Er nahm den bewusstlosen Menschen und ging zu dem Stein, an den dieser normalerweise angekettet war. Vorsichtig setzte er ihn ab und legte ihm die Halsfessel wieder an.

„Träum schön, kleines Lämmchen. Wir sehen uns morgen", verabschiedete sich der General mit einem Lächeln.

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Nix war mehr als schlecht gelaunt. Er hatte bereits geahnt, dass Lucifer seine Spielchen treiben würde, doch ihn quer durch das Reich der Verdammten zu schicken, hatte Nix' Wut nur noch mehr angefeuert. Wider ihrer Erwartung war der Besuch im Inferno ohne Vorkommnisse verlaufen. Doch Zuschauer des Intermezzos von Cypher und dem Gefangenen zu werden, darauf hätten sie verzichten können. Nun waren sie in Bhuvarloka – dem Gebiet der Kaubukgeister und Schattentierchen.

Kaubuk-Geister waren böse oder dienstbare Geister, die wie kleine Drachen mit glühendem Schweif aussahen, mit dem sie sich durch die Lüfte ziehen konnten. Sie griffen Fremde an und machten sie mit zahlreichen Bissen und Schnittwunden durch ihre Krallen bewegungsunfähig. Anschließend umschlangen sie ihr Opfer und würgten es zu Tode. Sie waren extrem flink und wendig. Nur ihr Meister, mit dem sie einen Vertrag geschlossen haben, konnten sie zurückpfeifen.

Wenn ein Gefangener aus dem Gebiet der verdammten Seelen fliehen wollte, so musste er durch dieses Gebiet. Da menschliche Seelen ja eigentlich „tot" waren, waren viele Gefangene der Meinung, sie würden wie Stehaufmännchen nach dem Angriff wieder aufstehen und weitergehen. Das war jedoch ein Irrtum. Sollte eine menschliche Seele hier in der Hölle sterben, so wurde sie zu einem Phantom – eine leere, willenlose Hülle, die ziellos umherstreift. Sie verloren jeglichen Charakter und Erinnerung. Für sie gab es nur eine geringe Chance jemals wiedergeboren zu werden.

Nix kannte sich in diesem Winkel der Hölle nicht aus, weshalb er den Felsen verfehlt hatte. Er konnte ihn jedoch von weitem sehen.

„Nix, auf der Spitze funkelt etwas", sagte Lyric.

Nix fokussierte die Spitze und sah eine Reflexion aufblitzen. Dort musste der Spiegel sein. Nun mussten sie nur noch die hundert Meter zwischen ihnen und dem Felsen überbrücken.

In solchen Situationen wünschte sich Nix Flügel, dann könnte er sich einfach in die Luft schwingen und dorthin fliegen. Zu seinem Leidwesen hatten sie beide keine, also musste sie wohl oder übel die Distanz zu Fuß zurücklegen.

Kaum hatten sie einen Schritt in das Gebiet getan, begann die Erde zu beben. Nicht schon wieder. Unangenehme Erinnerungen stiegen in ihm auf.

Ohne Vorwarnung riss die Erde vor ihnen auf und Rauch stieg empor. Der Rauch nahm Gestalt an, schlaksige Körper und Klauen bildeten sich und ein hohles Gesicht wie ein Totenschädel erschien. In den Augen glühten Flammen. Ein grässlicher Schrei stieg aus den hohlen Kehlen auf.

Der Boden brach auf, doch anstatt von Mononoke-Geistern kroch eine Welle an Schattentierchen aus der Erdspalte hervor. Das war nicht wirklich besser. Dann hörten sie ein lautes Grollen. Aus den Bäumen kamen auch schon die Kaubuk-Geister geflogen. Hervorragend, wir werden geschnetzelt. Ich hoffe, du genießt das, Lucifer. Wenn das vorbei ist, reiß' ich dir den Arsch auf.

„Nix, spring auf meinen Rücken", sagte Lyric.

Ohne seinen Liebsten zu hinterfragen, befolgte Nix seine Anweisung. Was hat Lyric vor? Lyric aktivierte die Verstärkungsrune und seine Beine begannen zu leuchten.

„Halt dich gut fest", sagte der Runendämon und ging in die Knie.

Er wird doch nicht etwa... Doch.

Lyric schnellte nach oben und drückte sich kraftvoll vom Boden ab. Er katapultierte sie zwanzig Meter in einem hohen Bogen in die Luft.

„Hölle!", schrie Nix und klammerte sich an den lachenden Dämon.

Nix - ein schicksalhafter Kuss (BAND 3) ✅Waar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu