Kapitel 22.2

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Haylee Ich hatte so gut es ging versucht dem Prinzen aus dem Weg zu gehen, da ich nicht wusste, wie ich ihm entgegenkommen sollte, nachdem, was gestern passiert war. Ich lief um den Tisch herum, den Blick auf die Schildchen gerichtet, die verrieten, wer dort saß. Ich fand meinen Platz genau am anderen Ende der Tafel, am wohl weitesten entfernten Punkt von Madelyn. Ich warf ihr einen kurzen Blick zu, den sie mit einem hilflosen Blick erwiderte. Sie nickte kaum merklich zu ihrem Gegenüber. Anthony. Ich verzog mein Gesicht, versuchte mein Grinsen zu verbergen, aber es wollte mir nicht so recht gelingen. Dieses Grinsen sollte aber nicht lange anhalten. Denn als ich mich gerade hinsetzen wollte griff eine große, männliche Hand, die mit vielen silbernen Ringen besetzt war nach dem Stuhl direkt neben mir. „Guten Tag, Miss Johnson", die raue Stimme des Prinzen erklang hinter mir. „Mein Prinz", ich deutete eine leichte Verbeugung an und versuchte zu lächeln. Hathaway grinste aufgrund meiner Worte und öffnete den Mund, wollte offensichtlich etwas erwidern, aber die Königin nahm plötzlich an unserem Ende der Tafel Platz. Sein Lächeln gefror augenblicklich und er schloss seinen Mund. Dieser Reaktion nach zu urteilen, verstand er sich nicht sonderlich mit der Königin. Meinem Wissen nach, seiner Tante. Ich sah betreten auf meinen Teller und spürte die neugierigen Blicke der Königin auf mir und dem Prinzen ruhen, als jemand gegen sein Glas schlug und uns aus der unangenehmen Situation rettete. Es stellte sich heraus, dass es Miss Bridgerton, die Mutter von der Braut war, die jetzt die Stimme erhob, um den Anwesenden für ihr Kommen zu danken. Ich tat, als würde ich den Worten der Frau gespannt lauschen, aber in Wirklichkeit hatte sich all meine Aufmerksamkeit auf meinen Sitznachbarn neben mir gerichtet. Selbst ohne nach links zusehen, spürte ich die Anwesenheit des Prinzen. Es war, als würde jede Zelle in meinem Körper nur auf ihn achten. Als wäre nichts anderes mehr wichtig. Plötzlich riss mich lautes Gelächter aus meiner Trance. Anthony und Maddy sahen sich an und lachten aus vollem Herzen. Ein Grinsen umspielte meine Mundwinkel bei ihrem Anblick. Das Bild, das sich mir ergab: Meine Freundin, mit einem echten und zufriedenen Lachen im Gesicht. Auch wenn ich Anthony nicht sonderlich mochte, so war ich doch froh, dass meine beste Freundin einen Mann gefunden hatte, der sie so liebte, wie er es tat. Denn in diesem Moment konnte mir niemand erzählen, dass zwischen den Beiden reine Freundschaft herrschte. Für einen winzigen Moment sehnte ich mich danach auch nur annähernd mit jemandem eine solche Beziehung zu haben.

Dann begannen alle mit dem Essen. Und wieder wurde mir die Präsenz des Prinzen allzu bewusst. Das ganze Essen über warfen wir uns flüchtige Blicke zu und immer wieder streiften sich unsere Arme ‚ganz zufällig'. Meine Haut schien in Flammen zu stehen. Ich tastete unter dem Tisch nach seiner Hand. Der prüfende Blick der Königin, der ununterbrochen auf uns zu liegen schien, machte mich unglaublich nervös und vermittelte mir das Gefühl, sie wusste etwas. Erst als ich die Hand des Prinzen fand und sich unsere Finger wie aufeinander abgestimmt miteinander verschränkten, fiel die Anspannung von mir ab. Als wüsste sie genau, was wir gerade getan hatten, begann die Frau zu lächeln. Hathaway drückte sanft meine Hand, wodurch alle Sorgen, die sich an die Oberfläche drängen wollten mit einem Mal verschwanden und durch eine angenehme Wärme ersetzt wurden.

Nach dem alle gegessen hatten und aufgestanden waren war ich mit dem Prinzen nach draußen gegangen. Er räusperte sich und ich hatte das Gefühl, er wollte etwas Ernstes mit mir besprechen. „Ich werde jetzt nicht groß drum herumreden. Ich mache es kurz: Ich feuere sie", ohne jegliche Emotion in Stimme oder Gesichtsausdruck blickte er mich an. Mein Lächeln bröckelte langsam von meinem Gesicht. „Wie bitte?", ich legte meinen Kopf schief, als hätte ich ihn nicht richtig verstanden. Als würde diese Frage irgendetwas an der Situation ändern. „Ich denke sie haben mich verstanden", sagte er leise, aber mit fester Stimme. Als würde er mir klar machen wollen, dass er jetzt keine Diskussion beginnen wollte. „Warum?", fragte ich kalt. Die Enttäuschung in meiner Stimme war nicht zu überhören und ein seltsamer Druck legte sich auf meine Kehle. Ich schluckte und sah ihn abwartend an. „Ich kann mein Geschäft nicht wegen einem Mädchen gefährden, das das Bedürfnis verspürt auf eigenen Beinen zu stehen" Seine Worte trafen mich mitten ins Herz. Genau dorthin wo es mir am Meisten weh tat. Ich biss meine Zähne zusammen. Wie konnte er nur? Ich dachte zwischen uns wäre mehr als nur... das! Was war es überhaupt gewesen? Geschäftspartner? Freunde? Oder mehr? „War ich nicht gut genug bei den Aufträgen?", zischte ich verbissen. Die wenigen Aufträge, die er mir hin und wieder gegeben hatte, hatte ich immer schnell und präzise ausgeführt. Ohne jegliche Fehler. Und ich hatte seinem Gesicht ansehen können, dass er Stolz gewesen war. Oder zumindest etwas in der Art... „Ja", antwortete er mir und ich ohrfeigte mich innerlich. „Und was sollte das vorhin sein? Während dem Essen? War das alles gespielt? Wollten sie mich damit erniedrigen? Mir Beweisen, dass sie nach wie vor über mir stehen? Was...? Ich verstehe nicht!", aufgebracht blickte ich ihn an. Hoffte er würde etwas sagen, dass in meinen Augen sinnvoll oder nachvollziehbar war, weshalb er mich so von sich stieß. „Das werden sie auch nicht", seine dunklen Augen glitzerten im Licht der Nachmittagssonne. Etwas versetzte meinem Herzen einen gewaltigen Stich und ich spürte, wie meine Augen feucht wurden. „Ich hasse sie", sagte ich und fuhr ich mir verzweifelt durch die Haare. „Ich wünschte, wir wären uns nie begegnet!" Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus, ohne dass ich über dessen Bedeutung groß nachdachte. In diesem Moment erschienen sie mir als zutreffend. Als passend. Doch wäre es das was ich wollte?

Twisted Love (Bridgerton ff)Where stories live. Discover now