Kapitel 36

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„Hast du noch etwas anderes erfahren?", fragte Ruby Ophelia gespannt.

Gleich, als sie wieder aus dem Tunnellabyrinth unten entkommen waren, hatte sie ihre neue Freundin aufgesucht, um von allem zu berichten, was sie erfahren hatte.

„Nein, wir haben das selbe gemacht. Viel mehr weiß ich auch nicht", meinte die angesprochene jedoch nur schulterzuckend.

Mittlerweile war es Abend geworden. Die Sonne hatte soeben ihre letzten Strahlen für diesen Tag vergossen. Nun spendeten Fackeln und das übliche Lagerfeuer das nötige Licht.

Ruby tastete nach ihrem Schwert. Es hing wie gewohnt über ihrem Rücken. Den Bogen hatte sie in ihrer Hütte gelassen. Nervös trippelte sie auf und ab.

„Was denkst du ist diese Gefahr?", fragte sie weiter. Doch Ophelia schien nicht so wirklich in der Laune zu sein, viel zu reden. Sie antwortete lediglich mit einem resignierten Schulterzucken und starrte dann wieder auf den Abgrund unter ihnen.

Sie hatten sich an die Kante des Felsplateaus gesetzt, an dem Ruby am morgen noch mit ihrem Lehrmeister gestanden hatte und schließlich heruntergeklettert war.

Ganz am Ende des Dorfes, am weitesten von der schützenden Mauer auf der anderen Seite entfernt saßen sie nun und ließen ihre Beine baumeln.

Ruby gab jedoch noch nicht auf. „Du musst doch irgendeine Vermutung haben", rief sie. Ophelia schwieg. „Ja, habe ich", gab sie schließlich zu.

„Weißt du von Kitteka?", fragte sie ernst. Ruby dachte nach. An irgendetwas erinnerte sie dieser Name, doch sie kam einfach nicht drauf. Klar, das war eines der drei Königreiche, aber es war noch etwas anderes.

Ruby dachte zurück an ihre Zeit in der Kriegsschule, dachte an ihre Freunde und da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Flynn. Er hatte ihr etwas erzählt. Flynn, ihr bester Freund auf der ganzen Welt.

„Sie gewinnen immer mehr an Macht", flüsterte sie erschrocken. Das war komplett aus ihrem Gedächtnis verschwunden gewesen. Wenn man auch Wochen alleine, fernab jeglicher Zivilisation unterwegs war, war das auch kein Wunder. Sie hatte nichts weiter von den seltsamen Ereignissen mitbekommen.

„Ich denke, dass die Vision damit zu tun hat. Und das muss auch mit unseren Augenfarben zusammen hängen", sagte Ophelia fest. Ruby nickte. Doch viel Zeit darüber nachzudenken bekam sie nicht mehr, denn auf einmal stand Chester hinter ihnen. Mürrisch wie immer. Er räusperte sich einmal kurz und die Mädchen drehten sich zu ihm um.

„Was ist?", fragte Ophelia sichtlich genervt. Ihre abwehrende Körperhaltung zeigte ihre Abneigung dieses Jungen gegenüber ziemlich deutlich. Wer konnte es ihr auch verübeln?

Ruby starrte ihn ebenfalls unfreundlich an. Fast schon ein wenig misstrauisch. „Wir sollen kommen", meinte er und verschwand so schnell er konnte aus ihrer Reichweite. Ruby und Ophelia sprangen auf und rasten ihm hinterher. Jetzt würden sie endlich Antworten erhalten! Naja, hoffentlich.

Nach kurzer Zeit fanden sie sich alle wieder an der Treppe wieder und kletterten mit vorsichtigen, aber flinken Schritten diese hinunter. Unten angekommen warteten schon die drei Lehrmeister und die alte Frau.

Die Lithan wurde von den drei jüngeren umringt, während Ophelia, Chester und Ruby langsam zu ihnen traten. Ein merkwürdiges Knistern erfüllte die Luft und ließ sie alle den Atem anhalten.

„Setzt euch", begann die gebeugte Frau knarzend zu sprechen. Mit einem kleinen Husten klärte sie ihren Hals und setzte sich ebenfalls ihnen gegenüber.

Die drei Lehrmeister blieben im Hintergrund und wurden sogar fast schon von den Schatten verdeckt, die vom mächtigen Fels ausgingen.

„Wir werden euch den Hauptgrund eures Daseins nun näher erläutern, doch manches ist nicht in unserer Hand.

SaghoryaTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon