Kapitel 1 - Madenzerfressene Leichen

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Während der Wagen über die unebene Straße polterte und jeden in seinem Inneren durchschüttelte als wären sie nur Fliegengewichte, unterhielten sich die Soldaten und spaßten zusammen. Maria hörte nicht zu. Sie grenzte sich ab, wie sie es immer tat. Und trotz der Absurdität, der sie sich durchaus bewusst war, schossen ihr die immer gleichen Zeilen dieses einen Liedes durch den Kopf:

»Undead, you better get up out our way; Tomorrow we'll rise, so let's fight today; You know I don't give a fuck that you think and say; 'Cause we're gonna rock this whole place anyway...«

Auch wenn sie englisch so gut sprach wie ihre Muttersprache, war es ihr in Teilen echt schleierhaft, was die genaue Übersetzung war. Aber irgendwie passte es. Diese Untoten sollten verschwinden. Sie hatten keine Berechtigung zu existieren. Und wenn sie nicht selbst versterben konnten, musste man sie eben bekämpfen.

Denn im Endeffekt würde diese Welt den Menschen gehören. Nur den Menschen. Vielleicht nicht so, wie ihr Lehrer es sich ausgemalt hatte, aber es würde kein unheiliges Haupt mehr auf Erden wandeln.

Nach einigen weiteren Minuten in denen ihr das Maschinengewehr die Vibrationen des Fahrgestells in die Hände weiterleitete, kamen sie an. Es war ein eigentlich sehr schlichtes Gebäude. Neben dem Erdgeschoss – Pardon: für die Engländer natürlich dem 1.Stock – gab es nur noch ein weiteres Stockwerk. Das Dach war flach und im allgemeinen sah es wie ein schlichter Betonklotz aus.

Nur das sie deutlich das Gestöhne der Ghuls hören konnte. Leider wies nichts auf den Standort des Vampirs hin, stattdessen waren ganz eindeutig neun, nein zehn Menschen in einem der Zimmer auf der Rückseite des Hauses im 2.Stock eingesperrt.

Genau das sagte der Sergeant auch den Männern. Wenn auch eher in der Form von: „Joa, wir ham ein echt beschissnes Problem: Da sin n paar Leut un deswegn dürfn wir keine Granaten benutzn." Nein, Scherz beiseite. (Auch wenn dieser Dialekt in Marias Ohren wirklich so furchtbar klang.)

Während die meisten Soldaten mit einem Nicken bestätigten, dass sie verstanden hatten, vorsichtig sein zu müssen, streckte Maria einfach wie in der Schule die Hand hoch, die in den üblichen schwarzen Handschuhen der Armee steckte.

Den missfälligen Blick des Sergeants musste sie gar nicht sehen, um zu wissen, dass er sie mit ebenjenem bedachte. „Was ist, Soldat?"

Was hatten die nur alle gegen sie? Nun, zugegeben... Nevermind.

„Sir, wenn ich etwas vorschlagen dürfte?" Sie wartete nicht auf die Erlaubnis, die mit Sicherheit sowieso nicht gekommen wäre. „Es sind lediglich wenige Meter vom Haupteingang bis zum Zimmer mit den Überlebenden. Und da ich momentan keine Spur auf den Verbleib des Vampirs finde, wäre es das beste, würden sie mich dazu einsetzten, die Überlebenden durch das hintere Fenster zu evakuieren. Ein Sprungtuch* wird als Beteiligung Ihrerseits reichen."

* Anmerkung: Sprungtuch ist das trampolinartige Ding bei der Feuerwehr, etc.

Der Sergeant sah überraschenderweise tatsächlich so aus, als würde er darüber nachdenken. Vermutlich hoffte er lediglich, sie würde bei der Aktion draufgehen. Die anderen Soldaten waren entweder schlauer, zu wissen, dass das nicht der Fall sein würde, oder zu kurzsichtig, diese Möglichkeit überhaupt in Betracht zu ziehen. Auf jeden Fall hörte sie einige abfällige Bemerkungen. Dass dies kein Frauenjob war. Dass sie dorthin verschwinden sollte, wo sie herkam. Einer bezeichneten sie sogar als Nazi. Das war so abstrus, dass sie kurz davor war, in Gelächter auszubrechen. Mit ihrer Familie sollte man sie eher als Kommunist betiteln. Wäre zumindest genauso falsch.

Der Truppführer herrschte nach kurzer Bedenkzeit seine Untergebenen an, mal die Klappe zu halten, bevor er sich zu ihr wandte. „Einverstanden, Soldat. Aber es sei dir versichert, dass du keine Unterstützung bekommen wirst und wir in 20 Minuten das Gebäude stürmen, egal ob du wohlbehalten zurückgekommen bist oder nicht."

A King with a Broken CrownWhere stories live. Discover now