22. Dezember

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Mit einer Hand auf dem Bauch lehne ich mich zurück und schließe kurz die Augen, als ich das kühle Glas mit dem stillen Wasser an meine Lippen hebe und daraus trinke.

Mein Magen ist viel voll und als Mom mir zwischen dem Stimmengewirr am Tisch einen fragenden Blick zu wirft, ob ich nicht vielleicht auch von ihrem Dessert probieren möchte, schüttele ich fast ein wenig zu dramatisch den Kopf. Aber der Gedanke jetzt noch etwas zu mir zu nehmen, lässt es mir fast wieder hochkommen.

Auch wenn ich keine Ahnung hatte wie Matty und Helen es hinbekommen hatten, dass wir zwei Tage vor Weihnachten in einem Restaurant einen Tisch bekommen haben, obwohl hier anscheinend so ziemlich jeder im Umkreis von 20 km Apré Ski und Weihnachtsfeiern genießt.

„Uff", stöhne ich leicht auf und drücke meinen Rücken durch, um eine wenigstens halbwegs annehmbare Haltung einzunehmen.

„Wie war deine crème brûlée?", fragt Ryker, der aus einem mir fast unerklärlichen Grund neben mir Platz genommen, aber dann kaum ein Wort mit mir gewechselt hatte. Aus diesem Grund hatte ich mich ein wenig mehr in Richtung Hovans, auf meiner anderen Seite, gewendet, und die letzten zwei Stunden dort mit ihm gequatscht.

Ich sehe über meine Schulter und stelle meine Beine, die in einer weiten dunkelgrünen Jeans stecken, auf dem schwarzen Fliesenboden ab. „Uhm. Gut."

Kurz werfe ich einen Blick auf die Reste seines Desserts, die ich absolut nicht identifizieren kann und zeige darauf. „Und wie war dein Dessert?"

„Sehr gut", grinst er und demonstriert einen den Chef's kiss.

Meine Mundwinkel ziehen sich nach oben und ich betrachte sein Profil im schummrigen Licht des Restaurants, das eigentlich nur die Straße runter von der Holzhütte der Brodyns entfernt ist.

Rykers dunkle Augenbrauen ziehen sich leicht zusammen, als er mich angrinst, wobei seine weißen Zähne leicht aufblitzen und seinen Arm, auf die Armlehne seines Stuhles legt, um sich ein wenig in meine Richtung zu lehnen.

Unbewusst, aber auch ein kleines bisschen bewusst, reibe ich meine Ober- und Unterlippe zusammen, damit sich der Labello, den ich gerade eben aufgetragen hatte, richtig verteilt und lehne meinen Kopf gegen meine Faust, deren dazugehöriger Ellenbogen auf dem Tisch aufgestellt ist.

„Willst du das nicht mehr essen?", fragt er und hat die eine Hand schon nach den übrig gebliebenen Pommes ausgestreckt, die auf meinem Teller liegen.

Entgeistert folge ich mit meinem Blick seiner Hand und sehe dabei zu, wie er sich genüsslich drei Pommes gleichzeitig in den weit geöffneten Mund schiebt.

„Wie kannst du jetzt noch essen?", stößt es aus mir heraus, und zeige auf die Teller, ja Teller, die vor ihm stehen. „Du hattest doch schon mehrere Hauptgänge."

Ryker zieht seine breiten Schultern unter dunkelblauen Kapuzenpullover nach oben, und schüttelt den Kopf mit den braunen Haaren, die von der Kappe ganz platt gedrückt sind.Helen hatte ihn gezwungen seine Kappe auszuziehen, nachdem sie mir alle ausdrücklich erlaubt hatten, weiterhin meine Weihnachtsmütze zu tragen, die ich tatsächlich schon den ganzen Tag trug. Das der Grund dafür vielleicht auch ungewaschene Haare waren, musste ja niemand wissen, denn die Weihnachtsstimmung, die immer weiter in mir wuchs, wurde durch die Weihnachtsmütze nur noch weiter unterstützt.

„Ich muss Masse aufbauen."

„Masse?" Belustigt piekse ich ihm mit meinem Fingernagel in den Oberarm, der sich ziemlich fest anfühlt. „Wo genau brauchst du noch Masse? Bist du jetzt ein Sumoringer?"

