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Er ließ mich nach weiteren störenden Sekunden los. Seine nähe fühlte sich ungewöhnlich und eigenartig an. Ich war diese nähe nicht gewohnt. Schon gar nicht von Carlson. Er bemerkte meine in die Gegend blickenden Augen, bevor er meinen Mund freigab und sich wieder seinem Jeep wandte.

Kurz räusperte er sich. Still beobachtete ich ihn. Was ging bloß in seinem Kopf vor und vor allem, warum die plötzlich aufkommende Nähe?
Sein Ohr war rot angelaufen. Schämte er sich?
"Lass mich mal."
Endlich blickte er wieder zu mir. Seine Hand griff nach meiner. Nochmal begann mein Herz zu stolpern. In Trance und von dem unbekannten Gefühl das Carlson verursachte, versuchte ich mir einzureden, dass er nichts machte und ich die Berührung halluzinierte.

"Dir ist kalt."
Schlagartig ließ er meine Hand los und betätigte irgendwelche Knöpfe auf dem Armaturenbrett. Eine kalte Luft strömte mir entgegen.
"Der Motor braucht noch um auf Betriebstemperatur zu kommen.", kam die Erklärung.
Ich nickte ihm zu. Ich hatte keine Ahnung wovon er sprach, aber ich schätzte es stimmte. Meine Hand schlich sich zum Gurt. Ich wusste nicht, wie sicher der Typ fuhr.

Der Jeep rüttelte bei unebener Fahrbahn. Zu meiner Überraschung wurde mir langsam warm. Vor allem unter meinem Hintern und meinem unterem Rückenbereich.
Wohlig kuschelte ich mich in den Sitz. Er fuhr nicht gerade schnell, sondern ziemlich angenehm. Verwunderlich, vor allem wenn er erst vor kurzem sein Führerschein bekommmen hatte. Waren Typen nicht immer Rebellen?

Wieder griff seine Hand nach meiner.
Sobald er bemerkt hatte, dass mir warm genug war, ließ er sie wieder los. Ich hatte keine Kraft mehr es zu hinterfragen, dafür genoss ich aber die wunderschönen vorbeirauschenden Landschaften. Generell liebte ich den Herbst, samt den knallig gelben Blättern. Eine Ruhe lag in der Luft, die mich müde machte.

"Schläft du mir jetzt weg?" Ich riss meine Augen auf. Stimmt, ich saß neben Carlson.
"Die Menschen werden sich noch denken, ich hätte dir Schlafmittel unter gejubelt."
Wieso glaubte ich ihm aufs Wort?
Um weiteren Stress mit ihm zu meiden, richtete ich mich wieder im Sitz auf.
Langsam kamen unsere Häuser in Sicht und mir fiel wieder der Grund für die Fahrt Nach Hause ein.

Dummer Carlson, sprach ich Gedanklich aus.

"Das habe ich gehört.", zischte er durch zusammengebissenen Zähnen. Ich beließ es dabei. Es war verdammt nochmal alles seine Schuld! Ich war nunmal wütend darüber. Wie sollte ich das jetzt meinen Eltern erklären?
Während ich in meinen Gedanken vertieft war, parkte sich Carlson in seine Einfahrt ein. Wie immer sah es viel zu einfach aus.
Er schaltete den Jeep aus und gab mir unverständliche Blicke.
"Brsuchst du eine extra Einladung? Steig aus!"
Ich seufzte und verdrehte meine Augen. War ja klar, dass so etwas kam.

Zaghaft blickte ich zur Seite der Beifahrertür. Mein Kopf schoss hoch zu meinem Fenster. Es war wirklich sehr gut gelegen, um auf seine Einfahrt zu blicken. Ich betätigte den Gurt. Es lockerte sich, bevor ich von der Wärme des Autos in die frische Luft trat.
Wie zu erwarten, hatte es meine Mutter aus ihrem Home-Office Quartier mitbekommen.
"Was ist passiert?", ihr Stimme versagt als sie meinen Körper herab tastete, um zu schauen ob irgendwelche Verletzungen zu sehen waren.

"Mom.", zog ich meinen Kopf zur Seite. Sie war gerade dabei mein Gesicht zu studieren.
"Mir geht es gut!", unterstrich ich die Aussage mit einem Kopfnicken.
"Sie wurde nur suspendiert.", Carlson mischte sich dummerweise aus heiterem Himmel ein.
"WAS?"

Carlson! ermahnte ich ihn durch die Gedankenverbindung.

Langsam mag ich meinen Namen immer mehr, grinste er Augenbrauenwackelnd zurück. Dieser kindische Vollidiot.

"Supsendiert?", wurde der angewandte Ton meiner Mutter höher. Sie war in Rage. Ich verstand es, aber ich war unschuldig. Dank dem Vollidioten.
"Du wurdest suspendiert!", wiederholte sie sich.
"Für wie lange?"
"Für eine Woche.", antwortete wieder der sorgenvolle Beta für mich.

CARLSON! imitierte er mit seiner Stimme in meinem Kopf, meine nach.

"Warum?"
Weiterhin lagen meine zusammen gekniffenen Augen auf Carlson.
"Hör auf ihn an zu starren! Er ist dein Beta.", ermahnte mich meine Mutter.
"Es war seine Schuld, dass ich suspendiert wurde.", betonte ich, dabei zeigte meine flache Hand in Carlson's Richtung.
"Hör auf ihn zu beschuldigen. Er ist dein Beta. Er beschützt dich. Wie kommst du auf so eine absurde Ausrede?" Meine Kinnlade fiel. Die Welt hatte sich anscheinend gegen mich verschworen.

"Mutter, ich lüge dich nicht an. Er hat etwas behauptet-"
"Pst... Hör auf so einen Blödsinn zu reden und entschuldige dich bei ihm!"
Ich glaube ich träumte. Hat sie das tatsächlich verlangt? Ein Blinzeln reichte. Sie hatte es.
"Clementine!", sie ermahnte mich mit einem wütenden Gesichtsausdruck.

Ich warte, hörte ich ihn wieder in meine Kopf.

Natürlich wartete er. Er hatte ja nichts gemacht. Ich war diejenige die verflucht war. Ich gab es auf. Es hatte keinen Sinn sich da reinzusteigern. Der Beta gewann immer.

"Es tut mir leid, ich habe überreagiert." Seine Mundwinkel fielen. Die Entschuldigung reichte ihm anscheinend nicht aus.

Warum hast du das gemacht?

Wollte mich der Typ jetzt verarschen? Ich blockte ihn aus der Verbindung. Das reichte für heute.
"Clementine.", flüsterte er meinen Namen. Ich schüttelte bloß meinen Kopf.
"Warte nur, bis dein Vater nach Hause kommt. Das gibt Ärger, mein Engel.", nervte meine Mutter weiter.
Zumindest war ich noch ihr Engel...

Beta's nerdy enemyWhere stories live. Discover now