Kapitel 5

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Madelyn „Man, Mads beeil dich mal!", rief Simon von unten. Immer machte er Stress. Ich rückte meine goldene Haarklammer extra langsam zurecht und betrachtete mich noch einmal in meinem großen goldenen Spiegel, welcher in der Ecke meines stand. Ich hielt es für Überflüssig ihm zu antworten, denn so wie ich ihn kannte, würde er so oder so gleich in mein Zimmer gestürmt kommen. Ich hörte schwere Schritte auf dem Flur. Dann wurde die Türe aufgerissen und Simon steckte seinen Kopf herein. „Mads, wir sind zu spät!", erzürnt zog er seine Augenbrauen zusammen. „Schönheit braucht nun mal seine Zeit. Und genau aus diesem Grund warst du auch so schnell fertig, Bruder", ich lächelte leicht, zog meine Handschuhe an und schritt erhobenen Hauptes an meinem Bruder vorbei.

Schnaubend lief er hinter mir her. „Deine Witzeleien sind so unlustig, Schwester", grummelte Simon. „Wer sagt, dass ich scherze?", ich kicherte leise.

Endlich standen wir vor der Halle, in der der Ball stattfand. Die lauten Gespräche hallten in dem großen Raum wider und erzeugten eine angenehme und positive Stimmung. Glücklich grinsend betrat ich die Halle. Die Gespräche der mir am nächsten stehenden, verstummten und man musterte mich kritisch von allen Seiten.

Nachdem ich den schlimmsten Teil des Abends überstanden hatte schritt ich auf Lady Danbury zu, die mich bereits freudig erwartete. „Da sind Sie ja, meine Liebe. Wir haben uns bereits gefragt, wann sie und ihr Bruder hier erscheinen würden" „Oh, das ist schön", ich lächelte und überspielte meine Unsicherheit, die durch all die intensiven Blicke der älteren Damen entstand. Unsicher, was ich noch sagen sollte nestelte ich an meinem Kleid herum, dessen sanfter Stoff bis zum Boden reichte. Das Oberteil war mit weißer Spitze besetzt, was einen reizvollen Kontrast zum hellen blau des Kleides darstellte. Meine Schultern wurden mit schmalen Tüll-Streifen bedeckt, die die selbe Farbe wie die Handschuhe hatten, die mir bis kurz unter die Ellenbogen reichten.

Lady Danbury schien mich zu durchschauen, denn ein wissendes Lächeln trat auf ihre Lippen. Sie schob mich von der Gruppe weg und flüsterte. „Ich weiß, doch was sie wollen. Suchen sie sich einen Tanzpartner und haben sie Spaß" Dankbar nickte ich und sah mich um.

Hmm. Zu alt. Zu ungepflegt. Urgh. Hässlich. Zu klein. Sieht zu sehr aus wie Anthony Bridgerton. Nein. Scheiße. IST Anthony Bridgerton. Und er steuerte direkt auf mich zu! Hastig verdrückte ich mich in der Menge. Mir sprang die ellenlange Tafel, auf welcher sich das Büffet befand, ins Auge. Sie lag etwas mehr im Dunklen, da die riesigen Kronleuchter nicht allen Teilen des Ballsaales Licht spenden konnten. Wäre es draußen hell gewesen, wäre es auf Grund der meterhohen, filigran verzierten Fenster kein Problem gewesen. Aber die Sonne ging gerade unter, also tauchten einzig die Flammen der Kerzen die Menschen in goldenes Licht. Mir fiel eine junge, schwarzhaarige Frau auf, die mit einem Glas Champagner unauffällig am Rande des Treibens stand. Sie hatte mir den Rücken zugewandt. Ich trat leise neben sie. „Darf ich fragen, was sie hier so ganz allein machen", ich griff nach einer Weintraube und nahm sie in den Mund. „Ich wüsste nicht, was sie das angeht, aber ich verstecke mich, Miss Bassett", ihre ruhige kühle Stimme kam mir bekannt vor. Ich musterte sie genauer und jetzt erkannte ich sie: Es war das Mädchen aus dem Box Club, die Simon von mir und Anthony abgelenkt hatte.

„Sie?", verdutzt riss ich meine Augen auf. Die Unbekannte trug ein elegantes schwarzes Kleid, welches von der Brust bis zur Taille aus Spitze bestand und von dort mit einem fließenden Stoff bis zum Boden reichte. Durch das breite Band, welches am Übergang zum Rock befestigt war, wurde ihre hochgewachsene Figur perfekt betont. Schwarze Haare fielen ihr in Wellen über die Schulter und glänzten mit den dunklen Augen um die Wette. Ihr Gesicht war im Halbschatten verborgen und ließ ihre Schönheit nur erahnen.

„Ja, Ich"

„Ich, ich will nicht unhöflich sein, aber ich dachte..."

„Sie dachten ich sei eine Magd? Tja, es war meine Absicht Außenstehende das denken zu lassen" „Oh", machte ich. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich abblocken würde, würde ich genauer nachfragen, also ließ ich es bleiben. „Sind sie auch Teilnehmerin der Saison?", fragte ich, um von dem Thema wegzukommen. Sie nickte und nippte an ihrem Getränk, ohne die Menschenmenge auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. „Sie scheinen nicht sehr begeistert davon zu sein", stellte ich schmunzelnd fest.

„Mein Padre zwingt mich hier zu sein, da ich seiner Meinung nach zu wenig anwesend bin", murmelte sie und sah zu einem älteren Mann, der Abseits von allen anderen stand und nach jemandem zu suchen schien. „Dann müssen sie Miss Johnson sein", riet ich, da ich etwas über eine Miss Johnson, die „sich kaum auf den Veranstaltungen blicken lässt". So hatte es jedenfalls Lady Wistledown geschrieben, und ihre Quellen waren meistens verlässlich. „Ja, die bin ich wohl", antwortete sie. „Mein Name ist Haylee", sie lächelte freundlich. Und es war keines ihrer kühlen, oder aufgesetzten Lächeln, sondern ein in meinen Augen ehrlich gemeintes. „Ich bin Madelyn", ich reichte ihr die Hand und sie drehte sich das erste Mal ganz zu mir um, sodass ich jetzt ihr ganzes Gesicht sehen konnte. „Madelyn", sprach sie mir nach. „Schöner Name" „Danke", ich grinste, überrascht von so einer einschüchternden Person ein Kompliment zu bekommen. „Lady Wistledown hat über einen geheimen Verehrer gesprochen. Er ist es, nicht wahr?", ich nickte in die Richtung des Mannes, der ihr, wie mir auffiel immer wieder Blicke zuwarf. „Wer?", irritiert folgte sie meinem Blick und erstarrte. Ich hatte wohl recht. „Ich habe sie zusammen im Box Club gesehen. Deswegen waren sie verkleidet, oder? Damit man sie nicht erkennt"

„Ja, aber nicht wegen eines Mannes. Ich hatte meine eigenen Gründe dafür", ihre Stimme wurde wieder kalt und abweisend. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass ihr das Thema nicht passte. Also beließ ich es dabei. In diesem Moment fiel mir auf, dass Anthony mich entdeckt hatte und auf mich zusteuerte. Aber ich konnte mich mit Sicherheit um ein Gespräch drücken, immerhin führte ich gerade ein anderes. „War schön sie wieder zu sehen", sie nickte mir zu und verschwand so schnell es ging. So viel zu dem Gespräch, dass ich gerade führte...  Fluchend drehte ich mich weg und wollte mich auch aus dem Staub machen, da erklang eine allzu bekannte Stimme hinter mir.

Twisted Love (Bridgerton ff)Where stories live. Discover now