Fröhliche Weinachten*

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"Tut mir leid." Der Ausdruck auf ihrem Gesicht wurde sanft. "Die Knochen sind zersplittert, ich könnte versuchen sie zu heilen, aber vermutlich würde das mehr Schaden als Nutzen." Sie drehte sich zu einem der unzähligen Schränke. "Du musst heute Nacht hier bleiben, das wird nicht schön." In ihrer Hand hielt sie eine Flasche mit dem Aufdruck Skele-Wachs.

Die Nacht war wirklich nicht schön. Mit einem komplizierten Zauberstabschwung hatte Clara die kaputten Knochen in ihrer Schulter verschwinden lassen und nachdem sie den Zaubertrank getrunken hatte, konnte Maisie spüren, wie langsam neue Knochen in ihrem Arm wuchsen. Sie war dankbar, dass Clara über Nacht in der Station blieb.

Als die ersten Sonnestrahlen durch die Fenster kamen, packte Clara ihren noch verletzlichen Arm in eine Schlinge. Über Nacht war die Lichtung eingeschneit und in einer geliehenen Jacke stapfte Maisie durch den Schnee. Auf halben Weg kam ihr Siobhán mit gerörteten Wangen entgegen. Sie steuerte auf die Krankenstation zu und in diesem Augenblick wollte Maisie nicht mit der blauhaarigen Hexe tauschen. Vermutlich konnte sie von Glück sprechen, wenn Clara sie in einem Stück ließ.

Je höher der Schnee auf der Lichtung lag, desto mehr kamen Maisie und Charlie mit ihren Untersuchungen voran. An allen Wegen standen nun Feuerschallen und die Drachen wärmten sich mit ihren Flammen selbst. Besonders nun musste Clara oft Brandverletzungen verarzten.

Mit vielen Fleischbrocken hatte Charlie das Vertrauen des weiblichen Opalauges erlangt und die Akte ihres Pojektes wuchs.

Schnee lag auch in den Käfigen der Neuankömmlinge und mit angezogenen Beinen saß Maisie auf einem Heuhaufen, während Charlie vor dem Opalauge kniete. Inzwischen überragte es sie beide.

Aus den Nüchstern quoll Rauch und mit behandschuhten Händen kontrollierte Charlie ihre Krallen. Maisie notierte was er sagte und gleichzeitig bemühte sie sich die Ärmel ihres Pullovers so weit es ging über ihre Finger zu ziehen. Es war ihr Hufflepuff Pullover.

"In Ordnung." Charlie stemmte sich vom Boden auf. Sofort sprang das Weibchen von ihm weg, um sich selbst in ihre Flammen zu hüllen.

Maisie musste gegen den Reiz ankämpfen sich an dem Drachen aufzuwärmen, während sie mit Charlie den Käfig verließ.

Schon seit ein paar Tagen war Charlie schweigsam und beinah vermisste Maisie ihre Wortgefechte. Sie sammelten ihre Sachen ein und flogen dann zur Station zurück.

"Was hast du heute noch vor?"

Überrascht von seiner Frage wandte Maisie den Blick von weißen Gipfeln ab. Hinter ihnen ging gerade Sonne unter. "Bis zu meinem Dienstende muss ich Papierkram erledigen und vermutlich bin ich bis Mitternacht nicht draußen."

"Clara hat dich für Morgen auch zu sich eingeladen, oder?"

Maisie sah ihn von der Seite an, während sie über die Baumwipfel glitten. Irgendetwas an Charlies Gesichtsausdruck gefiel ihr nicht. Langsam nickte sie.

"Clara lädt jedes Jahr alle ein, damit niemand an Weinachten alleine ist." Er wirkte traurig.

"Ich weiß noch nicht, ob ich gehe. Eigentlich muss ich den ganzen Tag arbeiten. Wenn du nicht willst, dass ich eure Feier kaputt mache, komm ich nicht."

Charlies Mundwinkel zuckten, "Wenn es so einfach wäre, Fusty. Ich wollte eigentlich nur fragen, ob du mich Morgen vertreten kannst."

"Warum denn das?"

"Ich fahr ein paar Tage nach England. Noch heute."

"Warum?", rief sie überrascht. Dann warf sie noch schnell hinterher, "Das ist toll!" Maisie versuchte ein Lächeln. Wenn sie es geschafft hätte wenigstens mehr als einen freien Tag herauszuschlagen, würde sie es ihm nachtun.

"Ich fahre nur, weil es einen...Unfall in meiner Familie gab." Sie landeten vor der Station und Charlie fuhr sich über den roten Bart, der ihm in den letzten Wochen gewachsen war.

"Oh." Maisie überlegte kurz ihm auf die Schulter zu klopfen, aber dann wurde ihr im letzten Moment klar, wie lächerlich das wäre. "Das tut mir leid."

"Danke." Mit den Besen in den Händen gingen sie durch den Tunnel, der ungewöhnlich leer war. "Mein Vater wurde ins Mungos gebracht und Mum hat zwar geschrieben, dass sie ihn über Weinachten entlassen, aber na ja.." Er hob die Schultern und schmiss seinen Besen auf den Stapel.

"Du musst das nicht vor mir rechtfertigen." Maisie klemmte sich die Papiere unter den freien Arm.

"Wie auch immer." Charlie seufzte und wandte sich bereits ab. "Frohe Weinachten, Fusty."

Sie beobachtete, wie die roten Haare zwischen anderen Köpfen aus ihrer Sichtweite verschwanden. Selten hatte sie Charlie Weasley so niedergeschlagen erlebt. Nicht einmal nach dem Quidditch Spiel in ihrem fünften Schuljahr.

Mit ihrer Aussage gegenüber Charlie behielt sie recht. Bis nach dem Ende ihres Dienstes war sie über einen Schreibtisch gebeugt, um die Papiere des Opalaugen Projektes durchzugehen und erst nach Mitternacht verließ sie die Station.

Unter ihren Stiefeln knirschte der Schnee und obwohl noch ein paar andere Menschen untewegs waren, was es doch still. Die Feuerschalen warfen Schatten und sobald Maisie den Wald betreten hatte, füllte sie sich wie von ihm verschluckt. Ihre Gedanken hingen an nichts bestimmten und sie gähnte mehrmals, während sie dem inzwischen vertrauten Weg folgte.

Die meisten Häuser waren dunkel und auf ihrem Weg entdeckte sie nur in Siobháns Licht. Für einen Moment überlegte Maisie anzuklopfen, aber dann entschied sich dagegen.

Das Knirschen ihrer Schritte schien zwischen den hohen Bäumen widerzuhallen und fröstelnd verschränkte sie ihre Arme. Gerade als sie ihr Haus erreicht hatte, entdeckte sie eine bekannte Gestallt, die sich wie sie durch den Schnee kämpfte.

"Ewan?"

Überrascht hob er den Kopf. Seine glatten Haare standen wild ab und seine Augen brauchten einen Augenblick, um Maisie zu finden. "Mai?"

"Hattest du auch Dienst?" Sie schob ihr Gartentor auf.

"Ja, so in etwa." Er lächelte schwach. "Ich muss jetzt weiter."

"Dann bis Morgen." Maisie war schon beinah bei ihrer Haustür, als ihr noch etwas einfiel, "Frohe Weinachten!"

Ewan hob die Hand, bevor er um die nächste Biegung verschwand.

An der Tür klopfte Maisie den Schnee von ihren Stiefeln und mit einem erneuten Gähnen entfachte sie die Lichter im Raum. Für einen Moment starrte sie die Fotos über ihrem Sofa an. Dann seufzte sie.

"Frohe Weinachten, Maisie." Sie schüttelte den Kopf und zog ihre Stiefel aus. In einem der Schränke hatte sie vor ein paar Tagen eine Weinflasche gefunden und sie goss sich ein Glass ein.

Die Katze bermekte sie erst, als sie sich auf ihr Sofa fallen ließ. Vor Schreck verschüttete sie ihren Wein, als ihr das Fellbündel plötzlich auf den Schoss sprang.

Es handelte sich um graugestreifte Katze, die ihren Kopf in Maisies Bauch drückte und dabei schnurrte.

"Wer bist du denn?" Mit ihrer freien Hand strich sie der Katze durch das kurze, struppige Fell. Es war eiskalt. "Wo kommst du her?" Während sie weiter durch das Fell fuhr, sah sich um. Eines der eckigen Fenster über dem Tisch war nur angelehnt. Mit der Katze auf dem Arm schloss sie es.

"Wenigstens bin ich jetzt Weinachten nicht allein." Die Katze schnurrte zustimmend.

Mit einer Katze, die sich offentlich nach Liebe sehnte, und mehreren Gläsern Wein schrieb Maisie fröhliche Briefe an Adam und Callum und als die Flasche vor ihr nur noch für ein Glas reichte, schrieb sie sogar ein paar Zeilen an Isobel, in der sie ihr frohe Weinachten wünschte.

Auf dem Familiebild über ihrem Kopf legte Isobel einen Arm um ihre jüngere Schwester.

Von Drachen und Weasleys (Harry Potter FF) ✔️Where stories live. Discover now