8. Dezember

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Mit einem Keuchen lasse ich mich auf das rechts an der Wand stehende, der drei Betten fallen. Die Wände sind, wie auch Außen, aus Holz und auf dem Boden liegt ein cremefarbener flauschiger Teppich. Die Bettwäsche ist weiß mit kleinen grünen Tannenbäumen darauf, was mich sofort eine Spur glücklicher macht.

Wer hätte ahnen können, dass ich heute meine ganze Kraft zusammennehmen und um einen Schlafplatz rennen muss?

Ich. Ich hätte es ahnen können. Und soo wie ich Matty und meinen Dad einschätze, wird es bei dieser einen Aktion auch nicht geblieben sein, obwohl er es mir ja eigentlich geschworen hatte, nicht zu tun.

Die großen Fenster, welche direkt hinter den Betten sind, ermöglichen mir einen unglaublichen Ausblick und ich weiß jetzt schon, wie ich die meiste meiner Zeit hier verbringen werde. Abgesehen von Ski fahren, natürlich.

Mit lautem Gegröle wird die Tür, welche ich absichtlich eben hinter mit zugeworfen hatte, aufgerissen und Ryker, stürmt herein. Ohne mich zu beachten, schmeißt er sich auf das mittlere Bett und dreht sich zu Riley um, der direkt hinter ihm hineingestürzt kommt.

„Oh mein Gott, erster", ruft er und streckt Riley die Hand zu einem Fistbump aus, während ich mich, den Kopf auf die Hand gestützt, auf die Seite drehe und beide in den Blick nehme.

„Das glaube ich nicht", sage ich mit meiner gruseligsten Stimme und beobachte verzückt, wie beide gleichzeitig zusammenzucken.

Riley greift sich mit einer Hand an die Brust. „Wie hast du es vor uns die Treppe hochgeschafft? Vor uns war nur Bud."

„Bud hat mir den Rücken freigehalten." Ein Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht. Anscheinend hat es ja doch seine Vorteile klein zu sein. Vorallem, wenn hinter einem ein breitschultriger Riese die Treppe hochhechtet und sich so breit macht, dass niemand an ihm vorbeikommt.

Ryker ballt die Hand zu einer Faust. „Mist." Dann blickt er sich um. „Du musst trotzdem gehen."

„Und wieso genau sollte ich das tun?" Meine rechte Augenbraue hebt sich kaum merklich nach oben. Wie immer, wenn andere und ich uns nicht der gleichen Meinung sind, und ich ganz genau weiß, dass ich recht habe.

„Nun ja", seine Hand zeigt präsentierend durch den Raum, „ich sehe hier niemand anderen, der dich unterstützen könnte. Und wir sind in der Überzahl."

„Ist das so?", frage ich mit einem ironischen Unterton und beiße mir kurz auf meine Unterlippe, um nicht laut loszulachen.

Ryker richtet sich auf und setzt sich dann auf die Bettkante des mittleren Bettes. „Ja kleine Poulin. So ist das."

„Ich dachte immer drei ist mehr als zwei", ertönt es von der Tür her, in welcher meine Schwestern erschienen sind. Gerade noch rechtzeitig. In solchen Fällen kann ich mich immer auf sie verlassen.

Mit einem siegessicheren Grinsen betreten sie auch den Raum. Mit einer Hand hält Bayley die Türe offen und bedeutet den beiden Jungs mit einem Kopfnicken ganz schnell zu verschwinden.

Missmürrisch rückt Ryker seine schwarze Kappe wieder zurecht und streicht nach dem Aufstehen tatsächlich noch einmal über die Bettdecke, um seine Spuren zu beseitigen. Mit zusammengekniffenen Augen sieht er uns alle nach einander an.

„Jetzt komm", sagt Riley und zieht ihm am Arm, „bevor alle anderen guten Zimmer schon weg sind."

Über die Schulter hinweg sieht Ryker mich noch einmal böse an und ich kann einfach nicht anders, als ihm die Zunge herauszustrecken.

Kaum ist die Tür ins Schloss gefallen, fangen Kaylie, Bayley und ich lauthals loszulachen.

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„Nein, du musst den Schnee feste zusammenpressen", erklärt mir Kaylie, als wäre ich ein kleines unerfahrenes Kind und drückt mir ihren kleinen Anfangsschneeball in die Hand. „So und jetzt musst du den durch den Schnee -"

„Kaylie. Ich weiß das. Ich habe schon Schneemänner gebaut, da hast du nicht einmal gewusst, was Schnee ist."

Mit einem ironischen Lächeln sieht sie mich an und legt dabei ihren Kopf schief. „Spiel bloß nicht die „ich bin älter"-Karte. Du hast es einfach nicht drauf irgendwelche Schneemänner zu bauen."

„Wer hat dir nur beigebracht so gemein zu sein", rufe ich gespielt verletzt und wische mir eine imaginäre Träne weg.

Ihre braunen Augen blinzeln schelmisch auf. „Ich habe einfach von der besten gelernt."

Ich knie mich wieder in den Schnee und drücke die Kugel, die sie mir gegeben hat, fest gegen die weiche Oberfläche. Eigentlich ist der Schnee perfekt um einen Schneemann zu bauen, aber jedes Mal wenn ich eine halbwegs gute Kugel geformt habe, bricht sie auseinander.

Laute Rufe dringen vom Hügel herab zu uns hinauf und ich sehe neugierig zu den Jungs, die schon seit mehreren Stunden damit beschäftigt sind, eine freie und halbwegs gerade Fläche freizuschaufeln. Schon gestern Abend hatten sie beim Abendessen angeregt darüber diskutiert, wie sie es hinbekommen könnten, dieses Jahr die perfekte Eisfläche zu schaffen, was sie also offensichtlich nicht das erste Mal hier gemacht hatten.

Dass es an Schlittschuhen und Ice Hockey Ausrüstung nicht fehlen würde hatte ich schon bemerkt, als die Autos ausgeräumt wurden und das Auto, mit welchem die Brodynjungs hergefahren waren , nur so damit vollgestopft waren. Ob sie auch andere Kleidungsstücke dabei hatten, konnte man jetzt so stehen lassen.

„Die Ecke ist noch nicht ganz gerade", schreit Hovan und zieht an der riesigen Plane, die sie aus den Tiefen des Hüttenkellers herausgeholt hatten.

„Ja, die hier auch nicht", schreit Bud zurück und zerrt an der anderen Seite.

„Die zerreißen die nachher noch", kommt es von Kaylie, die plötzlich, auf eine riesige Schneekugel gelehnt, neben mir auftaucht.

Verwirrt sehe ich mich um und dann auf die winzige Kugel in meinen Händen. „Wie hast du die jetzt so schnell hinbekommen?"

„Ich kanns halt."

Lachend rappele ich mich auf und setze die handgroße Kugel auf ihre große. „Das ist jetzt zwar nicht so proportional, aber egal."

Aus der Jackentasche ziehe ich eine Möhre und zwei Walnüsse, die ich von drinnen mitgebracht habe. Die Nüsse gebe ich Kaylie, damit sie diese als Augen einsetzen kann und die Möhre drücke ich selbst vorsichtig fest.

Ich trete ein paar Schritte zurück und betrachte zufrieden unser Werk. Kaylie tritt neben mich und legt mir einen Arm um die Schulter. „Sehr schön."

Mit dem Daumen zeigt sie runter zu den anderen. „Vielleicht sollten wir denen mal ein wenig helfen gehen. Die Plane kriegen die doch in drei Stunden noch nicht faltenfrei hin."

Noch 16 Tage bis Weihnachten.

Silent Sparkle - Adventskalender 2021Where stories live. Discover now