𝐕𝐄𝐑𝐙𝐖𝐄𝐈𝐅𝐋𝐔𝐍𝐆

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Die Arena der 51. Hungerspiele. Ein Schwert durchbohrt Willows Körper. Eine Raubtier-Mutation beißt tief in Skys Fleisch. Ein Dolch sticht in Jaceks Brust. Eine eisige Kälte macht sich in mir breit, umhüllt mich, lässt mich erstarren, nimmt mir die Luft, und der dumpfe Schlag der Kanone ertönt.

Es ist, als wäre ein spitzer Dolch mitten in mein Herz gerammt werden.
Ich bin so geschockt von dem, das ich da gerade gehört habe, dass ich mich nicht einen Zentimeter bewege. Wie erstarrt blicke ich auf den von den Regentropfen erschlaffenden Zettel in Saphires Hand, wo in großen Buchstaben der Name meiner Tochter steht.

Nein. Nein, das darf nicht wahr sein.
Sie hatte einen Zettel unter tausenden.

Ich merke, wie Übelkeit sich in mir breit macht.
Und Angst, Angst, die mir wie eine würgende Hand die Luft nimmt.
Und ein noch viel viel schlimmeres Gefühl, als das was ich hatte als mein Name damals verlesen wurde.

Wie erstarrt sehe ich erschrocken und mit zitternden Händen zu, wie sich Jinia langsam aus der Reihe der zwölfjährigen herausbewegt.

Ihre Augen sind weit aufgerissen, der Schock steht ihr ins bleiche Gesicht geschrieben.

Ich merke, wie Tränen meine Wange hinunterlaufen.

Das kann nicht wahr sein.

Es muss doch etwas geschehen! Es muss sich doch jemand freiwillig melden, wie fast jedes Jahr!
Jinia konnte doch nicht einfach ihrem Schicksal überlassen werden!

Ich spüre die Blicke von unzähligen Zuschauern auf mir, die wissen, dass sie meine Tochter ist. Doch ich beachte sie nicht, mein einziger Blick liegt auf Jinia, die nun wackelig die schwarzen Treppen auf der gegenüberliegenden Seite hinaufsteigt.

Und dann sieht sie mich an. Sie sieht in das Gesicht ihrer schwachen, weinenden Mutter, die nichts tut, um ihr zu helfen.

Ich sehe, wie sich Jinia die Tränen unterdrückt, als sie sich neben Saphire stellt. Und hier sehe ich erstmals, das dessen Fassade gebrochen ist.

Sie sieht mich mit einer Mischung aus Mitleid, Trauer und Verständnis an, und muss einen Moment durchatmen, bevor sie weitermacht.

Die Worte, die nun über den Platz hallen, brennen sich wie Feuer in mich ein.

„Meine Damen und Herren, bitte begrüßen sie mit mir den weiblichen Tribut der 73.Hungerspiele, Jinia Olgivy!"

Fassungslos lasse ich meinen Kopf in meinen Händen sinken. Eine eiserne Stille legt sich über den Platz. Vor etwa zwanzig Jahren ist hier das letzte Siegerkind ausgewählt worden, welches allerdings sofort am Füllhorn starb, da er erst dreizehn und völlig verängstigt war.

Und Jinia ist doch erst zwölf! Das kann einfach nicht sein!

Als Saphire schließlich zu der Kugel mit den Jungennamen läuft, bin ich fast garnicht mehr da.

Schreckliche Erinnerungen wiederholen sich immer wieder und wieder in meinem Kopf, schreckliche Erinnerungen, an denen allen das Kapitol schuld ist.

Den Namen des Jungen kann Saphire garnicht richtig fertig lesen, schon ertönt ein Ruf aus der Reihe der siebzehnjährigen. Ein Freiwilliger.

Qualvolle Erinnerungen an Jacek schleichen sich in meine Gedanken, denn genau so begann es, als er sich damals freiwillig meldete, um mein Leben zu retten und sich schließlich für mich opferte.

Der Junge hat goldenes Haar und kommt schnell auf die Bühne gelaufen. Er ist groß und kräftig, grinst selbstbewusst. Jinia hat so gut wie keine Chance neben ihm.

Tribute von Panem | Flammendes MeerWhere stories live. Discover now