Seine grünen Augen blitzen kurz auf und er nimmt mit seiner Hand, meine und drückt sie so gegen seinen Oberarm. Obwohl ich damit gerechnet hätte, dass die Hände eines Eishockeyspielers nicht wirklich weich wären, sind sie tatsächlicherweise weicher als die Rauheit die ich erwartet hatte.

„Fühlst du das? Ich brauche mehr Muskeln in den Armen."

Leicht quetsche ich seinen Arm zwischen meinen Fingern und schüttele prustend den Kopf. „Mehr Muskeln? Tut mir Leid Hulk, aber wenn du noch mehr Muskeln bekommst, dann passe deine Jerseys nicht mehr."

Fast, als hätte ich ihm ein Kompliment gegeben, reckt er seine Brust ein bisschen mehr raus, als benötigt. „Jetzt wo du es sagst."

Meine Nase kräuselt sich leicht, als ich grinsend mein Gesicht verziehe und meine Hand dann wieder sinken lasse, woraufhin seine Hand und auch das minimale Kribbeln von mir abfallen. „Übrigens. Warum sind deine Hände so weich?"

„Das kann ich dir beantworten", unterbricht Bayley unser Gespräch, welchem sie anscheinend schon etwas länger gefolgt hat, „Monsieur hat meine zweite Handcreme im Bad entdeckt und benutzt sie seit Tagen."

„Moi?", ruft er gespielt entzürnt und auf frischer Tat ertappt aus, und zeigt mit seinem Finger auf sich.

Bayley lacht auf und nickt dann bestimmt. „Ja. Der Inhalt der Tube wird nämlich rasant kleiner."

-

„Ich glaube die passt nicht so richtig", kommt es von Kaylie, welche sich in einen Kindereishockeybrustpanzer gequetscht hat und kaum ihre Arme bewegen kann, was mich prustend auf dem Treppenabsatz hinsetzen lässt.

„Oh Gott, wo ist mein Handy? Ich brauche ein Bild davon", rufe ich aus und bemerke im selben Moment, dass ich es oben neben dem Bett liegen habe lassen, weil ich vor fünf Minuten beschlossen hatte, dass ich vielleicht den späten Nachmittag noch mit meiner Familie verbringen sollte.

„Ich mach das schon." Riley zieht sein flaches Handy aus der Tasche und macht ein Bild von Kaylie, die sogar extra posiert und wild ihre Haare in der Gegend herumwirft, damit wir auch ja ein super tolles Bild von ihr bekommen.

„Super, gib uns den Blick", rufe ich und lege meine Hände so um meinen Mund, dass es noch lauter klingt.

Riley grinst und zeigt mir die Bilder dann. „Ich schick sie dir. Wenn sie alt genug ist, wird sie sich bestimmt voll über die freuen."

Nickend beobachte ich Kaylie dabei, wie sie sichtlich kämpfend versucht sich von dem Brustpanzer zu befreien und lege dann meinen Kopf leicht schief. „Du hast meine Nummer doch gar nicht."

„Ach", winkt er ab und zeigt dann mit dem Daumen hinter sich zu Ryker, der im Wohnzimmer auf dem Boden sitzt und Brustpanzer, Handschuhe und restliche Eishockeyausrüstung sortiert, „ich frage einfach Ryker. Der hat die ja."

Verwirrt ziehe ich meine Augenbraue hoch. „Warum sollte Ryker meine Handynummer haben?"

„Nicht? Er starrt aber immer dein Profilbild an."

Kurz kneife ich meine Augen zusammen, fange dann aber an zu lachen, als ich mich mit der rechten Hand am Treppengeländer festhalte, und mich dann selbst auf die Füße ziehe. „Ach halt den Mund Riley. Ich muss jetzt meine Eishockeyausrüstung zusammensuchen. Also shh."

„Hier bitte, der sollte passen", sagt Ryker und hält mir einen Brustpanzer hin, den ich sofort über meinen dünnen weißen Pullover ziehe.

„Hilfe", bringe ich heraus und beobachte wie Ryker, Kaylie und Riley sich lachend fast auf dem Boden kringeln, als sie bemerken, dass mein Kopf fast von den breiten Schulterteilen umrandet wird, „ich glaube der passt doch nicht."



Noch 2 Tage bis Weihnachten.

Silent Sparkle - Adventskalender 2021Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang