Lektion Neunundzwanzig: Lauf so schnell du kannst...

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Höhere Schule
- Lernen für Fortgeschrittene -

Lektion Neunundzwanzig:
Lauf so schnell du kannst...

Geschrieben von Strike Fiss, 2000 - 2002
Übersetzt von Melissa Schneider

Es interessierte ihn überhaupt nicht.

Das war die einzige Schlussfolgerung zu der Shinji Ikari kam. Das letzte Mal, als er einfach fortgelaufen war, hatten selbst die - nach eigenen Aussagen - 'besten' Sicherheitskräfte von NERV mehr als zwei Tage gebraucht um ihn zu finden und zurück zu bringen. Und selbst das wäre ihnen nicht gelungen, hätte er seine Reise nicht unterbrochen als er auf Kensuke getroffen war, der allein im Freien kampierte.

Es war lächerlich und geradezu eine Schmach für die Mitarbeiter der Sicherheitsabteilung von NERV. Ging es etwa über ihre Möglichkeiten hinaus, einen kleinen, weggelaufenen Jungen wieder aufzuspüren? Wenn man dann noch die im allgemeinen hohe Arbeitsmoral der Japaner mit einrechnete, gab es doch nur eine Erklärung...

So wie bei allen anderen Dingen, die mit NERV zu tun hatten, hatte auch hier Kommandant Ikari alle Fäden in der Hand.

Ein Grummeln von diesem Mann konnte über Erfolg oder Misserfolg einer Mission entscheiden. Ein Kopfnicken von ihm entschied darüber, ob ein Angreifer sofort mit zig-tausend Raketen niedergemacht wurde, oder ob man erst abwarten würde, bis er hunderte NERV Kampfpiloten vom Himmel geholt hatte, um dann mit einer N2-Mine in einem Schlag alles zu beenden.

Kommandant Ikari scherte sich einen Dreck darum, dass sein Sohn fortgelaufen war.

Zumindest interessierte es ihn so lange nicht, bis er seinen Sohn wieder brauchen würde. Und das wäre der Moment, in dem die Sicherheitskräfte ihn beinah 'rein zufällig' wieder aufspüren würden. Und dann kämen sie und würden ihn in eine ihrer schwarzen Limousinen verfrachten,- zusammen mit der allgegenwärtigen, unausgesprochenen Warnung 'Widerstand ist zwecklos'.

Doch das alles bereitete Shinji Ikari keine Sorgen, als er durch die leeren Straßen von Tokio-3 schlenderte. Die Morgendämmerung war gerade erst hereingebrochen und der Himmel färbte sich allmählich blau. Er säße wahrscheinlich bereits im Zug, wenn die Hälfte der Einwohner gerade mal aufwachte...

Er wurde nicht mehr länger gebraucht...

Mehr noch,- er war eine Last...

Und er war glücklich, dass es so war !

Denn es bedeutete, dass sein Vater ihn diesmal nicht zurück holen würde...

Er war frei...

Das waren die einzigen Gedanken die Shinji beschäftigten. Er stellte sich vor, wie die Welt am Fenster des Zuges vorbei flog... und mit ihr auch Meter um Meter der Eisenbahngleise, die für ihn so etwas wie das Symbol seiner Freiheit geworden waren. Er sollte zusehen, dass er einen Fensterplatz ergattern würde... Aber das wäre sicherlich nicht schwierig, wenn man bedachte wie wenig Fahrgäste so früh am Morgen auf diesem Streckenabschnitt unterwegs waren.

Shinji sah weder traurig, noch glücklich aus. Er sah entschlossen aus. Konzentriert. Er musste jetzt stark sein. Stärker, als er es je gewesen war... Stärker, als er gedacht hatte. Weglaufen war immer einfach gewesen... einfach nur fliehen, wenn ihm die Realität und das Leben allzu sehr zusetzten.

Aber nicht dieses Mal.

Nicht wenn es bedeutete, dass er Asuka zurücklassen musste.

Er wusste, dass er eines Tages stark genug wäre um zurück zu kommen. Und dann würde er Asuka einfach mitnehmen. Er würde sie aus den Klauen von EVA befreien, sobald er selbst es geschafft hätte... Sobald er genug Kraft gesammelt hätte, den Weg noch einmal zu gehen... Obwohl... was, wenn es für sie keine Rettung mehr gab? Was, wenn EVA sie für immer und ewig an sich gebunden hatte und sie nicht gerettet werden wollte? Das war ein Kampf, den er unmöglich gewinnen konnte...zumindest nicht im Moment.

NGE : Höhere Schule - Lernen für FortgeschritteneWhere stories live. Discover now