Kapitel 14 - Not an ordinary Life

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Der schwarze Sarg war geschlossen. Immer noch. Von innen hörte sie auch nichts, also blieb sie neben dem Ungetüm in Decken getuschelt auf dem Boden liegen. Irgendwann würde er schon wieder aufwachen. Mutmaßlich.

Schnell war sie wieder eingeschlafen und diesmal auch ganz ohne Traum, der sie wieder aufschrecken ließ. Diesmal träumte sie von Vlad. Es war eigentlich eher weniger ein Traum als eine Erinnerung. Sie saßen auf der Dachkante eines alten Baus mit Säulen und ließen die Beine baumeln. Sie war zehn Jahre alt und sie fragte sich nicht, wieso sie hier sitzen durften oder wie sie hier hingekommen waren. Vlad hatte sie gebeten gehabt, die Augen zu schließen und sie hatte ausdiskutiert, dann auch einen Kuss zu bekommen. Kurz darauf, nach einem sanften Kuss, hatte sie wieder die Augen geöffnet und sie standen auf dem Dach. Sie hatte nie hinterfragt, wie Vlad etwas hinbekam, er war einfach der Mann, der in ihren Augen alles schaffte. Sie redeten nicht, sie saßen einfach nebeneinander und beobachteten die vereinzelten Menschen auf den Straßen während eines Werktages und folgten den Flugbahnen von Vögeln, wenn denn sich einer in ihr Blickfeld verirrte.

Maria wurde dadurch wach, dass etwas an ihrem Gesicht kitzelte. Vlad, dachte sie schlaftrunken, bevor ihr wieder alles einfiel und sie erneut einen Schrei ausstieß. Würde sie jemals wieder aufwachen können, ohne erneut von seinem Tod überrollt zu werden?

Was sie kitzelte waren zwei Finger einer behandschuhten Hand. Diese Hand hing an einem Arm, der über die Kante des nun offenen Sargs hing und lose herunter baumelte. Sie wischte die Finger beiseite und erhob sich geschwind. Alucards Augen waren geschlossen und nichts deutete auf Leben hin, aber irgendjemand hatte ja den Sarg geöffnet und so verdreht halb auf dem Bauch hatten sie ihn auch nicht in seine letzte Ruhestätte gelegt.

Taktvoll wie eh und je rüttelte sie an dem Sarg, der überraschend stabil war. Eigentlich sollte man die 520 Jahre doch merken, oder? Beinahe sofort schlug Alucard die Augen auf und knurrte. „Hände weg von meinem Sarg!"

Schnell ließ sie los und trat mit erhobenen Händen einen Schritt zurück. „Wie du willst." Dann fiel ihr wieder ein, dass er nicht länger ihr Meister war. Sie hatte weder das Verlangen, ihm aufs Wort zu gehorchen, noch das, ihm zu gefallen, wie sie es früher gespürt hatte. Aber sie hatte doch gar nicht sein Blut getrunken? Jetzt reihten sich noch weitere Fragen in ihrer Gedankenbahn ein und sie verlor schnell den Überblick. Müde und von einem Schwindelgefühl befallen drückte sie die Fingerspitzen an ihre Schläfen und presste die Augen zusammen, bis sie wieder das Gleichgewicht fand. Während sie die Augen geschlossen hielt, fühlte es sich zwar eher so an, als würde sie schweben, aber nachdem sie einen Raum in der Dunkelheit vor ihrem Auge visualisiert hatte, ging es besser.

Als sie die Augen wieder öffnete, hatte sich Alucard bereits aufgesetzt. Ein weißer Verband bedeckte seinen Brustkorb, ansonsten war er nackt – sah man von den Händen ab. Sie sah wie sehnig er tatsächlich war. Zwar zeichneten sich klar stahlharte Muskeln ab, aber er war viel zu mager, nicht so wie Vlad, der hundert Kilo auf die Wage brachte und die Statur eines Boxers besaß.

„Wie geht es dir?", fragte sie dann nachdem sie ihn sich besehen hatte. Anscheinend hatte die Wunden nicht geblutet. Zumindest waren die Verbände weiterhin weiß.

„Als hätte jemand zugelassen, mir die Eier abzuschneiden."

Ihre Augenbrauen hoben sich ganz ohne ihr Zutun. Was er damit wohl meinte, hatte Ahmar ihr schon einmal erklärt – sie hatte nur nicht wirklich zugehört. Allerdings wurde ihm gestern nur eine Sache abgeschnitten. „Hm, ja, ... Ahmar sagte, das würde nachwachsen."

Sie erntete ein Schnauben. „Ja, in einem Monat oder so." Er schien wenig erfreut.

„Du lebst noch, ist das nicht wichtiger?"

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