Green Tea (Larry)

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„Ich hab's versucht, hab aufgegeben,
Hab drüber geredet, hab geschwiegen,
Bin feiern gewesen und Zuhause geblieben.
Hab geheult und mich wieder zusammengerissen,
Mich abgelenkt und trotzdem immer an dich gedacht."

__

"Echt?"
"Ja!"
"Das ist ja wundervoll! Wie läuft denn die Arbeit?"
"Sehr gut. Und deine Uni?"
"Im Moment mehr schlecht als recht, aber ich denk, ich komm ganz gut durch." Louis lächelte ehrlich. "Ich pflege ja die Hoffnung, dass es nach der nächsten Prüfung ein bisschen besser wird."
"Sicherlich!" Harry strahlte seinen besten Freund durch die Kamera seines Laptops an. Manchmal fragte er sich echt, was er nur ohne Skype machen würde.
Wenn man am anderen Ende der Welt wohnte oder generell so ziemlich jedes Land bereiste, während der Andere immer noch in seiner Stadt festsaß, war das mit der Kommunikation eben nicht so einfach.
"Ich wollte dir da übrigens noch was sagen ..." Harry gab sich alle Mühe, ernst zu bleiben, was seinen gewünschten Erfolg erzielte; Louis' Stirn legte sich besorgt in Falten.
"Was?", fragte er sofort nach, "Ist irgendwas passiert?"
Harry starrte grinsend auf den Boden, sodass Louis seinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. Harry murmelte irgendetwas unverständliches vor sich hin.
"Haz, was ist denn los?", wollte Louis alarmiert wissen. Er kannte doch seinen besten Freund, der plapperte doch sonst wie ein Wasserfall!
"Ich ...", setzte Harry an. Der Lockenkopf hob seinen Blick, und nun strahlte er Louis - wenn man von der räumlichen Entfernung absah - direkt ins Gesicht. "Ich komm zu Besuch."
"Du-", fing Louis völlig entsetzt an. Ihm fehlten die Worte. Es war gute fünf Monate her, dass er Harry das letzte Mal gesehen hatte. "Du ... Sag das nochmal."
Harry lächelte sein berühmtes Grübchen-Lächeln. "Du hast schon richtig gehört", grinste er, "Ich komm dich besuchen."
"Ich ..." Das Lächeln ließ sich nicht mehr von Louis' Lippen wischen. "Ich freu mich so unheimlich. Du hast mir echt so gefehlt."
"Du mir auch, Bro", erwidere Harry. Allein bei dem Wort „Bro" hätte Louis kotzen können.
"Bro ...", schoss es dem Blauäugigen durch den Kopf. Genau dieses Wort war es, was er nicht hören wollte - Es erinnerte ihn wieder daran, dass er anders als die meisten Anderen war.

Louis wahrte sein Geheimnis wie seinen Augapfel. Nicht einmal Harry hatte er davon erzählt, obwohl dieser seit knapp drei Jahren sein bester Freund war. Absolut niemand wusste davon. Es wusste einzig und allein Louis selbst.
Dieser hatte schon vor Monaten begriffen, dass ihn Jungs deutlich mehr anzogen, als Mädchen es je taten.

Louis hatte versucht, es irgendwie zu verdrängen. Er hatte es wirklich versucht, mit so ziemlich allen Mitteln.
Als Erstes dachte er, vielleicht könnte es eine Hilfe sein, seine Sorgen und Probleme in Alkohol zu ertränken. Natürlich half das nicht. Denn wie es so schön heißt: "Sie schwimmen so gut."
Als Nächstes kam er auf den Gedanken, eventuell könnte es gut für ihn sein, auf mehr Partys zu gehen und dort mit Mädchen zu tanzen.
Half auch nicht.
Irgendwie dachte sich Louis, es könnte mit Glück auch einfach nur eine Phase sein; also lenkte er sich ab. Spielte Fußball, sang, ging tanzen, machte Sport, lernte, trank, redete und schwieg am Ende doch wieder.
Er wollte die Gedanken einfach aus seinem Kopf vertreiben. Doch nichts half.
Zum Schluss kam Louis auf eine andere Idee; Er datete ein Mädchen, das in seine Uni ging. Ihr Name war Eleanor Jane Calder.
"Wenn ich es mit ihr versuche", hatte Louis sich gedacht, "wird sie mich irgendwann so glücklich machen, dass ich merke, dass ich nichts für Jungs empfinde. Dass ich ... Normal bin. Nicht schwul."
Louis schämte sich. Er schämte sich so wahnsinnig für diese ganze Scheiße.
Von all dem wusste Harry nichts. Er wusste nur, dass Louis seit etwa drei Monaten eine Freundin hatte und wie diese hieß.
Darum fragte er Louis begeistert: "Lern ich sie kennen?"
"Wen?", fragte Louis irritiert zurück. Er dachte schon wieder gar nicht mehr an Eleanor.
"Ja wen wohl?!", gaffte Harry amüsiert zurück. "Deine Freundin, du Trottel!"
"Welche Freundin?", wollte Louis zuerst fragen. Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen; er hatte ja eine!
"Ach, eh ...", stammelte er und lächelte verlegen, "Na klar, wenn sie Zeit hat."
Harry wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, da fragte Louis ihn: "Wann kommst du denn überhaupt?"
Der 19-jährige mit den strahlend grünen Augen und den süßen Grübchen antwortete schmunzelnd: "Heute in zwei Wochen."
Louis strahlte wieder übers ganze Gesicht.

One Shot - BuchWhere stories live. Discover now