LXXXI

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Das Essen hatte geholfen meine Sorgen im Keim zu ersticken. Wer hätte gedacht das Dean kochen könnte? Wenn es auch eher ein einfaches Gericht aus wenigen Zutaten gewesen war. Kartoffeln und Karotten. Die einzigen Speisen die es hier in Hülle und Fülle gab. Die Kartoffeln waren eine essentielle Notwendigkeit im Clan und konnten selbst abgebaut werden. Ihre Lagerung war einfach und bedurfte keiner extra Kühleinrichtung. Der Keller reichte völlig aus.
Zufrieden lehnte ich mich zurück und legte das Besteck bei Seite. "Erfüllt das ungefähr deine Erwartungen?"

"Möglich."

"Warum beißt du dir dann dauernd auf der Lippe herum?" Hatte ich das getan? "Tschuldigung. Hab ich gar nicht gemerkt. Ich bin nur so in Gedanken." Meine Stimme sank zum Ende des Satzes hin, immer mehr ab.

"Darf ich fragen worüber?" Mit meinen Händen formte ich ein wackeliges vielleicht Zeichen. "Na komm. Wenn du es jemandem erzählen kannst dann mir. Immerhin haben wir viel zusammen durchgestanden. So schlimm können deine Gedanken dann auch nicht sein?" Er hatte zurecht den Satz als Frage gestellt. Denn er wusste ja noch nicht was in meinem Kranken Kopf so vor ging. Würde er erfahren das ich einem Werwolf hinterher trauerte wie ein Teenager seinem ersten Schwarm, würde er mich vermutlich direkt an den Rat ausliefern. Als Spion. Missmutig raufte ich meine Haare. Alle hier würden das tun. Sogar meine Familie. Gott, vor ein paar Monaten hätte ich zumindest genau das getan. Wenn ich von so etwas gewusst hätte. Ich darf ihm nichts diesbezüglich sagen. Keiner würde es verstehen.

"So schlimm also." Deans tiefe Stimme riss mich mal wieder aus meinen Gedanken. "Wenn du es nicht erzählen willst ist das auch okay." Dankend für sein Verständnis nickte ich ihm leicht lächelnd zu.

"Ich könnte dich ein wenig ablenken..." grinsend erhob er sich und reichte mir seine Hand. Ich sollte wohl meine hineinlegen. Ablenkung klang nicht schlecht, also nahm ich sie an. Wir ließen die leeren Teller stehen wo sie waren und verließen das Zimmer. Hastig streifte Dean sich seine Kapuze wie einen Schild vor fremden blicken über den Kopf. Er vergewisserte sich das keiner in der Nähe war, dann winkte er auch mich nach draußen. Mit etwas Abstand folgte ich ihm den Flur entlang.

Beim Essen hatten wir uns ausgiebig unterhalten. Über unsere gescheiterte Mission und die zumeist ja doch lustige Zeit zu zweit. Wobei ich mir nicht ganz sicher war ob er da nicht etwas falsches hinein interpretierte.
Das ließ ich aber außen vor und hörte weiter dabei zu wie er sich alleine hier her zurück gekämpft hatte. Offenbar war Ace Auffassung eines Krankenhauses eine alte Kräuterhexe in der Nähe gewesen, bei der Dean sich einige Tage hatte erholen können. Er meinte sie war froh als er endlich wieder aufgebrochen war. Hexen waren nicht besonders gesellig und zogen die Einsamkeit vor. Doch einen Auftrag von Werwölfen konnten wohl auch sie nicht ablehnen.

Wir verließen den Bereich der roten unterdessen und kamen zu den Hallen die uns in den Außenbereich führten. Schmunzelnd ahnte ich worauf Dean hinaus wollte. Ich hatte gut und gerne Lust die Scheiße aus jemandem heraus zu prügeln mit dem Wissen das ich nun besaß.
Als wir draußen in das leichte Abendlicht traten, erkannte ich den alten Trainingsplatz. Doch offenkundig hatte Dean etwas anderes im Sinne. Er führte mich einmal darum herum, an den Ort an den ich ihn das erste Mal getroffen hatte.
Der Ort an dem wir die Wurfübungen durchgeführt hatten. Der Ort an dem er mir meinen lästigen Spitznamen verpasst hatte. Das weckte doch Erinnerungen.  "Hier." Ein in alte Liederlappen eingewickeltes Packet hielt er in Händen, doch nun überreichte er es mir. Wo hatte er es die ganze Zeit über versteckt gehabt? Unter seinem Umhang? Fragend sah ich das Paket an. Dann ihn.
Als ich die Lappen langsam abwickelte erblickte ich das glänzende Metall meiner Übungsmesser. Voller Begeisterung nahm ich eines in meine Hände. Das kalte Metall fühlte sich rau und unnachgiebig an, dennoch tat es gut endlich wieder das Gefühl zu haben Schutz in meinen Händen zu halten. Mit einer Waffe am Körper.

WolvesWhere stories live. Discover now