Epilog

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"Papa?"

Mads hatte im gesamten Gesicht Zuckerguss verteilt. Ein paar bunte Streusel zierten seine Lippen.

"Ja?"

"Ich glaube, dieses Jahr geht mein Wunsch wirklich in Erfüllung", sagte er und leckte sich die Lippen. "Ich habe den Wunschzettel nämlich ganz allein geschrieben."

"Wirklich? Zeig mal her!"

Mads rannte los und kam mit einem zerknitterten Blatt Papier zurück. Stolz reichte es mir. Er hatte erst vor ein paar Monaten Schreiben gelernt. Doch das erste Wort war mehr als deutlich zu lesen

MAMA

Mein Herz wurde durchzogen von Rissen.

"Mads", sagte ich sanft. "Du weißt doch, dass Mama an einem Ort ist, wo sie uns zwar immer sehen, aber uns nicht besuchen kann."
Er nickte traurig.
"Ich weiß, aber der Weihnachtsmann hat doch Zauberkräfte! Und ich dachte, dass er, wenn ich es selber auf den Wunschzettel schreibe, versteht, wie wichtig es mir ist. Ich will sie wenigstens einmal kennenlernen. Ich will mit ihr reden können. Wenigstens einmal!"

Ich versuchte meine Tränen zu unterdrücken. Mads hatte nichts außer Fotos und ein paar Videos von seiner Mutter. Es gab nicht mal ein Foto, das ihn mit seiner Mutter zusammen zeigte. Wir erzählten viele Geschichten von Ilvi, doch er konnte nicht eine einzige eigene erzählten und das belastete ihn.

Ich hockte mich nach unten, sodass wir auf Augenhöhe waren. Dann nahm ich ihn in den Arm. Seitdem er eingeschult worden war, fragte er immer öfter nach seiner Mutter.

"Großer, manche Wünsche kann auch der Weihnachtsmann nicht erfüllen. Glaube mir, ich möchte auch mal wieder mit Mama reden, aber das geht nicht. Das weißt du doch. Wir haben schon so oft darüber gesprochen."
Mads ließ seinen Kopf hängen. Ich drückte ihn fest an mich und spürte, wie seine Tränen auf meine Schulter tropften.

"Ich vermisse sie auch", flüsterte ich in sein Ohr.
"Ich vermisse sie, obwohl ich sie nicht einmal kenne", kam es zurück.

Der Satz traf mich direkt ins Herz.

Ich nahm ihn an seinen zarten Schultern.

"Mads, sie hat dich über alles geliebt. Du warst neun Monate in ihrem Bauch. Glaube mir, es kann keine engere Beziehung zwischen Menschen geben, als zwischen Mutter und Kind." Es gab ein Bild, in dem Ilvi hochschwanger ihr Bauch streichelte. Mads liebte dieses Foto und hatte es auf seinem Nachtisch zu stehen. "Im Herzen kennst du sie besser, als jeder andere, denn du trägst einen Teil von ihr in dir. Verstehst du?"

Tapfer nickte er.

"Wie in Harry Potter", nuschelte er.

Ich hatte ihm gerade erst das erste Buch vorgelesen und er hatte es von Anfang gebliebt. Denn wir bei Harry Potter, hatte sich die Mutter für ihren Sohn geopfert.

"Genau", sagte ich. "Wie bei Harry Potter."

Er lächelte ein wenig. Dann berührte seine kleine Hand meine Wange. Er hatte die gleichen Augen wie seine Mutter.

"Aber immerhin habe ich einen Papa", sagte er mit so viel Liebe und Einfühlsamkeit, die man einem Siebenjährigen gar nicht zugetraut hätte. "...und muss nicht unter der Treppe schlafen", scherzte er schließlich und brachte mich damit zum Lachen.

Dann hob ich ihn zu mir hoch auf den Arm und gab ihn einen Kuss auf die Wange.

"Papa, können wir Mama ein paar Plätzchen vorbeibringen?"

"Du willst auf den Friedhof?"

"Ja! Du kannst mich auf dem Schlitten hinziehen!"
Ich hasste den Friedhof, doch ich wusste, dass es für Mads der Ort war, wo er sich seiner Mutter am nähesten fühlte.

"Natürlich! Und auf dem Rückweg halten wir noch bei Oma und Opa und bringen ihnen auch ein paar vorbei. Was hältst du davon?"
Er grinste breit.

"Ja!"

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