Kapitel 29

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Snape schaute mit einer hochgezogenen Augenbraue auf Harry hinab. Wie gerne wäre er im Erdboden versunken. So wie er aussah, gefesselt auf dem Boden liegend und dazu noch mit zahlreichen Tränenspuren, die seinen Wangen zierten, gab Harry ein wirklich jämmerliches Bild ab. Was würde Snape dazu sagen? Und schlimmer noch, wie sollte Harry dies erklären? Eine Erklärung musste auf jeden Fall her und zwar schnell. Snape war jemand, der sofort eine Antwort verlangte und nur, weil dieser ihn nun weniger hassend behandelte, war Snapes Geduldsfaden bestimmt keinesfalls länger geworden.

Während Harry in seinen Gedanken versunken war, merkte man Snape einen Hauch Ungeduld an, was gewiss wegen Harrys Schweigen geschah. So in seinen Gedanken vertieft, bekam Harry gar nicht mit, wie sich seine Fesseln lösten und ins Nichts verschwanden. Erst Snapes Stimme durchbrach seinen tiefen Gedankengang: ,,Haben Sie nichts dazu zu sagen, Potter?'', Harry hätte fast gelacht, wäre es nicht Snape der vor ihm stand. Wie sollte er denn Sprechen, er war doch gewissermaßen stumm gestellt. Deshalb hoffte er sein Blick würde Snape dies zeigen. Wie des Öfteren schien Snapes Blick ihn zu durchbohren, und zusammen mit dem Fakt, dass dieser seinen Zauberstab auf ihn richtete, fing er wieder mal an zu zittern. Doch nur Sekunden später fühlte es sich an, als ob ein Mantel, der ihn zuvor umgeben hatte, nun verschwand. ,,Nun, Mr. Potter...'', erklang Snapes ölige Stimme.

,,Ähm, irgendwie hatte ich mich hier eingesperrt'', versuchte Harry mit schwacher Stimme sich herauszureden, doch selbst ihm kam dieser Versuch kläglich vor. Snape schien dies wohl auch zu denken, denn es war, als ob dessen Augenbrauen beinahe in seinem Haaransatz verschwanden: ,,Gefesselt und mit einem Schweige-Zauber belegt?'', Harry brachte nichts weiteres als ein zaghaftes Nicken zustande. Seinen Lehrer war dies anscheinend aber nicht Antwort genug: ,,Denken Sie wirklich ich wäre dumm genug, Ihnen diese jämmerliche Ausrede zu glauben!'', antwortete er barsch auf Harrys Nicken.

Dumm, nein, einschüchternd, auf jeden Fall. Doch Harry schaute daraufhin nur unsicher auf den Boden. Er konnte Snape nicht die Wahrheit sagen, dann wäre er nicht nur ein vermeintlicher dunkler Zauberer, sondern auch noch eine Petze. Er musste seinen Mitschülern nicht noch einen Grund geben ihn zu hassen. Doch Snape schien nun wirklich seine Geduld verloren zu haben und zog Harry ruckartig auf seine Beine. Durch die Stunden des Liegens waren seine Beine eingeschlafen und knickten sofort ein. Snape packte seinen Arm, ansonsten wäre Harry vornüber hingefallen. ,,Kommen Sie!'', war das Einzige was Snape von sich gab, als er Harry hinterherzog. Wo brachte Snape ihn denn nun hin, zu Dumbledore etwa? Na, hoffentlich nicht, dachte Harry bittend. Doch nur wenige Minuten später wusste Harry, dass sie in den Kerkern sein mussten, diese Kälte würde er überall wiedererkennen. Als sie vor Snapes Büro angekommen waren, wusste selbst Harry auf was dies hinauslaufen würde. Und zwar auf ein Gespräch...

Als sie in den Raum eintraten, verfrachtete Snape, Harry auf einen naheliegenden Stuhl und machte sich an einem alten Holzschrank zu schaffen. Auf Harrys Schläfe bildeten sich schon Schweißtropfen, würde Snape versuchen Harry mit einem Zaubertrank zum Reden zu bringen? Selbst wenn, er würde ihn nicht ohne weiteres trinken, dachte er stur. Als Snape wieder auf ihn zukam, war er schon auf das schlimmste gefasst, doch zu seinem Erstaunen gab Snape ihm einen Behälter mit einer grünlichen Paste. Harry war vollkommen perplex und begutachtete die Paste als wäre es Alienschleim, die Farbe passte schon mal. Snape gab darauf nur ein höhnisches Schnauben von sich: ,,Schauen Sie nicht so dumm, wenn ich Sie vergiften wollte, dann bestimmt nicht damit! Dafür gäbe es doch viel besseres'', auf Snapes Gesicht breitete sich so etwas, wie ein schiefes Grinsen aus. War das etwa Snapes Art lustig zu sein? Harry fühlte sich nicht im geringsten beruhigt. Der Gedanke, dass Snape noch viel schlimmeres mit ihm anstellen könnte, machte ihn eher noch nervöser. Snape verdrehte auf Harrys Reaktion hin nur die Augen: ,,Es ist eine Wundsalbe Potter! Tragen Sie sie auf oder ich mache es!'', Snapes Drohung, verfehlte nicht sein Ziel und nur Sekunden später schmierte sich Harry hastig die Salbe auf seine Wunde, die sich auf seiner Wange befand. Anfangs brennte seine Wange leicht, doch dann kam es ihm so vor, als ob jemand ein Kühlkissen darauf gelegt hätte und der Schmerz verschwand. Harry atmete erleichtert aus und entspannte sich etwas.

Der Pfad eines GryffindorsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt