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Ives

Überraschenderweise folgt er mir zum Balkon und setzt sich sogar auf einen der Stühle. Er sieht mich abwartend an, während die Panik ihm deutlich ins Gesicht geschrieben ist.

Wir müssen reden waren vielleicht nicht die richtigen Worte, um eine wichtige Unterhaltung zu beginnen, aber mir ist auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen.

»Haus raus!«, sagt er nervös und klammert sich an seiner Cola fest. Rettungssuchend schweift sein Blick ab, aber nichts scheint uns dieses Mal in die Quere zu kommen. Auch nicht Nessa, die sich sonst so gut immer einmischen kann. Wo steckt sie denn überhaupt?

Ich seufze und werfe mich auf den anderen Sessel neben ihn. »Ich habe dich herausgelockt, weil-«

»Du stößt mich jetzt nicht vom Balkon, oder?«

Verstört sehe ich ihn an, bevor ich das spitzbübische Grinsen in der Dunkelheit erkennen kann. Erleichtert atme ich aus und schüttle lachend den Kopf. »Dann wäre ich schon zu spät. Dich aufzuheben und über die Rüstung zu schupsen ist mir zu viel Arbeit. Ich habe dich nur rausgeholt, weil ich nicht wollte, dass Nessa uns hört. Sie kann einem wirklich alles zerstören.«

Er nickt eilig und sein schallendes Lachen segelt über die Häuserdächer, erweckt die Aufmerksamkeit so einiger, die sich verwirrt nach dem Mann umsehen, dem dieser schiefer, schöne Gesang gehört.

»Da bin ich aber erleichtert«, sagt er zufrieden und streckt seine Beine aus.

Ich massiere die Knöchel meiner Hände und lasse meine Finger knacksen. »Ich weiß nicht, wie ich beginnen-«

»Ich habe mit Nessa gesprochen«, unterbricht er mich und wendet den Blick ab. er sieht hoch in den Himmel, der so bewölkt ist, dass man keinen einzigen Stern erblicken kann. »Ich habe ihr gesagt, dass sie sich nicht mehr in unsere Leben einmischen soll und dass sie sich bei dir entschuldigen soll. Bei uns allen.Ich habe ihr gesagt, dass ich genug von ihr habe und« Er macht eine kurze Pause. »ich dich wirklich mag.«

Ich sehe ihn überrascht an. »Du hast...warte! Das alles muss ich erst einmal sacken lassen.«

Lachend nickt er. »Nessa war genauso geschockt. Ich denke, sie hätte nie mit meiner Meinung gerechnet. Das hat ihr einen ordentlichen Hieb verpasst.«

Ich steige in sein Lachen mit ein und rutsche im Stuhl zurück, bis meine Füße gegen das Gelände gepresst werden.

Jonas hat mit Nessa gesprochen. Ich fühle mich so dämlich. Ich habe das alles nur gesagt, weil ich gedacht habe, er würde sich nie gegen seine beste Freundin stellen. Ich dachte, er würde für immer eher ihr glauben, als mir eine Chance zu geben. Jetzt verdiene ich wohl keine Chance mehr.

»Tut mir leid, Jonas«, sage ich ehrlich und folge seinem Blick. Hilfesuchen halte ich Ausschau nach auch nur einem Stern, an dem ich mich festhalten kann. »Ich habe wirklich schlimme Dinge zu dir gesagt, die ich bereue, weil mir bewusst ist, dass sie falsch waren.«

Er streckt seine Hand nach mir aus und legt sie vorsichtig auf meine. »Ist schon in Ordnung, Ives. Wenn du mich fragst, war es das Richtige. Nur dadurch habe ich mich überhaupt erst getraut, Nessa die Stirn zu bieten. Danke, dass du es getan hast und es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, um einzusehen, dass ich es tun muss.«

Ein in Karamell getauchter BackenzahnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt