24. Kapitel

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      Das Frühstück war noch gut verlaufen. Ganz normal. Niemand hatte ein Problem damit gehabt, dass die Hexen kommen würden. Das war zumindest ein Fortschritt. Doch als die Hexen dann vor der Tür standen, merkte man, dass manche sich anspannten und vermutlich doch nicht so begeistert waren.
     Der Zirkel war schließlich riesig. Alle waren nicht da. Jesiba hatte nur 15 Hexen und fünf Hexer ausgewählt. Diesen allen vertraute sie am meisten, die anderen hatten zurückbleiben müssen, um weiter zu üben oder das Tor zu bewachen. Man konnte nie wissen, was diese Person als nächstes plante.
     Spannung knisterte in der Luft, als sich das Wohnzimmer langsam füllte und der Regen weiter gegen die Fenster donnerte. Die Luft war an diesem heutigen Tag von Blitzen und Anspannung aufgeladen. Unsicher sah ich mich um und erkannte, dass auch Jerome die Lage beobachtete.

     Die Hexen liefen selbstbewusst und hatten den Kopf erhoben, doch die Fassade bröckelte, als sie die ersten Werwölfen böse von der Seite ansahen. Marie war unter ihnen und sah schnell zu mir. Ich schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln in der Hoffnung, dass sie verstehen würde. Dass sie verstehen würde, dass niemand von den Anwesenden ihnen wehtun würde. Zumindest hoffte ich das.
     Denn wenn doch... wenn doch wäre mein Vertrauen in sie gebrochen. Doch ich konnte es mir nicht vorstellen. Sie alle wirkten gesittet und freundlich. Ich konnte mir also wirklich nicht vorstellen, dass jemand hier die anderen angreifen würde.
     Zumindest hoffte ich das nicht die Anwesenden. Jesiba ließ ihren Blick über alle gleiten und schien sich langsam wieder zu entspannen, als sie erkannte, dass niemand vorhatte sie anzugreifen. Die Sicherheit des Zirkels ging für sie über alles.

     Daran gab es auch keinen Weg vorbei. Hätte sie wahrgenommen, dass jemand uns hätte verletzten wollen, wäre sie sofort wieder gegangen. Trotzdem blieb ihr Blick wachsam auf alle gerichtet. Schließlich glitt ihr Blick zu Jax, der in meiner Nähe stand.
     Seinen Arme hatte er vor der Brust verschränkt. Was auch vermutlich so gewollt war. Mit dieser Pose wirkte er noch nicht bedrohlich aber auch nicht unseriös. Eine Mischung aus beiden Seiten eben.
     Jax räusperte sich. »Danke, dass ihr gekommen seid. Das bedeutet uns sehr viel«, verkündete Jax. Jesiba musterte ihn lange, so als würde sie abschätzen, ob er die Wahrheit sagte oder nicht. Ihr prüfender Blick schüchterte Jax allerdings nicht ein. Beide sahen sich eine lange Zeit an, ohne dass jemand etwas sagte.

      Bis Jesiba schließlich sagte: »Danke. Es freut mich, dass ihr das mit uns besprechen wollt. Es ist sehr wichtig jetzt zusammenzuhalten.« Und da stimmte ich ihr zu. Es war verdammt wichtig jetzt und hier zusammenzuhalten, bevor etwas geschah was niemand mehr verhindern konnte. Wir mussten zusammenhalten. Da führte kein Weg daran vorbei.
     Nur so hätten wir vielleicht eine Chance. Eine reelle Chance. Die Spannung im Raum legte sich, als sie das sagte und alle schienen innerlich aufzuatmen, als hatten sie befürchtet, dass ausgerechnet Jesiba einen Streit vom Zaun brechen würde.
     Zugegeben, konnte sie sehr gefährlich aussehen. Sie hatte einen kalten, berechnenden Blick, wenn sie das wollte und sie war sehr weise. Ihre Haltung strahlte pures Selbstbewusstsein aus und manchmal war es wirklich nicht besonders einfach sie zu durchschauen. Außer man kannte sie lange genug.

      Und ich kannte sie lange genug um zu wissen, dass sie noch immer vorhatte den Obsdianstein zu holen, was ich nicht zulassen würde. Marie hatte mir per Nachricht vorhin ebenfalls versichert, dass sie dies nicht zulassen würde, egal was Jesiba davon hielt. Mein Blick glitt zu Jax, der sein Rudel beobachtete.
     Die meisten von ihnen starrten die Hexen und Hexer im Raum an. Schätzen ab, ob sie eine Gefahr zu erwarten hatten und die Hexen und Hexer starrten zurück. Viele von ihnen wirkten leicht verängstigt, als glaubten sie, dass die Wölfe ihnen jeden Moment an die Kehle springen könnten.
     Es war natürlich nicht so abwegig. Eigentlich überhaupt nicht. Schnell schüttelte ich diese Gedanken ab und richtete meinen Fokus auf Jax, der Jesiba nun ansah.

Caged FeelingsWhere stories live. Discover now