Kapitel 37

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„Ruby aufwachen!", wurde sie unsanft von einer aufgewühlten Ophelia geweckt. Die sonst eher ordentlich zusammengebunden Haare hingen ihr diesmal wirr ins Gesicht. Sie wirkten matt und nicht so glanzvoll wie sie sonst immer waren.

Ihre ganze Erscheinung war längst nicht so eindrucksvoll, wie Ruby sie in Erinnerung hatte. Verwirrt schnellte sie in die Höhe. Mit einem kurzen Blick aus dem Fenster registrierte sie das, was sie sich schon gedacht hatte.

„Warum weckst du mich mitten in der Nacht? Es ist noch stockdunkel draußen!", fragte sie versucht vorwurfsvoll, doch es klang wohl eher irritiert als alles andere, da Ophelias Auftreten nicht gerade das war, was man „gewöhnlich" nennen würde.

„Es gab wieder einen Angriff", rief sie hastig. „Diesmal ist es wohl schlimmer als sonst. Wir sollen alle vier sofort zu Xynthias Hütte kommen!", rief die braunhaarige noch, bevor sie gehetzt aus Rubys Hütte rannte.

Sofort war diese auf den Beinen und schlüpfte in ihre schwarzen Klamotten. Diesmal nahm sie sowohl Bogen als auch Schwert mit. Man konnte sich nie sicher sein. Auch die Pfeife und das Amulett verstaute sie sicher in einer kleinen, geheimen Tasche, die an die Innenseite eines Ärmels genäht worden war.

So schnell war sie wohl noch nie aufgestanden, denn als sie vor der Hütte der Alten angekommen war, war Ophelia noch nicht in Sicht.

Nervös ging Ruby auf und ab. Ihre Gesichtszüge waren angespannt, ihre Muskeln zu allem bereit. Sie war drauf und dran ihr Schwert zu ziehen, als sie auf einmal etwas hinter sich hörte.

Sofort griff sie nach dem vertrauten Leder und wirbelte samt Waffe herum. Sogleich fand sich die silberne Klinge an Azuris Hals wieder. „Immer mit der Ruhe", sagte dieser beschwichtigend und hob die Hände. „Ich möchte dir nichts tun", versicherte er. „Das will ich auch hoffen", sagte Ruby und senkte ihr Schwert wieder.

Ein wenig Anspannung fiel in der Gegenwart ihres Bruders von ihr ab, doch lange nicht genug, als das sie wirklich hätte entspannt wirken können. Erleichterung durchfuhr das Mädchen als sie auch Chester und Ophelia wahrnahm, die sich ihnen schnell näherten.

Zusammen klopften sie an die hölzerne Tür vor ihnen und warteten. Warteten bis die Lithan sie hereinbeten würde. Niemand hatte große Lust zu reden, als sie eintraten.

Innendrin war es schummrig. Gespannt blickte Ruby sich um. Hier war sie noch nie drin gewesen. Doch viel entdeckte sie trotzdem nicht. Mit Ausnahme von einer Wand voller Kräuter und Bücher, entdeckte sie noch eine normale Pritsche und einen Schrank in Miniaturausgabe in den nun definitiv nicht viel passte.

„Kitteka hat es nun geschafft halb Nymea einzunehmen und es wird immer schlimmer. Wenn wir nicht bald handeln, wird alles verloren sein."

Xynthia schaute die vier vor ihr sitzenden eindringlich an. „Deswegen können wir euch nicht weiter ausbilden. Ihr müsst noch heute los", erklärte sie und bedachte alle mit einem eindringlichen Blick.

Und obwohl sie blind war, meinte Ruby aus ihnen so etwas wie Mitleid und Bedauern lesen zu können. „Aber wir wissen doch noch nicht einmal wie wir unsere Kräfte richtig einsetzen können", stieß Chester empört aus.

„Wer sagt überhaupt, dass wir das machen wollen?", fragte Ophelia skeptisch und insgeheim gab Ruby ihr Recht. Sie hasste es, wenn andere meinten ihre Zukunft entscheiden zu können.

„Ihr werdet das Wichtigste heute noch erklärt bekommen. Den Rest werdet ihr euch selbst beibringen müssen. Und ja, Ophelia. Wir können euch nicht dazu zwingen. Doch wenn ihr es jetzt nicht tut, wird Saghorya fallen und alle die ihr liebt, werden entweder sterben, zu Sklaven gemacht werden oder ein furchtbares Leben in einer unterdrückten Gesellschaft unter der Führung eines diktatorischen Psychopaten haben. Ist es euch das Wert?", fragte sie.

SaghoryaWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu