Kapitel 28

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Noch drei weitere Tage verliefen in dem selben Trott. Sie ging, sie aß, sie trank, sie schlief. Langsam ließ ihre Euphorie nach und doch war sie noch meilenweit von dem Punkt entfernt, an dem sie aufgeben würde.

Am vierten Tag wurde ihr Durchhaltevermögen ganz schön auf die Probe gestellt. Von ihrem Mut – von dem sie gerne noch mehr besitzen würde - ganz zu schweigen.
Verdreckt und müde wie sie war, war sie gerade dabei sich durch ein paar Pflanzen zu schlagen - die ihr bis zum Oberschenkel reichten! – als sie plötzlich hinter sich etwas hörte.

Sofort schoss sie herum. Suchte nach Anzeichen irgendeines Tieres, doch fand keine. Nichts war zu sehen. Misstrauisch drehte Ruby sich wieder um, doch auch vor ihr konnte sie nichts erkennen. In doppelter Wachsamkeit schlich sie weiter. Sie hatte das ungute Gefühl beobachtet zu werden. Mit jedem ihrer Schritte, wurde ihr mulmiger zu Mute.

Mit ihren nackten Füßen trat sie nun nur noch so vorsichtig auf, als würden sich unter ihr spitze Steine statt den sanften Gräsern befinden. Immer wieder drehte sie sich paranoid um, doch zu sehen war nichts. Egal, wie sehr sie ihre Augen anstrengte. Auch zu hören war kein auffälliges Geräusch mehr. Ruby schloss kurz die Augen und versuchte sich so wieder zu entspannen. In der Hoffnung, ihre Angst ausblenden zu können.

Doch auch wenn ihr Geist sich ablenkte und nicht mehr ganz so panisch war, ihr Körper wollte davon nichts hören und ließ ihre Muskeln so angespannt wie eh und je. Sie hatte sich gerade ein wenig beruhigt, als ein Geräusch sie aufhorchen ließ. Erst ein dumpfes, dass sie so gut von ihrem eigenen Bogen kannte, dann ein Sirren. Ein Pfeil flog durch die Luft, genau auf sie zu.

Wie vom Blitz gepackt, sprang sie reflexartig zur Seite und entkam so nur knapp einem Pfeil, der geradewegs auf ihr Herz gezielt gewesen war. Erschrocken vergaß sie einen kurzen Moment zu atmen, als ihr klar wurde, wie knapp sie eben dem Tod entronnen war. Jener, der so nah am Leben lag, dass die Grenzen dazwischen manchmal zu verschwimmen drohten.

Jetzt gerade war Ruby einfach nur wie erstarrt. Nicht mehr fähig sich zu rühren, als merkwürdige Kreaturen aus den Bäumen sprangen und sie dabei direkt in zwei grüne Augen sah. Sie waren so intensiv, wie sie noch keine anderen gesehen hatte. Perfekt an den Pflanzenton vor ihr angepasst, stachen sie aus dem Dickicht hervor, fixierten sie.

Aufgebracht sprang Ruby mit einem kleinen Aufschrei zurück, prallte dabei jedoch gegen irgendetwas anderes weiches. Wie sich herausstellte ein weiteres dieser Wesen. Schnell rappelte sie sich auf, zückte ihr Schwert, doch sie war längst umstellt. Den Kreis zogen sie immer enger, seltsame Bögen von sich gestreckt, mit gespannten Sehnen auf sie gerichtet.

In Sekundenschnelle wog sie ihre Überlebenschancen ab -  und gab es schnell auf. Sie konnte die Wesen kaum erkennen. Es schien, als würden sie mit der Umwelt verschmelzen. So ähnlich wie Chamäleons. Sie konnte nur Silhouetten von ihnen erkennen. Des Weiteren kannte sie ihre Kampfgewohnheiten nicht. Wenn sie einen angreifen würde, würden die anderen sie bestimmt sofort erschießen. Es hatte einfach keinen Sinn.

Entgegen ihres eigentlichen Willens, hing sie sich ihr Schwert wieder über den Rücken und hob die Hände als Zeichen der Untergebenheit in die Höhe. Die Wesen schienen es zu bemerken. Alle Augen waren nun auf den einen vor ihr gerichtet. Er musste der Anführer sein. Dieser hob die Hand und zwei weitere kamen hinter ihm hervor und packten sie grob am Arm.

Nur unter all ihrer Selbstbeherrschung, die sie noch übrig hatte, schaffte sie es, sich nicht zu wehren, als ihr ihre Waffen entzogen wurden. Immerhin, ihr verstecktes kleines Messer entdeckten sie nicht. Sie hatte es sich, nachdem sie den Stoff für ihre Wunde gebraucht hatte, am Arm festgebunden. Nun gut verdeckt von ihrem Gewand.

Unauffällig beobachtete Ruby die Gestalten, während sie sie ohne jegliche Worte durch den Dschungel führten. Oder besser gesagt zerrten. In einstudierter Formation schritten sie im Gleichschritt daher. Doch kein militärischer Gleichschritt, nein, es glich eher einem Tanz, so geschmeidig bewegten sich diese wendigen Kreaturen.

SaghoryaWhere stories live. Discover now