzog sie ihr. Er wollte diesen Schein nicht aufbauen und seinem Vater damit irgendwie Recht geben.

„Sie ist eine gute Freundin und keine Fotze zum Vögeln. Ich stehe auf Männer und daran wird sich nie etwas ändern." Er wollte diese Worte nicht sagen, doch irgendetwas hatten die Worte seines Vaters in ihm verletzt, sodass sie ihm über die Lippen kamen, bevor er sich ihrer bewusst wurde.

Sofort spannte sich der einst so lockere Körper vor ihnen an und Marc war bewusst, dass er bald an einem Kampf teilnehmen musste, doch er wollte nicht. Er konnte nicht. Immer wieder erschien das Pärchen, dass sein Dad verprügelt hatte. Keiner half. Sie konnten sich nicht wehren. Nicht gegen diesen Hass und die Kraft, die in dem unscheinbaren Körper vor ihm tatsächlich steckte.

Verhasst - Einzig seinen Weg finden zu lebenWhere stories live. Discover now