Kapitel 4 - Guten Morgen

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Sie hatte lange geschlafen, das war ihr bewusst, als sie sich noch im Halbschlaf im weichen Bett herumdrehte und in die sonnenbeschienenen Laken hüllte. Vlad würde wieder genervt sein, da sie zu spät zur Schule kommen würde, aber das war egal. Es war so schön ruhig und entspannt, da musste man sich doch etwas mehr Zeit im Bett gönnen.

Und dann flutete alles wieder über ihr ein. Die vergangenen Jahre. Vlads Tod. Das Waisenhaus. Die 13.Sektion. Die Operationen. Die Zweifel. Hellsing. Der Ur-Vampir. Der letzte Auftrag. Und sie schlug schreiend die Augen auf.

„Warum so panisch, Kleine?", erklang neben ihr aus dem Schatten eine ruhige Stimme. Scheinbar hatte der Mann, zu dem sie gehörte, in dem Sessel auf ihr Erwachen gewartet. Und es außerdem hinbekommen, die Vorhänge so zu hängen und teils zu schließen, dass sie (sprich das Bett) größtenteils Sonne abbekam, aber der Rest des Zimmers dunkel blieb. Natürlich, Vampire mochten keine Sonne. Auch wenn diese Vlad sicherlich nicht mehr umbrachte. Dafür war er zu stark.

Und außerdem unsterblich.

Sie war nicht mehr in ihre Uniform gekleidet, sondern in ein T-Shirt und eine bequeme Hose, also zog sie die Bettdecke, die wohl wirklich aus Laken bestand und nicht mehr, - so wie sie es gewöhnt war – bis zu ihren Schultern und setzte sich auf.

„Gestern bin ich doch auf Steinboden eingeschlafen, oder?", fragte sie zaghaft. Die unbekannte Umgebung verunsicherte sie. Und ihre Waffen hatte sie auch nicht bei sich. Genauer gesagt sah sie sie gar nicht im Zimmer liegend.

Das Zimmer war groß, aber spärlich eingerichtet. Die Wände wirkten alt. Der Putz und die Farbe war zwar neu, aber sie würde wetten, dass darunter nur massiver Stein vorzufinden war. Neben dem großen Bett in dem sie lag gab es noch eine Kommode und einen Schreibtisch mit Stuhl. Zudem zwei Türen, von denen eine sicherlich auf den Gang führte und die zweite somit - wenn das hier ein Schlafzimmer war, wonach es aussah - zu einem Ankleideraum oder einer Nasskammer.

„Ich würde schon eher sagen, dass du im stehen eingeschlafen bist, aber ja, du lagst auf dem Boden. Zwar hatte ich das eigentlich vorgehabt, aber Walter hatte es nicht gut gehießen, dass du dort einfach lagst, also musste ich dich wegbringen."

Sie schauderte als sie begriff, was das bedeutete. Er hatte sie auf dem Arm getragen. Oder sonst wie. Vielleicht hatte er sie auch an den Armen fort geschliffen, aber das wie war egal. Er hatte sie berührt und kaum war das in ihrem Kopf angekommen, breitete sich auch der Schmerz tausender Nadeln aus, der nicht so schnell weggehen würde.

Es brauchte etwas, bis sie ihrer Stimme wieder vertraute und sich sicher war, dass sie nicht gleich anfangen würde zu weinen. „Aber wir sind nicht in England, nicht?" Schon, dass dieses Zimmer nicht aussah, wie die von Hellsing, sondern viel ... älter, war für sie ausschlaggebend. Es hätte ja auch sein können, dass in London die Sonne schien.

Irgendwie packte sie das Interesse, aus den hohen Fenstern zu schauen, die wirklich relativ neu wirkten, so groß und modern wie sie waren. Scheinbar war das Haus also schon älter, aber wurde gut in Stand gehalten. Mit dem Laken um die Schultern geschlungen ging sie zum Fenster und genoss einige Sekunden mit geschlossenen Augen die Sonne, bevor sie hinausschaute.

Sie waren eindeutig nicht auf den Inseln. Scheinbar stand das Haus (das weit größer war, als moderne Häuser) auf einem Berg und hier war nahezu nichts Industrialisiert. Die Hänge waren grün und sie sah einen großen Fluss, der in einem Abschnitt auch nahe an dem Gebäude vorbei floss.

Für sie, ein Stadtkind, das lange Zeit nur grauen Beton kannte, war der Anblick atemberaubend, was sie auch kund tat, völlig vergessend, dass der Mann, mit dem sie sich im Zimmer befand, kein Freund war, sonder ein Vampir und noch dazu nicht gesagt hatte, warum sie denn hier war.

A King with a Broken CrownWhere stories live. Discover now