Aufbruch eines Sturm

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Adrien (Chat Noir)

Nachdem mich Marinette fort geschickt hat, irrte ich noch eine Weile in den Straßen von Paris umher. Zuerst eine Zeit lang als Chat Noir, dann als Adrien. Plagg sollte meinetwegen nicht länger in der Verwandlung bleiben als nötig. Gestärkt mit Käse ließ er sich wieder in meiner Brusttasche nieder.
Nach weiter Minuten des umherwandern entschloss ich mich schließlich nach Hause zu gehen. Keiner hatte mitbekommen wie ich nach Hause kam, umso erstaunter war Nathalie am nächsten Tag, dass ich aus meinem Zimmer heraus ins Esszimmer kam.
Doch, so wie es all die Jahre über auch war, hatte sie mein Erscheinen unkommentiert gelassen und mir die Nachricht meines Vaters mitgeteilt.
Ich dürfte den Rest des Tages über frei haben.

Genau aus diesem Grund sitze ich nun auf meinem weißen Sofa während vor mir der Fernseher läuft. Diesen beachte ich jedoch nicht. Stattdessen blicke ich aus der großen Fensterfront.
Plagg hat es sich mit einer Packung seines liebsten Käses neben mir bequem gemacht und schmatzt genüsslich in der Gegend herum.
„Warum so grüblerisch du Superlover?". Grinsend blickt mich der kleine schwarze Kater an während ich ihm mit einem Blick strafe, der wohl alle anderen zum schweigen gebracht hätte.
Aber nicht Plagg. Er stört sich nicht daran.
Seufzend lasse ich meinen Kopf in den Nacken auf die Lehne fallen und starre nun an die Decke. Im Endeffekt hat mein Kwami recht - auch wenn sein Satz nur so von Sarkasmus trieft, steckt die Wahrheit darin.
Wobei ich mich eher als Super-Versager betiteln würde.
Erschöpft streiche ich mit meiner Hand über mein Gesicht ehe ich die Arme neben mich fallen lasse. Dadurch geraten Plagg und sein Käse kurz ins Hüpfen was Plagg wiederum nicht lustig findet. Beschützend nimmt er den Camembert in seine winzigen Arme.
„Wieso konnte ich meinen Mund nicht halten?!", stöhne ich die Worte heraus.
Mein Freund ist wie immer sofort mit einer Antwort zur Stelle. „Ist doch gut das du es gesagt hast. Immerhin weiß sie jetzt was Sache ist, du Katzanova".
An dem dümmlichen Grinsen in Plaggs Gesicht erkenne ich das er versucht mich auf diese Weise von meinen Problemen abzulenken. Leider bewirkt es das Gegenteil denn mir wird gerade bewusst, dass solche Sprüche auch von mir stammen können und dies so ziemlich dumm klingt.
Anscheinend bin ich durch und durch ein Versager.
„Jetzt im Ernst Plagg. Ich habe es komplett versaut...". Ich habe nicht mal mehr die Kraft mich über den Kommentar des Katers aufzuregen. Lieber bade ich in meinem eigenen Scham und der Verzweiflung die sich in mir breit macht.

„Hey, Cat", Plagg hat sich erhoben und schwebt nun vor meinem Gesicht. „Du hast nichts versaut, du warst einfach nur zu voreilig. Aber man kann dir das nicht verübeln immerhin ist dir klar geworden was alles hätte passieren können!". Er stupst mir aufmunternd gegen die Wange. Vermutlich hat er diese zu einer kleinen Faust geballt doch ich spüre es nur als eine winzige Pfote. „Und ich bin mir ziemlich sicher das Ladybug oder eher Marinette früher oder später genauso denkt. Lass ihr Zeit"
Überrascht ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe erstaunt darüber, diese selten ernsten Worte aus Plaggs Mund zu hören. Unweigerlich muss ich lächeln. Im gleichen Atemzug erhebe ich mich aus meiner Position und gehe zu dem kleinen Tresor, in dem der ganze Käse gelagert ist. Für diese wahrhaft aufrichtigen Worte hat er sich ein extra Stück verdient.
Aufgeregt schnappt sich mein Freund den Camembert bevor er sich damit in irgendeine Ecke verzieht und dort wohl ins Fresskoma fällt.
Auch wenn Plagg oft nerven kann so ist er immer für mich da und ein sehr wichtiger und treuer Freund in meinem Leben geworden.
Apropos Freund. Ich könnte Nino fragen ob er heute etwas vor hat, so hätte ich die Möglichkeit mich von meiner aktuellen Situation abzulenken.
Mit einem einfachen Griff in meine Hosentasche ziehe ich mein Handy zu Tage, gebe das Passwort ein und öffne sogleich die Kontakte. Mit einem Stern markiert steht er genau wie Marinette ganz oben in der Liste.
Kurz verweilt mein Finger über dem Namen meiner Klassenkameradin. Doch was würde es bringen? Wie sollte ich ihr dann erklären warum ich sie anrufe? Als Chat Noir der sich entschuldigen will kann ich mich schlecht melden.
Mit einem entschlossenen Kopfschütteln tippe ich schließlich den Namen meines besten Freundes an, halte den Hörer ans Ohr und lausche dem stetigen Ton des Anrufs.
Nach dem fünften Klingeln geht schließlich der Anrufbeantworter dran: „Hey hier ist Nino. Bin gerade nicht erreichbar sprich drauf wenn es wichtig ist!".
Bevor das Signal zur Aufnahme kommt lege ich auf und schmeisse das Handy dann achtlos neben mich auf die Couch. Wahrscheinlich ist er mit Alya unterwegs und ihn jetzt zu stören wäre ebenfalls nicht in Ordnung. Also muss ich mir wohl oder übel eine Alternative suchen die mich aus meinem aufklaffenden Loch befreit.
Vielleicht ein Film?
Oder sollte ich es doch noch Mal als Chat Noir bei Marinette versuchen?
Unsicher balle ich die Hand an der sich der Ring befindet zur Faust als mich die Stimme meines Vaters aus den Gedanken reißt.
„Nathalie! Komm zu dir!", pure Verzweiflung ist in der Stimme meines Vater zu hören. In mir kommt Panik auf.
Vielleicht ein Akuma-Angriff auf Nathalie?
Eilig haste ich aus meinem Zimmer die großen Treppen der Eingangshalle hinab und stürzte in das Arbeitszimmer meines Vaters.
Zu sehen ist Nathalie wie sie auf dem Sofa liegt, völlig regungslos und blass. Vor ihr kniet mein Vater der ihre Hand hält und immer wieder verzweifelt ihren Namen ruft.
„Vater...was ist passiert?".
Resigniert schaut mich der grauhaarige Mann an und seit langem sehe ich wie sich Tränen in seinen Augen zeigen.
„Adrien, was machst du hier?". Verwirrt sehe ich meinen Vater an. Ist das gerade sein Ernst?
„Das ist doch jetzt egal! Was ist mit Nathalie?!", meine Stimme wird ungewollt lauter. Die Sorge darüber das die Frau dort auf dem Sofa etwas schlimmes passiert sein könnte, lässt mein Blut in den Adern gefrieren. Diese Szenerie kommt mir unwillkürlich vertraut vor, als habe ich gerade ein Déjà-vu.
Noch surrealer wird das ganze als sich mein Vater erhebt und plötzlich wieder der kaltherzige Mensch zu sein scheint, denn ich seit Jahren zu Gesicht bekomme.
Mit verschränkten Armen hinter dem Rücken blickt er mich fast schon abwertend an und erklärt mir dann in aller Ruhe den Stand der Dinge.
„Nathalie ist krank, also mach dir keine Sorgen. Ich habe schon einen Arzt informiert der gleich hier sein wird. Geh nun und mach dir keine Sorgen".

In mir tobt ein Sturm an Emotionen den ich diesem kaltherzigen Mann am liebsten entgegen feuern würde. Eben noch sah er selbst mehr als verzweifelt aus und nun soll ich mir keine Sorgen machen?
Ich möchte gerade etwas erwidern als er mich mit einer Handbewegung zum Schweigen bringt. War ja klar. Ich bin es gewohnt immer das zu machen was mein Vater von mir verlangt, selbst in solchen Situationen.
Frustriert beiße ich die Zähne zusammen und nicke ihm schließlich zu. Mehr Worte bedarf es in diesem Moment nicht. Wir beide sind bis aufs äußerste angespannt jedoch bringt es mir nichts gegen diese Person anzugehen, immerhin ist er alles was ich noch habe.
„Sag ihr gute Besserung von mir wenn sie sich wieder besser fühlt...", mehr als diesen Satz bringe ich nicht zustande.
Wie eine geschlagene Katze verlasse ich das Zimmer. Allerdings gehe ich nicht wieder hoch in mein Zimmer sondern verlasse das Anwesen und entschließe mich dazu einen klaren Kopf an der Seine zu bekommen. Vielleicht wird mir ein Eis von André wieder etwas Freude verschaffen.

So kommt es, dass ich wie gestern ziellos meine Runden drehe. Dabei bekomme ich erst viel zu spät mit, dass sich hinter mir ein Sturm zusammenbraut.

The Traces of Fate - Miraculous FFWhere stories live. Discover now