Kapitel 53 - Gut oder Böse

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Nachdem alle die letzten Worte mehr oder weniger verdaut hatten, entschieden sie, die Nacht an dem See zu verbringen. Alle waren sich einig, dass der Schutz von Tamos Leben für die nächsten Tage am wichtigsten war. Das kleine Feuer in der Mitte ihrer Runde erzeugte mehr als genug Wärme. Milano, Skàdi und Alice konnten ihre Körper, notfalls auf andere Weise aufwärmen und bei Silas und Tamo half der Wein, dabei nicht auszukühlen.

Und nachdem die beiden mehr als genug davon in sich geschüttet hatten, legten sich nach und nach alle an das Feuer und versuchten ihre Gedanken schweigen zu lassen. Silas fiel das wohl am leichtesten, denn es dauerte keine fünf Minuten und er schnarchte. Alice träumte von einem Ort, an dem sie ihre Ruhe hatte. Milano konnte auf Knopfdruck schlafen. Er hatte noch nicht mal den Boden richtig berührt und war in einen tiefen Schlaf gefallen.

Nur Tamo und Skàdi starrten jeder für sich in den sternenbedeckten Himmel. Tamos Gedanken überschlugen sich förmlich. Es waren zu viele Informationen gewesen. Zu viele Möglichkeiten hatten sich eröffnet und der Wein? Der beruhigte seine Nerven nicht, sondern verstärkte das Karussell nur noch. Was sollte er denn jetzt machen? Es waren alles nur Vermutungen, aber es war das erste Mal seit Wochen, dass sie eine halbwegs sinnvolle Erklärung gefunden hatten. War er wirklich ein Mittel zum Zweck? Konnte er als Waffe für das Böse dienen? Tja, selbst wenn, dann würde diese Tatsache wohl ohnehin zu seinem Tod führen. Konnte er Skàdi wirklich vertrauen? Was, wenn sie ihn doch opfern würde? Es wäre die einfachste Lösung. Kräfte hervorbringen. In den Kampf ziehen und bei der Rettung der Welt draufgehen.

Na ja, wenigstens würdest du als so eine Art Held sterben, dachte sich Tamo.

Er schüttelte den Kopf über seine eigenen Gedanken und seufzte. Seine Gedanken wanderten weiter. Weiter zu Skàdi. Was waren das für Empfindungen in diesem Pub? Das, was er dachte? Hätten sie vielleicht eine Zukunft haben können? Bevor ihre Leben zu Bruch gingen? Bevor Skàdi ein Jahr gefoltert wurde?

Tamo riss die Augen auf, als ihm bewusste wurde, was er da gerade dachte. Nein, selbst in einem Paralleluniversum wäre das wohl nicht eingetreten.

Er gab einen Seufzer von sich, schloss seine Augen und wollte erneut versuchen zu schlafen, als er ein Rascheln vernahm. Langsam öffnete er die Augen und konnte durch das Flackern des Feuers sehen, wie Skàdi langsam aufstand und davonlief.

Eigentlich wollte er es ignorieren, aber etwas in ihm, ließ das nicht zu. Also schob er sich langsam nach oben und sah ihr nach. Sie lief am Ufer des Sees entlang und schien in den Himmel zu starren. Tamo sah zu den anderen, aber keiner von ihnen schien ihr verschwinden mitbekommen zu haben, also entschloss er sich dazu, ihr zu folgen.

Er stand auf und spürte sofort die Wirkung des Weines. Tamo schwankte leicht, fing sich aber recht schnell wieder und lief los. Sofort tauchte Narcos an seiner Seite auf und Tamo kraulte ihm sanft über den Kopf.

»Tut mir leid, dass ich dich auch um den Schlaf bringe«, sagte er leise.

Narcos schenkte ihm ein leichtes Knurren und trottete langsam neben ihm her.

Skàdi fand keine Ruhe, so wie immer, wenn Alice sie mit ihrer Geborgenheit gequält hatte. Es war nicht so, dass sie dieses Gefühl nicht mochte. Nein, eigentlich war es gar nicht so verkehrt, doch sie hasste die Leere, die danach folgte. Es zeigte ihr immer wieder aufs Neue, was sie verloren hatte. Wie kalt und eintönig ihr Leben geworden war. Es zeigte ihr immer und immer wieder, was sie nie wieder haben würde. Und so fühlte sich die Leere in ihr noch viel intensiver an.

Sie ertrug die Wärme des Feuers nicht mehr und das Schnarchen von Silas trieb sie fast auf die Palme, also entschied sie, sich Abstand zu nehmen. Sie stand auf und lief an dem Ufer entlang. Sie richtete ihren Blick in den Himmel, an dessen die vielen, unzähligen Sterne funkelten. Der Vollmond, der ebenfalls hoch am Himmel stand, war so intensiv, dass die Umgebung fast taghell wirkte. Sein Licht brach sich auf der Oberfläche des Sees und ließ diese ebenfalls durch die Nacht funkeln.

𝑺𝒌𝒂𝒅𝒊 - 𝑳𝒐𝒔𝒕 𝒊𝒏 𝑫𝒂𝒓𝒌𝒏𝒆𝒔𝒔 ✔️Where stories live. Discover now