Kapitel 33

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Langsam kamen die beiden näher. Die Frau auf ihren Stock gestützt. Der Edelstein, der in ihn gehauen war, strahlte ebenso sehr wie ihre Augen es taten. Sie schien erfreut sie zu sehen, schmunzelte. Als sie beide zu ihr traten, begann sie zu sprechen: „Ich wusste, dass du früher oder später hier auftauchen würdest."

„Ich wäre auch ohne deine Aufforderung gekommen", sagte Ruby vorsichtig. Sie wollte klar stellen, dass man sie nicht einfach mit ein paar schrägen Auftritten überzeugen konnte, wenn man nicht einmal ihr Vertrauen gewonnen hatte. Sie hatte sowieso die Magier suchen wollen, seit sie herausgefunden hatte, dass sie selbst einer war.

„Gewiss. Das wärst du. Doch wann? Du wärst noch bei den Chintah geblieben und sie hätten dich da behalten. Du hättest dich eingelebt und den Sinn nicht mehr verstanden, her zu kommen", erwiderte sie ohne mit der Wimper zu zucken. „Woher weißt du davon?", fragte sie erschrocken. „Ich weiß weit mehr als du denkst", kam nur die schlichte Antwort, die nicht gerade beruhigend war.

„Spionierst du mir hinterher?", rief sie scharf aus. „Die Erklärungen kommen alle zu seiner Zeit", winkte die andere jedoch ab. „Folge mir jetzt", forderte die Alte sie auf und winkte mit ihrem Stock. Misstrauisch folgte Ruby ihrer Aufforderung. So ganz geheuer war ihr das alles allerdings nicht. Doch was hatte sie für eine Wahl?

Die Frau scheuchte zuerst den Jungen weg, dann ging sie langsam und in geduckter Haltung bis hin zu der letzten Hütte am Fuß des Berghanges. Sie war etwas kleiner als die anderen. „Hier wirst du schlafen", sagte sie freundlich. Doch dieses Lächeln löste etwas in Ruby aus. Es wirkte irgendwie so verrückt. Unecht auch wieder nicht, mehr als wäre sie nicht mehr ganz klar im Kopf, aber gleichzeitig wirkte sie gar nicht so wirr.

Doch ihr ganzes Erscheinungsbild widersprach diesem wieder. Allein schon ihr unordentliches, graues Haar in dem auch ein Vogel hätte nisten können, ohne das man dies bemerken würde. Es war einfach nur verwirrend. Normalerweise hatte Ruby schnell ein relativ klares Bild von einer Person im Kopf, doch sie konnte sie überhaupt nicht einschätzen. Das schadete ihrem Vertrauen immens.

Sie wollte sich eigentlich auch weigern in die Hütte zu gehen, doch dann fragte sie sich wieso. Es hatte keinen Sinn. Was sollte in so einem kleinen Häuschen schon gefährliches drin sein? Also trat sie ein.

Es war hell. Durch ein paar Fenster konnte viel Tageslicht herein strömen. Doch generell gesehen, war die Hütte relativ schlicht eingerichtet. Ein Bett stand in der hinteren rechten Ecke und ein kleines Schränkchen ein paar Schritt davon entfernt an der anderen Seite. Ansonsten gab es ziemlich viel leeren Raum mit einem staubigen, felsigen Boden, der auch nicht ganz eben war. An den Wänden hingen kleine Fackeln, die allerdings nicht leuchteten. Bei Tag war das auch ein wenig unnötig.

„Essen gibt es am Lagerfeuer. Du wirst schon merken, wenn es soweit ist. Ansonsten kannst du so viel erkunden, wie du möchtest", sagte die Frau, die sie bis gerade nur stumm bei ihrer Inspektion beobachtet hatte. Ruby nickte, woraufhin die Alte verschwand. Langsam ging sie auf das Bett zu. Es war aus Holz. Keinem zu edlen, aber trotzdem sehr stabilem. Eine dünne, aber weiche Decke war darauf gelegt. Wahrscheinlich aus Wolle selbst gestrickt. Eine weitere lag obendrüber, mit welcher man sich wohl zudecken sollte.

Still setzte sie sich darauf und betrachtete die Wand vor ihr. Versuchte einfach alles Erlebte zu verarbeiten. So saß sie dort eine Weile und dachte einfach über alles nach. Wobei man nicht wirklich über denken sprechen konnte. Ihr Kopf fühlte sich selbst dazu noch ein wenig zu leer an. Es war eher wie eine stille Pause, die sich ihr Körper nahm, um sich an die neue Situation zu gewöhnen.

Gerade als sie sich aufrappeln wollte, kam der Junge von vorhin in ihre kleine Hütte gelaufen. „Ich soll dir das geben", murmelte er alles andere als erfreut und warf ihr ein paar neue Kleider zu. „Die da", er zeigte missbilligend auf ihre zerschlissenen Anziehsachen, „sehen nicht mehr ganz so neu aus", sagte er. Ruby erwiderte nichts. Sie wusste selbst wie schäbig sie aussah, dazu brauchte sie nun definitiv nicht auch noch einen Kommentar. Er schien dies zu bemerken, es aber dennoch nicht zu bereuen.

SaghoryaWhere stories live. Discover now