Kapitel 16

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Verwundert hielt ich den Umschlag in meiner Hand.

Heute war mein Einzugstag und ich hatte schon die erste Post in meinem Briefkasten. Ich sah auf den Absender.

Madeleine Grossen und Finn Heynmann

Die Namen waren mit blauer Tinte in verschnörkelter Schrift geschrieben. Ich konnte mir schon denken, was der Inhalt dieses Briefes war. Vorsichtig öffnete ich ihn und zog ein Stück Seidenpapier heraus. Ich wollte gar nicht wissen, was allein die Einladungen für diese Hochzeit gekostet hatten.

Liebe Ilvi,

hiermit laden wir dich ganz herzlichen zu unserem großen Fest der Liebe ein. Am 25. Juli wollen wir unser Ja-Wort vor Freunden und Familie besiegeln. Wir würden uns freuen, wenn du Teil dieser Feier bist. Gerne kannst du auch eine Begleitung mitbringen.

Wir freuen uns auf eine Zusage bis zum 28. Februar von dir.

Liebe Grüße

Maddie und Finn

Ich hätte den Zettel am liebsten zerrissen, in Feuer geschmissen und dabei zugesehen, wie die Glut ihn zerfrisst. Ich wollte nicht auf diese beschissene Feier gehen und mit ansehen müssen, wie Finn dieses Biest heiratete und sich ins Unglück stürzte.

Ich dachte wieder an das Gespräch mit ihm, in dem er mir von Maddies Kinderwunsch erzählt hatte. Vielleicht war ja sogar schon ein Geschwisterkind unterwegs. Ein Kind, das vermutlich immer die erste Wahl von Finn sein würde, da es geplant war. Das Baby in mir drin war schließlich das Ungeplante und Ungewollte, das durch einen One Night Stand entstanden war.

Ich ließ den Brief in meinem Einkaufsbeutel verschwinden und stieg die Treppen hinauf in meine Wohnung. Sie war bereits möbliert, sodass mein Einzug lediglich darin bestanden hatte, meine zwei Koffer nach oben zu tragen. Noch immer hatte Basti mich nicht in die Wohnung gelassen, um meine restlichen Sachen zu holen. Er hatte sogar die Schlösser ausgetauscht.

Ich legte meine Einkäufe auf meinen Esstisch und ließ mich erschöpft auf dem Stuhl daneben nieder. Die Wohnung war wunderschön. Die Küche war groß, das Bad hatte ein Fenster, die Couch war gut gepolstert, die Fenster reichten bis zum Boden und ich konnte direkt auf den Peblinge Sø schauen. Dort, wo meine Mutter als Kind immer mit uns spazieren gegangen war und wir die Enten gefüttert hatten. Es könnte alles so schön sein, wenn ich nicht so viel emotionales Gepäck mit mir mitgebracht hätte.

Das hier sollte mein Neuanfang werden.

Es fühlte sich jedoch nicht so an. Insbesondere der Mutterpass, der neben der Hochzeitseinladung lag, erinnerte mich daran, was ich auch körperlich mit mir trug.

Es klingelte an der Tür.

Mynte war wie immer auf die Minute pünktlich. Ich war froh, wenigstens meine Cousine hier zu haben. Da sie in Dänemark aufgewachsen war und ich in Deutschland, hatten wir uns zwar nicht sehr regelmäßig gesehen, doch wenn es mal der Fall gewesen war, waren wir stets wie beste Freundinnen gewesen. Mit manchen Menschen musste man nicht viel Zeit verbringen, um eine tiefe Verbundenheit zu haben.

Und genau so fühlte es sich an, als ich die Tür öffnete und wir uns in die Arme fielen. Ihre wilden braunen Locken kitzelten an meiner Wange. Wir immer roch sie nach einer frischen Blumenwiese.

"Es ist so schön dich zu sehen", begrüßte sie mich auf dänisch und sah an mir herunter. "Aber du siehst schmal aus! Alles gut bei dir?"

"Wenn du nur wüsstest", sagte ich seufzend. "Aber komm erst einmal rein!"
Sie trat in die Wohnung ein und sah sich sofort fasziniert um. Die Eingangstür führte direkt in den Wohn- und Essbereich. Einen Flur gab es leider nicht.

Me and my damn LifeWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu