E03 - Musik im Dschungel | Teil I

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Endlose Gänge mit staubigen Wänden reihten sich aneinander. Fahles Fackellicht, staubige Luft. Und immer, wenn er an eine Kreuzung kam, zweigten wieder drei Gänge ab. Mal führten sie nach oben, mal nach unten. Er wusste nicht mehr weiter. Wie oft war er schon rechts oder links abgebogen? Wie lange war er schon hier?

Aber immer, wenn er stehen blieb, hörte er etwas hinter sich ächzen und knarren. Schritte, die ihm unablässig folgten. Kehliges Schnaufen. Er wagte es nicht umzudrehen. Zu deutlich war der erdige, modrige Geruch. Zu deutlich das Keuchen. Etwas war hinter ihm her. Etwas lauerte hinter der letzten Ecke und war bereit sich auf ihn zu stürzen. Es war wie in den alten Geschichten, die seine Großmutter ihm manchmal erzählt hatte, wenn er nicht hören wollte. Geschichten in denen Kinder stets von Monstern verfolgt wurden. Oder von Geistern. Aber wie konnte das sein? Eine davon handelte von einem schwarzen Wolf, der mit den Schatten verschmelzen konnte. Er schlich sich nachts in das Zimmer der Kinder, lauerte im Schatten des Bettes und wartete. Glühende grüne Augen, wie Irrlichter oder Elmsfeuer. Und dann, wenn die Kinder schliefen ...

Er kam an eine Kreuzung. Hier war er schon einmal gewesen, da war er sich sicher. War damals rechts oder links abgebogen? Eins von beiden muss es gewesen sein, denn so entschied er sich meistens. Und oft war es links. Sollte er es jetzt wagen?

Hinter ihm tappten Pfoten. Ihm blieb keine Zeit mehr. Jetzt oder nie. Er ging gerade aus. Der Weg führte nach oben. Wand sich. Immer höher. Seine Schritte wurden schneller. Hallten auf dem trockenen Boden. Die Fackeln waren nun fast heruntergebrannt. Ihm blieb keine Zeit mehr. Er lief schneller. Etwas knurrte hinter ihm. Er wusste genau, wenn er sich jetzt umdrehte, dann würde in die dämonenhaften Augen des Schattenwolfes blicken. Geifer würde an dessen Lefzen herunter tropfen. Das Vieh würde sich auf ihn stürzen und seine Kehle einfach aufreißen. Er erreichte die nächste Kreuzung. Hier war er noch nie gewesen? Wohin sollte er gehen? Sein Herz hämmerte in seiner Brust. Schweiß lief seinen Rücken nach unten. Was sollte er nur tun? Wo war er? Und was war passiert?

Instinktiv entschied er sich für eine Seite. Aber schon nach wenigen Schritten hörte er wieder den Schnaufen des Wolfes. Roch den fauligen Gestank. Und da wurde ihm bewusst, dass es kein Entkommen gab. Er konnte genauso gut stehen bleiben und die Sache zu Ende bringen. Er würde hier niemals herauskommen. Die Muskeln in seinen Beinen brannten. Das Atmen viel ihm immer schwerer. Nein, noch durfte er nicht aufgeben. Vielleicht gab es noch eine Chance. Da vorne war die nächste Abzweigung. Vielleicht führte ein Weg zum Ausgang. Er näherte sich der Kreuzung. Hinter ihm erloschen die Fackeln. Eine nach der anderen. Es wurde dunkler. Im lief die Zeit davon. Und hinter ihm knurrte der Wolf.

***

Während Elio und Phoenix um ihr Leben rannten, folgten sie Coon, der sie immer tiefer in den Dschungel führte. Es war warm und dampfig. Um sie herum schwirrten Moskitos in der Größe von Spatzen. Elios schien der Schweiß aus jeder Pore zu strömen. Er dachte nicht weiter darüber nach, denn dazu blieb keine Zeit. Phoenix hatte zuvor eine seltsame Energiespitze geordnet und der Xana schien etwas aus derselben Richtung zu wittern. Kleine Äste peitschten schmerzhaft gegen sein Gesicht und er musste bei jedem Schritt darauf achten, dass er nicht über abgebrochene Äste oder Wurzeln stolperte. So etwas wie diesen Dschungel hatte er noch nie gesehen. Die Blätter waren zum Teil türkis oder blau und alles war voller Ranken. Manche Bäume blühten orange, manche weiß. Und es roch süßlich.

„Ganz tolles Programm", rief Elio Phoenix zu, der hinter ihm rannte. „Wirklich, unbezahlbar!"

„Woher sollte ich ahnen ...?!"

„Du hast es doch geschrieben!"

„Ja, na und? Das ist schon Ewigkeiten her! Außerdem, woher sollte Dreizehn wissen, dass es hier von diesen Drecksviechern nur so wimmelt?!"

Im Vortex aus Zeit und RaumWhere stories live. Discover now