E04 - Die Ruinen von Karada | Teil II

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Sie erreichten schon bald die Stufen, die zu dem ersten Tempel führte, und Elio wurde klar, dass es eine Menge Stufen waren. Ihr Schritte klackten leise auf den Stein, während sie langsam nach oben gingen. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihm aus. Langsam drehte er den Kopf etwas nach links und rechts, aber er konnte nichts erkennen. Auch als das Gefühl stärker wurde und er sich ihm nachgebend umdrehte, war da nichts. Die Treppe hinter ihnen lag verlassen da. Kurz trafen sich Coons und sein Blick, er sah, dass auch der Xana wachsam geworden war. Er hatte den Kopf gehoben und schnupperte wieder in die Luft. Hinter ihnen grollte der Donner und am Horizont zog eine massive dunkle Wolkenfront auf sie zu. Dann war der Moment vorbei. „Kommt ihr?", rief Phoenix von oben und sie gingen weiter.

Als sie die erste Etage erreicht hatten, sah Elio, dass die beiden anderen zum einen nicht mehr so weit entfernt und zum anderen unterschiedlich hoch waren. Die Tempel selbst sahen nicht größer als die Pyramiden aus, zumindest wirkten sie nicht höher. Als Elio vor dem ersten Gebäude stand und das dunkle Gestein musterte, sah er, das es eigentlich eher schlicht gehaltene Bauten waren. Der Eingang wurde von je drei Säulen flankiert, die ein Vordach stützten. Dahinter stieg das Dach kuppelförmig an. Eigentlich war das einzig Besondere an ihnen ihr Platz und das dunkle Material, das man zum Bauen benutzt hatte. Der Platz vor dem Tempel war mit hellem Stein gepflastert, genauso wie die Stufen. Der Monolith und zwei Statuen zierten den Eingang. Es waren zwei Eulen.

„Irgendwie hätte ich eher Löwen oder so etwas erwartet", sagte Elio und folgte dabei einer spontanen Eingebung. „Irgendwas Prunkvolles ..."

„Was hast du bitte gegen Eulen?", fragte Phoenix.

„Nichts. Ich mein ja nur ... Normal sind es eher Löwen oder Tiger und Elefanten, die solche Tempel bewachen und nicht Eulen."

„Stehen Eulen auf der Erde nicht für Schutz und Weisheit?", fragte Phoenix.

„Du meinst wie die Eule von Athene?"

„Ja, genau."

„Stimmt ...", antwortete Elio, das hatte er ja noch gar nicht bedacht.

„Aber eigentlich hast du schon Recht ....", meinte Phoenix und sah zu Elio. „Es ist schon komisch." Er musste seinen fragenden Gesichtsausdruck gesehen haben, denn er sprach unaufgefordert weiter. „Ich meine, wir sind hier in einer verlassenen Ruine auf einem verlassenen Planeten und wissen noch nicht mal, wer sie erbaut hat."

„Ich dachte die Viator?"

„Es könnte sein, ja. Das Baumaterial ist sehr ähnlich, aber der Stil ist etwas einfacher. Also ich bin mir nicht ganz so sicher, ob sie wirklich die Erbauer sind. Vielleicht haben sie nur die Vorlage dazu geliefert. Aber zurück zu den Statuen, weder du noch ich wissen genug von diesem Ort hier, um zu wissen, warum gerade Eulen ausgewählt wurden."

Elio dachte darüber nach und jetzt, wo Phoenix es sagte, stand die Eule nicht auch für den nahenden Tod oder so etwas? Zumindest hörte man in Horrorfilmen oft ihren Ruf, wenn jemand allein durch den Wald lief. Kurz bevor ein Monster oder ein Wahnsinniger aus einem Busch sprang. Und was war mit der Tatsache, dass hier nichts mehr lebte? Bis jetzt hatten sie kein einziges Tier gesehen. Noch nicht einmal eine Pflanze. Was hatte es damit auf sich?

„Bei uns zum Beispiel steht sie auch für Intuition und die Fähigkeit, Illusionen zu durchschauen. Manchmal auch für den Wandel der Zeit und Veränderung", erklärte Phoenix und sah Elio an. „Ich meine, ohne Kontext könnte es hier alles bedeuten. Jede Spezies hat sicher eine andere Deutung und solange wir nicht davon ausgehen, dass die Viator den Tieren dieselbe Bedeutung beimessen, sind es für den Moment einfach nur Statuen."

„Und wenn schon?", fragte Elio.

„Dann würdest du damit auch die These aufstellen, dass sowohl diese Kultur hier in Verbindung zu deiner und meiner Spezies steht wie auch, dass die Viator irgendwie in diese Gleichung gehören. Und das wäre etwas viel, nur weil wir zwei Eulen gesehen haben", antwortete Phoenix nüchtern.

Im Vortex aus Zeit und RaumWhere stories live. Discover now