Kapitel 15

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Haylee „Au, nicht so fest!", ich schnaufte und versuchte das Korsett zu lockern, welches die Bedienstete gerade zuschnürte. „Entschuldigung, Miss, aber das gehört so" „Sicher!", ich verdrehte die Augen und sog scharf Luft durch die Zähne ein. Sie band das Korsett zu und steckte mich in das Kleid, das ich mir extra für die Tee-Party hatte schneidern lassen. Es reichte bis zur Mitte meiner Schienbeine und war aus grauem Stoff. Jetzt befestigte die Zofe ein weiteres schwarzes Korsett- weiß Gott wozu das jetzt wieder gut war- an mir, sodass es außen sichtbar war und band einen ebenfalls schwarzen Überrock daran fest. Kritisch betrachtete mich im Spiegel und streifte meine Spitzen-Handschuhe über. Meine Haare kämmte ich lediglich kurz und verschwand dann so schnell es ging. Auf dem Weg in der Kutsche versuchte ich einen einigermaßen glücklichen und zufriedenen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Die Landschaft streifte vor meinem Fenster vorbei und ich sah gelangweilt hindurch.

„Miss Johnson", man öffnete mir die Tür und ich stieg aus, die helfende Hand, die mir vom Kutscher angeboten wurde, ignorierend. Ich drückte ihm etwas Geld in die Hand und sagte, er solle verschwinden. Er räusperte sich unangenehm berührt und ging. Ich steuerte auf das Gebäude zu, ging die Stufen nach oben und klopfte an die große hölzerne Tür. Ich vernahm Schritte, die sich näherten. Dann wurde die Tür aufgerissen und Simon Bassett stand vor mir. Mir fiel unser seltsames erstes Aufeinandertreffen ein und ich begann unwillkürlich zu grinsen. Auch dem Duke schien mein Gesicht bekannt vorzukommen, denn er kniff nachdenklich die Augen zusammen und legte den Kopf schief. Vielleicht stellte er sich mich gerade in meinem Bauernkleid vor, damit er sicher war, dass ich es bin.

Und als hätte er eine Erleuchtung gehabt, erhellte sich sein Gesicht mit Erkenntnis. „Sie? Was wollen sie denn hier?", fragte er etwas barsch. „Ich schätze man hat mich auf eine Tee Party eingeladen. Ich bin doch richtig, nicht wahr?", ich setzte ein Lächeln auf, das trotz meiner Bemühung vermutlich sehr angepisst aussah. „Ja, das sind sie", nach kurzem Zögern fügte er hinzu: „Sie waren das beim Box Club, nicht wahr?" Ich nickte kühl. „Darf ich fragen, was sie dort als Bäuerin zu suchen hatten", es war klar, dass diese Frage früher oder später aufkommen würde. „Ja, natürlich dürfen sie fragen", ich lächelte zuckersüß und wurde dann auf einen Schlag wieder ernst. „Wo ist jetzt die Party?" Ich hörte hastige Schritte. „Simon! Verpiss dich von der Tür! Ich hab dir schon dutzende Male gesagt, dass das meine Gäste sind!" Madelyn. Ich verkniff mir ein schadenfrohes Lachen. Dass jemand so mit einem Duke sprach, hatte ich bisher noch nie erlebt. „Herzlich willkommen", sie begrüßte mich mit einem warmen Grinsen, bevor sie sich wieder ihrem Bruder zuwandte und schnauzte: „Geh endlich! Du bist nicht eingeladen! Niemand will dich hier" Er griff sich gespielt betroffen an die Brust und begann zu lachen. „Schon gut, schon gut, du musst nicht gleich so freundlich werden" Sie verdrehte die Augen und schubste ihn von der Tür weg, sodass ich nur noch sie sah. „Kommen sie doch rein, wir haben bereits ein paar Gäste im Garten" Sie führte mich durch die Halle und zu einer kleinen Tür. Hinter dieser lag der von einer hohen Hecke umzäunter Garten, der recht schön dekoriert war. Es standen mehrere runde Tischchen auf dem gut gepflegten Rasen, um die pro Tisch vier Stühle standen. Viele Tische waren bereits besetzt und ich ließ mich an einem etwas abseits gelegenen Tisch nieder. Dieser war mit Teetassen und Kannen und Untertassen gedeckt, welche alle mit blau-lilafarbenen Blümchen- Mustern verziert waren. Ich beobachtete, wie Madelyn sich zu Lady Danbury gesellte und mit ihr heftig zu diskutieren begann. Letztendlich scheuchte Danbury mit ihrem Gehstock vor die Tische und Madelyn räusperte sich. Die Gespräche verstummten langsam und sie begann: „Schön, dass sie alle da sind" ‚Noch lustloser wäre es wohl nicht gegangen?', fragte ich mich und hüstelte amüsiert in meine vorgehaltene Hand. Alle Tische waren besetzt, nur bei mir saß keiner. Zwei hatten sich sogar Stühle von meinem Tisch genommen. Natürlich nicht ohne mich mit abschätzigen Blicken zu bedenken. Das hieß ich saß allein in der hintersten Ecke und lachte als einzige über die Gastgeberin. Es wurde seltsam still und einige wandten sich zu mir um. „Was?", zischte ich und die Blicke wurden auf den Boden und dann wieder nach vorne gerichtet. Madelyn sah in meine Richtung und machte schon einen Schritt auf mich zu, aber dann hob sie die Hand und deutete auf eine Dame, welche sich gerade einen der Macarons in den Mund schieben wollte. „Ach ja, das hätte ich fast vergessen zu erwähnen: In den Macarons ist sehr viel Zucker", sie zog das Wort ‚sehr' extrem lang, „Also, da wir uns ja mitten in der Saison befinden...", sie fasste sich an den Bauch und deutete mit den Händen Speck auf den Hüften an. „Da stehen Männer ja eher nicht so drauf" Lady Danbury zischte ihr etwas zu und fuchtelte mit dem Stab, welchem sie geschickt auswich. Dann kam sie mit einem breiten Grinsen auf mich zu. Im Vorbeigehen schnappte sie sich eine Handvoll Macarons, aus einer Schüssel, die von ein paar Damen kritisch zur Seite geschoben worden war. „Wundervolle Rede", lachte ich leise und sie ließ sich auf den Stuhl gegenüber von mir fallen. „Danke, danke", sie schob sich ein Gebäck in den Mund und hielt mir ebenfalls eines hin. Dieses hatte genau dieselbe Farbe wie ihr Kleid. Ein dunkleres pastellrosa. Das Oberteil war dagegen etwas heller und aus Spitze, genau wie die Puffärmel. Der weite Rock glitt sanft über ihre Kurven und schimmerte im Licht der untergehenden Sonne. „Auch eins?" Ich grinse. „Immer her damit" Ich schob mir den Macaron in den Mund, kaute genüsslich und ließ meinen Blick über die Gäste schweifen. „Haben sie gesehen, wie die Damen an dem Tisch links von uns sofort die Macarons weggeschoben haben, als sie gesagt haben, es wäre viel Zucker enthalten?" Sie nickte kauend und deutete mit dem in Richtung einer etwas sehr korpulenten älteren Dame. „Die hätte aber den ein oder anderen weglassen können" Ich war überrascht diese Worte aus dem Mund der Schwester eines Dukes zu hören. „Sind sie immer so locker drauf?", ich nahm einen Schluck aus der Teetasse, in die ich unauffällig etwas Alkohol geschüttet hatte. „Mh, ich hatte vorhin ein paar Gläschen, wenn sie verstehen. Aber ich bin schon eigentlich sehr locker", sie zog die Augenbrauen hoch und nickte bedeutend. „Natürlich verstehe ich das, ich hab mir sogar etwas Rum für den Tee mitgebracht. Ehrlich gesagt bin ich nicht so gerne auf diesen Partys mit so vielen Menschen", ich sah grummelnd in die Menge und Madelyn begann zu lachen. „Ich mag ihren Humor" „Meinen Humor? Ich hab gar keinen Witz gemacht", ich runzelte die Stirn. „Sie haben schon bemerkt, dass das mit den Gläschen nur ein Witz war, oder?", sie schnaubte vor Lachen. „Wie bitte?", fragend sah ich sie an. Erst jetzt verstand ich was sie meinte und murmelte, „Ja, also natürlich habe ich ihren Witz verstanden", ich winkte ab. Doch Madelyn schnupperte bereits an meiner Tasse und verzog angewidert das Gesicht. „Mhm, is klar. Das stinkt" „Noch nie Rum getrunken?", belustigt beobachtete ich sie, während sie kurz an meiner Tasse nippte. „Urgh!", sie schüttelte sich angeekelt und schob die Tasse so weit von sich weg, wie es ging.

Twisted Love (Bridgerton ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt