𝐀𝐍𝐆𝐒𝐓

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Das Feuer kommt immer näher. Immer mehr kommt es auf Jinia zu. Sie klammert sich an etwas fest, ich sehe nicht, an was. Ich will zu ihr, meine Beine bewegen sich und rennen, sie laufen so schnell, wie schon lang nicht mehr. Meine Lunge brennt, vor Erschöpfung ringe ich nach Atem, doch die Luft, die ich einatme, ist scharf und tödlich wie Feuer. Alles um mich herum ist Feuer. Ich komme weder vor noch zurück, egal was ich tue, ich kann mich nicht bewegen. Ich kann nur zusehen. Und ich sehe zu, wie die Flammen Jinia erreichen und ihren Körper hinaufwandern. Mein Herz schlägt so laut, dass mir schwindelig wird und ich schließlich nur noch Jinias klägliche Schreie höre.
Dann wird alles schwarz.

Wie eine eiskalte Hand legt sich der Schock um meinen Hals. Ich wage es nicht, zu atmen.
Die Dunkelheit ist überall.
Ich fahre hoch und schnappe nach Luft. Ein kalter Schauer läuft über meinen Rücken und ich blicke auf die Silhouette meiner Hände, die stark zittern.
„Nale" bringe ich tonlos hervor.
Meine Hände tasten nach seiner Wärme, nach Nale, doch das einzige, was sie finden, ist die kühle Bettdecke, an die sie sich krallen.
„Nale..." wispere ich und schließe die Augen. Ich wusste schon immer, dass ich Nales Anwesenheit, seine tröstenden Worte, und einfach ihn so sehr brauche, doch nun wird es mir noch einmal schlagartig klar.

Ich versuche, meine Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen, was jedoch sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.
Bis ich mich wieder beruhigt habe, und die schrecklichen Bilder aus dem Traum aus meinem Kopf gedrängt habe, ist sicherlich beinahe eine ganze Stunde verstrichen.
Ich überrede mich selbst, aufzustehen.
Eine halbe Stunde später habe ich geduscht und mich angezogen, und gehe schließlich aus meinem Zimmer.
Jinia und Yuvan sitzen bereits auf dem Sofa und ich komme zu ihnen. Sie bitten um Ratschläge für die Arena und ich versuche, auch, wenn es mir schwer fällt, in einer neutralen Miene mit den beiden über einige Tücken der Arenen zu sprechen.

Meine Stimme ist leise, und ich sehe auf den Boden, während ich spreche.
Jinia scheint zu bemerken, dass ich wieder einen Albtraum hatte.

Die nächsten zwei Tage verlaufen schnell, zu schnell, denn sie bringen uns dem Start der Spiele immer näher.
Jinia und Yuvan waren die ganzen Tage lang beim Training und gestern waren die „Prüfungen", bei denen die Tribute von den Spielmachern des Kapitols für ihr Können und ihre Fähigkeiten, die ihnen jeder einzeln zeigt, mit einer Punktzahl bewertet werden.

Am heutigen Tag werden abends die Interviews mit den Tributen stattfinden, und morgen, ja, schon morgen, beginnen die Spiele.
Gerade machen wir es uns alle auf dem Sofa bequem, denn nun werden im Fernsehen die Bewertungen für die Tribute bei den Prüfungen ausgestrahlt. Jeder Tribut erhält eine Punktzahl von eins bis zwölf, wobei eins das Schlechteste und zwölf das Beste ist, was man erreichen kann.
Diese Punktzahlen sind wichtiger, als manche denken, denn sie zeigen den Kapitolbewohnern das Können der Tribute und lassen sie meist darüber entscheiden, ob sie einen Tribut mit ihrem Geld in der Arena unterstützen wollen.

Deshalb bin ich sehr aufgeregt, als man Caesar Flickermann sieht, wie er in die Kamera winkt und zu reden beginnt.

„Hallo liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wie Sie sicher alle wissen, und freudig erwartet haben, werden wir Ihnen nun die Punktzahlen der Tribute für das Training verkünden! Ich bin mir sicher, Sie sind genau so gespannt wie ich! Diese Punktzahlen zeigen Ihnen das Talent, das Geschick und das Können unserer diesjährigen Tribute! Beginnen wir mit Distrikt eins!"

Vor allem Yuvan blickt nun gebannt auf den Bildschirm.
Aus Distrikt eins und zwei kommen die Tribute, mit denen die aus vier jedes Jahr das Karrierobündnis bilden.
Die Karrieros sind meist die ältesten Tribute und haben wie Yuvan, in den Akademien, ihr Leben lang für die Spiele trainiert.
Meist laufen sie in der Arena in einer Gruppe herum und töten gemeinsam all die anderen Tribute. Am Ende sind dann fast jedes Jahr nur noch sie übrig und es endet damit, dass sie sich gegenseitig töten, bis nur noch einer als Sieger übrig bleibt.

Tribute von Panem | Flammendes MeerWhere stories live. Discover now