Kapitel 50 - Bleib auf Abstand

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Tamo starrte Silas fassungslos an. Der schwieg und fixierte den Abgrund vor sich. Das Bild um Skàdi wurde immer klarer und mittlerweile verstand Tamo, warum sie zu so einem Arschloch geworden war. Nach allem, was sie erlebt hatte. Entführung, Folter und dann hat ihre Familie ihr nicht mal wirklich geglaubt. Jeder, dem so was passiert wäre, würde der Welt wohl permanent den gestreckten Mittelfinger zeigen.

Er seufzte.

»Deswegen lässt sie dich also nicht sterben?«, fragte er, obwohl er glaubte, die Antwort zu kennen.

Doch Silas schüttelte mit dem Kopf.

»Nein. Ich denke, dass ich im ersten Moment meinen Bruder mehr vertraut habe, als ihr, das hätte sie mir verzeihen können«, sagte er traurig.

Travis. Silas Bruder. Das hatte er schon wieder völlig verdrängt. Tamo schluckte und sah traurig zu Silas.

»Es tut mir leid. Also das mit deinem Bruder«, sagte er leise.

Silas zuckte mir den Schultern.

»Muss es nicht. Er ist tot und das ist gut so.«

Tamo war es schon fast unangenehm, erneut zu fragen, aber jetzt, wo gerade so alles auf den Tisch kam.

»Also, was ist es dann? Du sagtest, du hast Luna in den Tod geschickt«, sagte Tamo so mitfühlend wie möglich.

Wieder nickte Silas und Tamo sah, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb.

»Nachdem Skàdi und die anderen beiden verschwunden waren, wussten wir erst nicht so richtig, was wir jetzt machen sollten. Natürlich hatte ich Fragen und Zweifel. Aber ich habe meinem Bruder vertraut. Ich habe ihn leiden sehen. Er hat monatelang mit mir gemeinsam nach ihr gesucht. Na ja und dann waren da noch ihre Augen. Wir alle drei hatten gesehen, dass sie sich plötzlich weiß färbten und schwarze Sicheln an Stelle ihrer Pupillen auftauchten. Angst unterwanderte uns und schließlich traf ich eine Entscheidung. Eine ziemlich Schlechte.«

Silas stockte kurz und wischte sie die Tränen aus dem Gesicht.

»Ich habe entschieden, dass ich nach Skàdi suchen würde und Travis - der sollte Luna in Sicherheit bringen.«

Silas ließ den Kopf hängen und holte tief Luft.

»Ich konnte nur nicht wissen, dass er sie nicht in Sicherheit bringt, sondern direkt zu Nobody, der die Hoffnung hatte, dass er Skàdi mit ihr erpressen konnte.«

Tamo stockte der Atem und alles drehte sich. Sein Herz fühlte sich an, als würde es in tausend Stücke zerbrechen, wenn er daran dachte, was sie alles ertragen musste. Es war, als würde ihr Leidensweg einfach kein Ende nehmen. Silas hatte dank seiner Fehlentscheidung Luna in die Fänge dieses Monsters gebracht und auch wenn er es nicht ausgesprochen hatte, war es nur zu deutlich, dass sie das nicht überlebt hatte. Darum hasste sie ihn und darum ließ sie ihn nicht gehen und Tamo konnte sie mehr als nur verstehen.

Alice lief durch die Gänge des Klosters, doch Skàdi war nirgends zu finden. Was auf der einen Seite ganz gut war, denn das bedeutete auch, sie war noch nicht ausgeflippt. Trotzdem nervte es Alice gerade gewaltig. Sie bog gerade wieder um eine Ecke, als sich ein riesiger Springbrunnen vor ihr auftat und auf dessen Rand saß Skàdi. Die Füße in das kalte Wasser gesteckt, den Blick starr vor sich gerichtet. Alice seufzte erleichtert auf und ging zu ihr.

»Na, hast du den Kürzeren gezogen?«, fragte Skàdi, als Alice neben ihr ankam.

»Weiß nicht. Tamo will ständig Antworten. Da bist du mir tatsächlich lieber«, sagte sie und setzte sich neben Skàdi und ließ ebenfalls die Füße in das Wasser gleiten.

𝑺𝒌𝒂𝒅𝒊 - 𝑳𝒐𝒔𝒕 𝒊𝒏 𝑫𝒂𝒓𝒌𝒏𝒆𝒔𝒔 ✔️Where stories live. Discover now