Kapitel 34

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„Kommt, kommt", krächzte eine, Ruby nun sehr wohl bekannte, Stimme. Bedeutsam schaute sie einmal zu Ophelia. Sie hatten gerade gemeinsam ihr Frühstück eingenommen, während Chester nur stumm und griesgrämig drein blickend möglichst weit weg von ihnen sein Frühstück angestarrt hatte.

„Denkst du, wir bekommen jetzt alles erklärt?", flüsterte Ruby fragend. „Gehe ich von aus", bestätigte Ophelia ihre Annahme. „Du warst schließlich die letzte, die noch fehlte". Langsam und doch mit einer Selbstverständlichen Würde standen sie beide auf und gingen der Alten hinterher. Chester folgte in einigem Abstand, gab sich allerdings nicht dazu herab mit ihnen zu reden oder sie gar anzusehen.

Auch auf gleicher Höhe wie sie zu gehen, empfand er anscheinend als unwürdig für ihn. Ruby war das ganz recht so. Sie verspürte auch nicht gerade eine Menge Lust Zeit mit ihm zu verbringen. Auch wenn sie anscheinend irgendetwas verband. „Weißt du eigentlich, wie sie heißt?", wisperte Ruby und zeigte auf die vor ihr gehende.

Ophelia wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als die Frau sich selbst zu ihnen drehte. „Du kannst mich auch selbst fragen, Ruby", meinte sie mit einem Funken Belustigung in den alten Augen. Ruby zuckte zusammen und schaute sie misstrauisch an. Sagte aber nichts.

„Dann halt nicht", meinte die Frau lächelnd. Wobei ihre schiefen Zähne ziemlich gut zur Geltung kamen. „Doch, doch. Wie heißt du?", fragte Ruby schnell. Die Gelegenheit wollte sie nicht verstreichen lassen. „Xynthia", lautete die einfache Antwort. Danach herrschte wieder Schweigen.

Ruby fand es in dieser morgendlichen Stille irgendwie unangebracht noch etwas zu sagen...und außerdem musste diese Xynthia auch nicht alles mithören, was sie sprach. Sie hatte ja anscheinend ein recht gutes Gehör. Also gingen sie schweigend abermals in Richtung ihrer Hütte und zu der groben, ungeschliffenen Steintreppe. Es überraschte Ruby immer mehr, wie sehr diese Landschaft mit der in ihrem Traum übereinstimmte.

Wahrscheinlich würde diese Treppe jetzt auch wieder zu dem Felsplateau führen auf dem sie gemeinsam gestanden hatten. Und so war es auch. Zu viert kamen sie schließlich nach dem Abstieg dort an und Ruby bestaunte wieder einmal die Umgebung. Das Meer hatte sie so noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen. Sie hatte bis vor kurzem nur durch Überlieferungen überhaupt gewusst, was dieses Wort bedeutete.

Und auch wenn es so weit weg und sie noch nie in ihrem Leben drinnen gewesen war, wusste sie doch, dass sie dies auch überhaupt nicht wollte. Wieso sollte man sich dort drinnen in Gefahr, mit all diesen unheimlichen Kreaturen die dort hausen sollten, begeben? Da konnte man auch schön an Land bleiben und den Ausblick einfach nur genießen. Regen war ja schon schlimm genug, doch diese Nässe auch noch ganz um sich zu haben? Es schauderte sie.

Doch Xynthia holte sie sowieso aus ihren Gedanken zurück in die Gegenwart, in dem sie sich leise räusperte. „Ihr habt sicher eine Menge Fragen", räumte sie ein, woraufhin alle drei nur nickten. Ja, sogar Chester. „Ich werde euch nicht vieles davon beantworten. Zumindest jetzt noch nicht. Manches müsst ihr auch selbst herausfinden", sie drehte den dreien den Rücken zu.

Na super, war ja klar. Ruby verdrehte die Augen. Das war doch das, was sie jetzt hören wollte. Sie kam hierher um Antworten zu finden und sofern sie ein wenig näher rückten, wollte diese Frau sie einem nicht weiter verraten. Was sollte das? Konnte man nicht einfach Klartext reden? Sie tauschte einen wütenden Blick mit Ophelia, die ebenso fassungslos schien. Naja, wohl eher gefrustet. Doch niemand wagte, seine Gedanken laut auszusprechen.

Stattdessen redete die Frau mit dem Rücken zu ihnen einfach weiter. Ihre Stimme schien nun von weit her zu kommen. Sie klang nicht mehr wie die ihre. Sie war voller Sehnsucht und Schmerz, klar und weise. „Ihr müsst wissen, ich bin keine normale Magierin, ich bin eine Lithan", holte sie aus. Ruby wollte gerade nachfragen, was denn eine Lithan nun sein sollte, als die alte Frau ihre Hand hob.

SaghoryaWhere stories live. Discover now