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Mila POV

Zitternd saß ich auf dem harten Boden. Keine Ahnung, wie lange ich nun schon hier in dem Verhörraum saß. Wahrscheinlich werde ich auch noch eine ganze Weile hier bleiben. Ich habe zwar eigentlich nichts damit zu tun, aber nicht einmal meine Brüder glauben mir. Warum war ich auch so dumm und hab Lea einfach blind vertraut? Erschöpft und mit brennenden, verheulten Augen lehnte ich mich gegen die Wand. Ich wollte im Moment einfach nur im Boden versinken und nicht wieder rauskommen. Immer wieder wischte ich meine Tränen aus meinen Augen, aber ich konnte einfach nicht aufhören zu heulen. Die Vorstellung, dass ich vielleicht wirklich dafür verurteilt werde, es war total surreal, aber die Angst davor war umso realer. Ich will das nicht. Wir haben so krasse Strafen in den USA, ich komme mehrere Jahre ins Gefängnis. Selbst wenn die wissen, dass ich nichts damit zu tun habe, aber denken, dass ich davon Bescheid wusste, komme ich Jahre hinter Gitter. Wir reden hier von einer Schießerei auf eine Demonstration, sowas ist kein Spaß. Ich bin einfach am Arsch.
Erneut wischte ich mir meine Tränen weg, die mir die Backe runterliefen, als die Türe aufging und Alex zu mir in den Raum kam. Das alles war mir so peinlich vor meinen Brüdern. Ich zog meine Beine an meinen Körper und versteckte meine Hände, die noch immer in Handschellen gefesselt waren. Vorhin habe ich sie unter dem Tisch versteckt und wollte Cole eigentlich fragen, ob er sie mir abmachen kann, aber ich habe mich nicht wirklich getraut. Alex schloss die Türe und lief zu mir ins Eck. „Oh Prinzessin", sagte er, während er vor mir in die Hocke ging. „Langweilig wird es mit dir nicht". Sanft wischte er mir die Tränen aus meinem Gesicht. „Mike und Cole geben alles dafür, dass du hier bald raus kannst". „Sie glauben mir nicht, dass ich nichts damit zu tun habe", entgegnete ich mit verheulter Stimme. „Das stimmt nicht, sie glauben dir. Denkst du wirklich, dass wir uns vorstellen können, dass du etwas damit zu tun hast und wir dich einfach so ins Gefängnis gehen lassen würden?", fragend sah Alex mich an. Zögerlich nickte ich, woraufhin mir immer mehr Tränen die Wange runterliefen und ich mein Gesicht versteckte. „Als Cole mich mit den Waffen gesehen hat, hat er mich herbringen lassen. Er hat mich angesehen, als ob ich alles kaputt gemacht habe. Außerdem haben er und Mike mir gesagt, wie das alles aussieht und sie haben mir nicht geglaubt, als ich erzählt habe, was passiert ist", prasselte es heulend aus mir heraus. „Das hast du alles falsch verstanden", hörte ich Alex weiche Stimme. Er setzte sich neben mich und zog mich sanft in seine Arme. „Hör mir mal zu, Prinzessin. Als Cole dich mit der Waffe in der Hand und den anderen im Auto gesehen hatte, gab es keine andere Wahl als dich festzunehmen. Wir hatten Hinweise auf einen oder mehrere Schützen und waren mitten im Einsatz. Wir gingen von einer Gefahrensituation für Hunderte von Menschen und möglichen weiteren Schützen aus, die wir zu diesem Zeitpunkt aber nicht kannten. Cole hatte die Verantwortung über den ganzen Einsatz und die ganzen unschuldigen Menschen, die vor Ort waren. Er hatte einfach keine Zeit, sich um dich und das, was passiert ist, zu kümmern. Wir mussten die Menschen evakuieren und die Schützen finden. Allerdings konnte er dich auch nicht einfach gehen lassen, denn du hattest offensichtlich was damit zu tun. Es war die beste Lösung, die es gab, dich hier herzubringen. Dann wusste Cole, dass es dir gut geht und dass er sich auf den Einsatz konzentrieren kann. Dass er dich hat durchsuchen lassen und die Handschellen, das musste sein. Sicherheit geht vor Vertrauen bei sowas, außerdem warst du schon in einer ähnlichen Situation in Compton und da hattest du eine Waffe. Cole hat dich von einem Agenten, dem er vertraut, herbringen lassen und hat dafür gesorgt, dass der Agent die ganz Zeit vor deiner Türe stand, damit niemand zu dir geht und dich ausfragt über das, was passiert ist. Cole hat das Beste aus der Situation gemacht und sich trotz allem um dich gesorgt und gekümmert, auch wenn das in diesem Moment vielleicht nicht so rüberkam", erklärte mir Alex, während er mir sanft durch meine Haare fuhr. Das war einfach alles so viel für mich. Meine Tränen tropften auf Alex Shirt, während ich noch immer am ganzen Körper zitterte. Gerade als er weiter reden wollte hörte