Kapitel 8

1K 122 6
                                    

"Wie geht es dir?", fragte Finn, als wir am Silvesterabend uns gemeinsam auf den Weg zu Frida machten. Sie hatte Ruben, Finn und mich eingeladen. Wir wollten ruhig ins neue Jahr starten.

"Ganz okay", antwortete ich ehrlich.

Es fühlte sich erstaunlich normal an, mit ihm die Straße entlang zu laufen. Ich hatte befürchtet, dass es nach unserer gemeinsamen Nacht komisch zwischen werden konnte. Doch das war nicht der Fall. An unserer Freundschaft hatte sich nichts geändert und dafür war ich mehr als dankbar. Es war, als hätte es unsere gemeinsame Nacht nie gegeben.

"Ganz okay?", fragte er ungläubig. "Komm schon, erzähl mir mehr."

Ich seufzte. Es war fast so, als würde ich mich dafür schämen, dass ich noch immer mit Basti zusammen war. Ich wollte keine Frau sein, die in einer toxischen Beziehung feststeckte. Ich wollte aber nicht meinen Partner in einer schwierigen Phase hängen lassen. Egal wie ich mich entscheiden würde, ich würde mich schlecht fühlen.

"Er hat sich entschuldigt. Es tut ihm leid und es wird nie wieder vorkommen. Er will sich im neuen Jahr auch endlich einen Therapeuten suchen."

Skeptisch ruhte Finns Blick auf mir. Er schien genau wenig Vertrauen in Basti zu haben, wie ich selbst.

"Und du glaubst ihm das?", fragte er kritisch.

Nein. Wenn ich wirklich ehrlich zu mir war, dann glaubte ich ihm gar nichts mehr. Finn bemerkte, dass ich mit meiner Antwort zögerte und schloss seine eigenen Schlüsse daraus.

"Ilvi", sagte er nun ernst. "Warum bist du denn noch mit ihm zusammen? Ich sehe doch wie unglücklich du bist. Du hast jemand besseren verdient. Wie lange willst du dich denn noch quälen?"

Er sprach Wahrheiten aus, die ich mir selbst noch nicht eingestehen konnte.

"Können wir das Thema wechseln?" Ich wollte mich heute nicht damit auseinandersetzen. Es war Silvester und ich war froh meine Freunde zu sehen und etwas abgelenkt zu sein. Sorgenvoll legte Finn seine Stirn in Falten. Er wollte ganz offensichtlich nicht das Thema wechseln.

"Bitte", flehte ich.
Er atmete tief ein.

"Okay", stimmte er schließlich zu. "Aber bitte pass auf dich auf! Und komme zu mir, wenn du Hilfe brauchst. Du musst das nicht allein durchstehen."

Als wir bei Frida ankamen, spürte ich, wie sich in mir die Anspannung ein bisschen löste. Im Kreise meiner Freunde hatte ich meine Komfortzone. Dort konnte ich meine Probleme für einen Moment vergessen. Die Drei schafften es auch in den schwierigsten Zeit mich zum Lachen zu bringen.

"Nicht so laut", mahnte Frida Ruben, als dieser voller Leidenschaft begann "Happy New Year" von Abba anzustimmen. "Olivia schläft schon!"

Ruben verdrehte die Augen, senkte jedoch trotzdem seine Stimme. Er liebte das kleine Mädchen viel zu sehr, um es mit seinem grausamen Gesang unsanft aus dem Schlaf zu holen.

Wir saßen zu viert um einen kleinen Holztisch und hatten soeben eine Runde Rummikub beendet. Man könnte wir wären alle bereits im Rentenalter.

"Hast du dir das eigentlich noch einmal mit Kopenhagen durch den Kopf gehen lassen?", fragte Finn, der zeitgleich an seinem Sekt nippte.

Rubens und Fridas Blicke schnellten sofort in meine Richtung. Ich hatte ihnen bis jetzt noch nicht von dem Angebot erzählt, das mir unterbreitet wurde.

"Was ist mit Kopenhagen?", fragte Ruben, dessen Papierhut mittlerweile schief auf seinem Kopf saß.

"Nichts ist mit Kopenhagen", stellte ich klar. "Ich hatte ein Angebot bekommen. Ich hätte das Marketing für den skandinavischen Raum übernehmen können, aber das ist unrealistisch. Ich kann im Moment hier nicht wegziehen. Ich werde es nicht annehmen."

Me and my damn LifeWhere stories live. Discover now