10. Kapitel

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     Ein Wagen hielt am Straßenrand mit Warnblinker. Dann stieg die jüngere Version von Jax aus, nur ohne die vielen Tattoos. Alec scannte uns ab. Ich konnte mich nicht daran erinnert, wie und wann Jax seinen Bruder kontaktiert hatte, doch anscheinend hatte er ihm gesagt, was passiert war, denn er wirkte nicht überrascht das viele Blut auf unseren Körper zu sehen. Er hob eine Braue.
     »Bruder, hast du vergessen wie man eine Lady ausführt? Sie sollte nicht von Blut bedeckt sein, sondern wenn dann von Spe-«
     Jax stieß ein leises, warnendes Knurren aus, was Alec leise lachen ließ. »Okay, okay. Aber ehrlich. Sie sieht blass aus. Eigentlich sollte sie strahlen und gar nicht mehr von dir wegwollen.« Während er das sagte, öffnete er die Klappe des Anhängers. Jax sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an, was Alec glucksen ließ.

     »Dein Bruder weiß, wie man eine Frau behandelt. Bei seinen Bemühungen hätte ich ihm vielleicht auch einen Kuss auf die Wange gegeben, aber er stinkt«, erklärte ich und rümpfte die Nase. Alec hob eine Braue. »Einen Kuss auf die Wange? Nur so wenig?«
     »Ja. Du kannst einem Typen doch nicht alles beim ersten Date geben. Sonst kommt er nicht mehr für mehr.« Ich zwinkerte Alec zu und sein Grinsen wurde frech. Jax neben mir hüstelte. »Ich würde immer für mehr kommen. Von dir bekomme ich eh nicht genug.« Alec schüttelte den Kopf und ging zu meiner Maschine.
    Eilig wollte ich ihm helfen, doch er wehrte mich ab. Mit einer Leichtigkeit hob er die Maschine hoch und stellte sie auf den Anhänger. In manchen Momenten vergaß ich, wie stark Werwölfe doch waren. Er brauchte meine Hilfe nicht. So oder so wäre ich mit meinem noch leicht zitternden Körper so oder so keine Hilfe gewesen.

     Deswegen war ich gerade sehr dankbar für das Wortgefecht gewesen, das hatte mich abgelenkt. Es hatte mir geholfen meine Aufmerksamkeit auf das Gespräch zu lenken, weg von den Ereignissen der letzten halben Stunde, oder war es eine ganze Stunde gewesen? Ich wusste es nicht mal.
     Für mich war es mir wie eine Ewigkeit vorgekommen. Eine Ewigkeit, in der mich tote, eigentlich leblose Tiere angegriffen hatte und ich sie hatte verbrennen müssen. Ich fragte mich, ob das nun der Alltag für viele werden würde.
     Dieser Anblick. Denn offensichtlich konnte die Hexe oder der Hexer nun viele Tiere auf einmal beschwören und bald würden es vielleicht auch Tiere sein, die größer waren und deswegen mehr Arbeit benötigten. Einen Hund zu bewegen war schwieriger als ein Vogel. Wieso, wusste ich nicht. Vielleicht lag es an der Größe und Masse des Körpers. So genau hatte mir das niemand erklärt und ich hatte nicht gefragt.
    »Ich hoffe, dass euer nächstes Date schöner wird«, meinte Alec und hob Jax' Maschine auf den Anhänger. Weder Jax noch ich reagierten. Eine kühle Brise strich über meine Haut und ließ mich erneut erzittern. Meine Stirn fühlte sich feucht an.

     Prüfend ließ ich meinen Finger über die Haut gleiten und stellte fest, dass dort ein feiner Schweißfilm war.
    Ehe ich genauer darauf eingehen konnte, machte Jax die Hintertür für mich auf und ließ mich einsteigen. Wortlos tat ich wie verlangt und ließ mich in den gemütlichen Ledersitz des SUV gleiten.
     Im Innenraum duftete es nach... nach Zimt? Ein Blick nach vorne verriet mir, dass ein Duftbaum am Rückspiegel baumelte. Zimt. Es roch ganz in Ordnung, jedenfalls besser als der Geruch von Verwesung, Erbrochenem, Körperflüssigkeiten und Tot.
     Zu meiner Überraschung glitt Jax neben mir auf den Rücksitz und etwas später, nachdem Alec unsere Maschinen befestigt hatte, stieg auch er ins Auto. Das Zeichen auf dem Lenkrad verriet mir, dass wir in einem Audi saßen. Mehr wusste ich nicht.
     Dazu wusste ich zu wenig von Autos. Der Motor erwachte brummend zum Leben, als Alec den Schlüssel umdrehte und er stellte von P nach D, ehe er losfuhr. Er setzte den Blinker und fuhr auf die Straße.
     Wir fädelten uns perfekt in den Verkehr ein und fuhren in Richtung der Hauptstraße, die uns wieder zum Zirkel bringen würde.

     Schweigen erfüllte den Innenraum und wog schwer. Alec warf uns immer einen Blick im Rückspiegel zu und ich spürte zusätzlich den Blick von Jax auf mir. Wortlos reichte Alec eine Wasserfalsche nach hinten und Jax gab sie mir.
     Ich trank einen großen Schluck, doch das Gefühl der Übelkeit verschwand nicht aus meinem Magen. Besondres nicht, da der Geruch von Blut und Tot den Geruch von Zimt langsam aber sicher überdeckte.
     Falsch. Falsch. Falsch.
     Ich machte das Fenster auf und streckte meinen Kopf hinaus, in der Hoffnung, die frische Luft tief in meine Lungen saugen zu können. Eine Hand umschloss meine und ein Daumen strich sanft über meinen Handrücken.
    Die Berührung ließ mich erschaudern und ruhig werden zugleich. Mein Puls beruhigte sich und mein Herz pumpte wieder in einem stetigen Rhythmus. Die Übelkeit aber blieb bestehen. Aus welchen Gründen auch immer. Sie blieb.

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