ich, wie erneut die Türe aufging und kurz darauf wieder geschlossen wurde. „Was ist los?", hörte ich Coles besorgte Stimme vor mir, während ich mein Gesicht noch immer in Alex Brust und unter seinem Arm versteckte. „Mila war der Meinung, dass du und Mike ihr nicht glauben und ihr sie ins Gefängnis schicken würdet", hörte ich Alex Stimme. „Schau mich mal bitte an, Prinzessin", hörte ich Coles Stimme, aber ich schüttelte leicht den Kopf. Ich will ihm mit meinen verheulten und verquollenen Augen nicht ansehen. „Mein Schatz, wir glauben dir. Wir glauben dir, dass du nichts damit zu tun hast und wir können es inzwischen auch beweisen. Du gehst nicht ins Gefängnis und selbst ohne Beweise, die dich entlasten, hätten wir das nicht zugelassen. Ich erkläre dir alles und warum ich so gehandelt habe, wie ich es tat, aber schau mich bitte an", sagte Cole mit ruhiger Stimme. Zögerlich löste ich mich von Alex und setze mich wieder aufrecht hin, während ich auf den Boden starrte. Cole, der vor mir in der Hocke saß, strich mir sanft meine Tränen aus meinem Gesicht. „Ich hab ihr schon erklärt, warum du sie festgenommen hast", sagte Alex an Cole gerichtet. „Hast du verstanden, was Alex dir gesagt hat und warum ich es gemacht habe? Kannst du das nachvollziehen?", wollte Cole wissen. Langsam nickte ich. „Okay, und weißt", begann Cole, stockte allerdings, als dein Blick auf meine Hände fiel, die ich noch immer versuchte zwischen meinen Beinen und meinem Oberkörper zu verstecken. „Warum sagst du denn nicht, dass du noch die Handschellen anhast? Ich dachte, der Agent hätte sie dir abgenommen, als er dich hergebracht hat". Ich spürte, wie Cole meine Hände nahm und sich kurz darauf die Handschellen öffneten. Sie waren zwar nicht eng, trotzdem war es ein gutes Gefühl sie endlich wieder los zu sein. „Okay Prinzessin, in der Zeit, in der ich dich herbringen lassen habe, bis zu dem Punkt, an dem Mike und ich zu dir gekommen sind, hat sich einiges getan. Aber nur weil ich oder wir dir das gesagt haben, heißt das nicht, dass wir das alles auch glauben. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass du etwas damit zu tun hast und haben es dir auch nicht zugetraut. Allerdings reicht unser Vertrauen in diesem Moment nicht aus und wir brauchen Beweise. Ich kann das, was gegen dich spricht, nicht einfach ignorieren. Deswegen sind Mike und ich zu dir gekommen, um mit dir zu reden. Wir haben dir gesagt, was wir bis dahin wussten, damit du nachvollziehen kannst, wie es im Moment aussieht. Natürlich war uns bewusst, dass dir das wahrscheinlich Angst macht und dich unter Druck setzt, aber das haben wir in diesem Moment auch gebraucht, um die Wahrheit herauszufinden. Wir mussten alles wissen, was du weißt. Hier ging es nicht nur darum deine Unschuld zu beweisen, sondern auch die zu finden, die das wirklich geplant haben. Immerhin laufen draußen Leute herum, die das geplant haben und auch durchziehen wollten und die müssen wir finden. Bei sowas drängt immer die Zeit. Auch während du uns das erzählt hast, haben wir dir geglaubt, aber wie gesagt, wir brauchen Beweise. Es tut mir leid, dass ich dir nicht gesagt habe, dass wir dir glauben und das noch beweisen müssen, das hätte ich tun sollen. Nachdem ich mit Mike in den Flur gegangen, um mit ihm zu besprechen, wie es weiter geht, wollte ich wieder zu dir zurückkommen, um dir das alles ausführlich zu erklären, allerdings kamen dann mehrere Dinge dazwischen, weswegen ich erst jetzt hier bin. Wir haben dir geglaubt, die ganze Zeit und es tut mir leid, dass ich dir das nicht früher gesagt habe. In der Zwischenzeit haben wir auch Bewiese gefunden, die belegen, dass du nichts damit zu tun hast. Du brauchst dir überhaupt keine Gedanken machen, du bist aus allem raus. Es wird keine Anklage oder sonstige rechtlichen Folgen für dich geben. Es war dumm, dass du auf diese Lea gehört und die Waffe in die Hand genommen hast, darüber reden wir auch nochmal, aber es wird definitiv keine rechtlichen Konsequenzen für dich geben, versprochen. Du brauchst keine Angst haben", sanft strich Cole mir über meine Wange, während ich spürte, wie sich Erleichterung in mir breit machte. Ich sah das erste Mal in Coles Augen. „Es ist wirklich alles gut", wiederholte mein Bruder seine Worte. Es ist so viel passiert in den letzten Stunden, ich konnte das alles noch nicht wirklich realisieren...

Big Brothers 6Where stories live. Discover now