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In meinen Gedanken verloren saß ich am leeren Esszimmertisch und starrte auf meine unausgefüllten Schulaufgaben. Mir ging so viel durch den Kopf, was seit gestern Morgen alles passiert war. Warum komme ich immer wieder in solche Situationen? Ich habe es doch überhaupt nicht böse gemeint und wollte Lea nur helfen, aber am Schluss war wieder alles scheiße. „Brauchst du Hilfe?", riss Mike mich wieder aus meinen Gedanken. Wortlos schüttelte ich den Kopf, während ich meinen Laptop näher an mich ran zog. Ich sollte aufhören über all das nachzudenken, denn ändern konnte ich es sowieso nicht mehr und sollte mich stattdessen lieber um meine Schulaufgaben kümmern. „Was ist los, denkst du noch immer über gestern nach?", mein Bruder setzte sich neben mich an den Tisch. „Keine Ahnung, irgendwie schon", antwortete ich. Ich konnte es einfach nicht abstellen, obwohl inzwischen eigentlich alles geklärt war. Mikes Team hatte schon heute Morgen, kurz nachdem Cole und ich zuhause waren, alle drei Verdächtigen festgenommen und sie haben alles gestanden. Einer der drei war tatsächlich auch für den Mord verantwortlich. Es sprengte immer wieder meine Vorstellungskraft, wenn ich mir vorstellte, dass jemand einen anderen Menschen umbrachte oder eine Schießerei plante. Das kannte man doch nur aus Serien und Filmen, aber nicht aus dem realen Leben. Auch wenn ich selber schon Lindsay sterben sehen habe, war alles andere total weit weg von mir. „Ich kann verstehen, dass dich das beschäftigt", sanft strich Mike mir meine Haare hinter mein Ohr. „Das ist einfach alles so surreal. Außerdem verstehe ich nicht, warum ich immer wieder in solche Situationen komme. Ich weiß, dass ich an manchem selber Schuld bin, wie damals in Compton, aber gestern wollte ich Lea einfach nur helfen, aber selbst das geht schief", antwortete ich zögerlich. „Das gestern ist blöd gelaufen. Es wäre zwar besser gewesen, wenn du nicht einfach auf Lea gehört hättest, aber es ist auch verständlich, dass du es gemacht hast. Du kennst sie und wolltest ihr helfen, niemand hätte gedacht, dass sowas dabei rauskommt. Es sind oft die kleinen Entscheidungen, die überhaupt keine böse Absicht haben, aber trotzdem manchmal weitreichende Konsequenzen mit sich bringen. Wenn du dann noch zur falschen Zeit am falschen Ort bist, worin du auch sehr gut bist, entstehen manchmal ungeahnte und ungünstige Situationen. Aber da bist du nicht die einzige. Die Jungs haben es auch drauf sich in blöde Situationen zu bringen, das hast du einfach nur nicht so mitbekommen. Mache dir da nicht so viele Gedanken drüber, denn bis jetzt haben wir alles hinbekommen und das werden wir auch in Zukunft", munterte Mike mich etwas auf. Wahrscheinlich hatte er recht. Ich sollte einfach meinen Kopf ausschalten und mich auf Dinge konzentrieren, die ich aktuell beeinflussen konnte und sollte mir keine Gedanken dazu machen, was passiert war oder was noch passieren konnte. „Brauchst du Hilfe bei Mathe?", langsam schüttelte ich den Kopf. Seitdem ich regelmäßig mit meinen Brüdern lernte, verstand ich Mathe eigentlich ganz gut. Nur bei Biologie hatte ich noch immer Probleme, aber der Kurs lag mir auch überhaupt nicht. „Sag Bescheid, wenn du nicht weiter kommst", Mike stand auf und lief wieder aus dem Esszimmer, während ich lustlos meine Matheaufgaben anstarrte. Es war erst Samstag, also eigentlich reichte es auch noch, wenn ich die Aufgaben morgen machte. Ich hatte eh massig Zeit bei meinem langweiligen Leben, das ich momentan führte. Gähnend klappte ich meinen Laptop zu, ließ ihn auf dem Tisch stehen und lief in den Garten, wo die Zwillinge gerade mit Cole diskutierten. „Aber nur, weil es da draußen ein paar dumme Leute gibt, kannst du uns nicht verbieten raus zu gehen", genervt sah Dylan zu Cole. Er und Luke wollten heute Abend eigentlich, wie jeden Samstag, mit Freunden feiern gehen, aber Cole hatte es ihnen für heute verboten, da es gerade noch mehr Ausschreitungen gab, als es ohnehin schon der Fall war. „Doch das kann ich. Im Moment möchte ich nicht, dass ihr abends weggeht. Es gibt gerade so viele Konflikte und Auseinandersetzungen und da möchte ich euch nicht dabei haben. Außerdem schadet es euch nicht auch mal zu Hause zu bleiben", antwortete Cole total ruhig. „Aber", begann Dylan, wurde aber sofort wieder von Cole unterbrochen „Es gibt nichts zu diskutieren, ihr bleibt heute alle hier." "Wir fahren auch wirklich direkt zu David und danach wieder heim", versuchte Dylan es ein letztes Mal, jedoch ohne Erfolg. "Ich weiß, dass es blöd für euch ist, aber zum einen müsst ihr mit euren 17 Jahren nicht jeden Samstag weggehen und könnt auch einfach mal zuhause bleiben und zum anderen möchte ich heute nicht, dass ihr draußen unterwegs seid. Es ist gerade alles sehr angespannt, auch von der Polizei aus gesehen. Lasst uns abwarten, wie sich das alles in den nächsten Tagen entwickelt. Ich gehe stark davon aus, dass sich das alles wieder etwas beruhigen wird, aber für heute bleibt ihr hier". "Ist es so schlimm im Moment?", fragend sah ich meinen Bruder an, während ich mich in einen der Hängesitze setzte. "Schlimm ist das falsche Wort, aber es ist einfach nicht sehr sicher im Moment. Nachdem was am Freitag passiert ist, sind die Menschen sehr aufgeregt und die Fronten driften immer weiter auseinander. Solange ihr da nicht reinkommt, ist das alles kein Problem, aber das kann im Moment niemand garantieren. Es gab schon letzte Nacht viele Zwischenfälle mit Unbeteiligten, die eigentlich mit dem Ganzen nichts zu tun haben, aber trotzdem unglücklicherweise dazwischen gekommen sind. Wie gesagt, das wird sich auch wieder beruhigen, aber für den Moment möchte ich euch nachts hier haben". Es war schon ein wenig gruslig, wie sich das die letzten Wochen entwickelt hatte. Vor einem Jahr war das Leben hier ganz normal, aber dann gab es immer mehr Vorfälle. Rassismus, Polizeigewalt und so weiter. Die Menschen sind unzufrieden, wie es gerade läuft, werden schneller gewalttätig und üben sich in Selbstjustiz. Viele hatten Angst alleine nach draußen zu gehen und je nachdem, wo sie wohnten, konnte ich das auch gut verstehen. Würde ich nicht hier in Beverly Hills wohnen, würde ich mich wahrscheinlich auch nicht mehr so sicher fühlen. Die Menschen verändern gerade meine eigentlich so geliebte Stadt Los Angeles zu einem Ort, an dem ich und viele andere Menschen sich nicht mehr so sicher fühlten...

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