Kapitel 7 - Probleme

24 2 0
                                    

Vielleicht hätte Alucard schlafen gehen sollen, aber es ging nicht anders. Er wollte zu ihr, auch wenn es nicht gut enden würde und er das auch wusste.

Die Schritte die dunkle Kellertreppe hinunter fühlten sich viel länger an, als sie eigentlich waren. Die Luft war eiskalt mit dem Gestank des Todes überzogen. Kein Wunder, hier lagerten schließlich Leichen. Oder zumindest Teile von ihnen. Auf dem Weg hinunter zündete er die abgebrannten Kerzen an, die an den Seiten standen. Eigentlich war das unnötig. Mit Licht konnte er so gut sehen, wie ohne, wenn nicht gar schlechter. Und die schwarzen Flecken, die auf seinen Augen auftauchten würden von Kerzenlicht nicht vertrieben werden. Dafür müsste er schon wieder den Keller verlassen und am besten noch ein paar weitere Flaschen in sich kippen.

Er hörte das Rasseln der Ketten und das markerschütternde Kreischen und Fauchen, bevor er auch nur ihren blonden Schopf zu sehen bekam. So wie es aussah befand sie sich gerade nicht in einer ruhigen Phase und seine Anwesenheit hatte sie noch weiter aufgeschreckt.

Nachdem er sich sicher war, dass die vier massiven Eisentüren hinter ihm gut verschlossen waren und nicht so schnell aufgehen würden, öffnete er das Tor zu der Zelle der Frau, die er mehr liebte als alles andere.

Katerinas Aufregung und das Gekreische steigerten sich auf einmal ins unermessliche und sie zerrte wie verrückt an ihren Ketten, die sie an Handgelenken, Fußknöcheln und um die Taille an die Wand hinter ihr banden. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würden die ersten zerreißen. Die Frage war nur, ob die Halterung an der Wand, die Kettenglieder oder ihre Gliedmaßen als erstes nachgeben würden.

Auch wenn das eine der schlechtesten Szenarien war, wünschte er sich, als er mit einem noch relativ frischen Oberarm von einer Leiche ihre Zelle betrat, dass die Kette einfach nachgeben würde, bevor sich Katerina etwas tat in ihrem Wahn.

Es war, als würde man es mit einem aggressiven, fest geketteten Tier zu tun haben. Sie fauchte und geiferte und sprang immer wieder auf ihn zu, bis sich die Ketten spannten und sie zurück zogen, aber wenn er ihr näher kam, wich sie zurück, als erwartete sie schlimmstes.

Alucard hatte seine gängige Kleidung abgelegt und war stattdessen in einem altmodischen Leinenhemd und einer ebenso überholten Hose. Zusätzlich hatte er sich die Haare wachsen lassen und für seine Geliebte sah er jetzt eigentlich haargenau so aus, wie zu Lebzeiten - wenn man von seinen Augen und den Handschuhen absah. Und genau das war sein Ziel gewesen.

Er war sich nicht sicher, wieweit Katerina das Dahinschreiten der Zeit bemerkte. Selbst wäre sie noch bei Verstand gewesen; sie befand sich seit 1479 hier unten und war nur vereinzelt nach draußen gelassen worden.

„Einen schönen Morgen, Katia", fing er im Bulgarischen an. Katia war eine Form ihres Namens, die für sie als Kurzform noch akzeptabel war, die andere war Ina, aber die hatten ihre nicht gemeinsamen Kinder meist für sie benutzt und so hütete er sich davor, sie so zu nennen. „Ich weiß, ich war jetzt eine wirklich sehr lange Zeit weg und ich kann nicht in Worte fassen, wie sehr es mich geschmerzt hat, dich zu verlassen."

Mittlerweile hatte er sich des Leichenteils entledigt, das er mitgebracht hatte. Das lag jetzt ordentlich auf einem Fleck des Bodens, der im Vergleich zu dem Rest des Raums noch vergleichsweise sauber war.

Die Schuld grub sich etwas tiefer und im gleichen Atemzug spürte er auch wieder die Machtlosigkeit. Er konnte nichts für sie tun. Nach allem, was sie für ihn getan hatte, war es ihm jetzt nicht möglich, ihr ein Leben zurückzugeben und die Letzte, die ihr hätte helfen können, war nun tot.

Zumindest würde er sich, wenn sie wieder ruhiger war, dazu herablassen, diesen Raum zu säubern und versuchen, sie zu baden, das war das einzige, was er tun konnte.

A King with a Broken CrownWhere stories live. Discover now