40: Visionen

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Suga war noch lange nicht müde.

Er hockte missmutig auf seinem Bett und starrte zum dunklen Nachthimmel vor seinem Fenster hinauf, der blasse Mond hatte sich hinter einer Wolke verborgen.

Seine Gedanken schweiften zurück zu Jimin, wie traurig er ausgesehen hatte, als er gehen musste und der endlose Schmerz, der sich nun in Sugas Brustkorb breit machte.

Es war so ungerecht von Jin.

Er hatte ihnen ja noch nicht einmal mehr zugehört, dann hätte er schon erfahren, was sie genau vorgehabt hatten.

Aber nein, er hatte sie einfach ins Bett geschickt, ohne auch nur irgendeine plausible Erklärung zu verlangen.

Flammende Wut brodelte tief in ihm, drohte, seinen ganzen Körper zu überhitzen.

Instinktiv ballte Suga die Fäuste und kniff die Augen zusammen, Schweiß perlte in kleinen Tropfen von seiner Stirn.

Ihm wurde heiß und kalt zugleich, er atmete schwer, als würde er sich unter Wasser befinden und es nicht an die rettende Oberfläche schaffen.

Sein ganzer Körper glühte vor Fieber, vor endlosem Hass auf diesen Einfaltspinsel, der sich sein Vater nannte.

Suga kämpfte dagegen an, so fest er konnte, ließ seine inneren Dämonen nicht die Oberhand gewinnen.

Er bleckte die Zähne, kniff die Augen noch fester zusammen, sodass Sternchen vor seinem Sichtfeld tanzten.

Er griff nach der Wut, diesem abscheulichen Gefühl, das er so hasste, packte sie fest am Schopf und sperrte sie tief in sein Herz.

Das Monster in seinem Inneren brüllte, wollte sich befreien, Suga ließ es so viel schreien, wie es wollte.

Keine Chance.

Im selben Moment wurde auch seine Atmung gleichmäßiger und sein Körper  erholte sich langsam aber sicher von dem unerwarteten Ausbruch, nahm seine gewohnte Temperatur an.

Der Teenager atmete erleichtert auf und sank in die weichen Kissen, spürte, wie seine Lider allmählich schwer wurden.

Kurz darauf senkte sich die Schwere der Müdigkeit wie ein dunkles Tuch über ihn.

Die vier Freunde waren vom Weg abgekommen.

Taeyhun spürte, dass etwas in der Luft lag, was so ganz und gar nicht in diesen sonst so harmonischen Teil der Dimension passte.

Ein finsterer Schleier senkte sich über die tapferen Gefährten, nahm ihnen jegliche Orientierung und das grelle Tageslicht, was eben noch durch die Kronen der Bäume gesickert war.

Sie konnten kaum etwas sehen, tasteten sich mühevoll voran und stolperten mehr als einmal über ihre eigenen Füße.

Yeonjun stöhnte und meckerte:

"Wieso hat denn niemand von euch eine Taschenlampe eingepackt? Dann wüssten wir jetzt, wo es weitergeht - aber auf mich hört ja keiner. Ganz ehrlich, zu meiner Zeit haben wir ständig Taschenlampen dabei gehabt..."

Beomgyu verdrehte genervt die Augen, ihm ging dieses Alter Mann - Getue seines Bruders gehörig auf den Senkel.

Dabei war er gerade mal drei Jahre älter als er selbst und verhielt sich bereits so, als ob ihm der Rücken weh tat oder seine Beine müde waren - ein alter Mann eben.

Und dann noch dieses Zu meiner Zeit.

Manchmal wollte er ihn am liebsten der nächsten Meerjungfrau zum Fraß vorwerfen.

Kai und Taehyun gingen Hand in Hand, bildeten das Schlusslicht der Truppe.

Taehyun wusste, wie ängstlich sein kleiner Bruder sein konnte und drückte den zitternden Jungen ganz fest an sich.

"S - Sind wir bald da?", fragte Kai und zog geräuschvoll seine Nase hoch, Taehyun entgegnete:

"Ich weiß es nicht. Ich weiß ja noch nicht einmal, wo wir überhaupt sind..."

Ganz plötzlich huschte etwas an seinem Augenwinkel vorbei und Taehyun blieb abrupt stehen, zog Kai schützend hinter sich.

Nun bemerkten es auch die anderen beiden und stoppten in der Bewegung, lauschten fieberhaft in die undurchdringliche Dunkelheit hinein.

Nichts war zu hören, bis auf die leisen, gleichmäßigen Atemzüge der Vier und das wilde Pochen ihrer Herzen.

Unmittelbar vor ihnen flammte nun ein Licht auf, erhellte eine saftige Wiese mit unzähligen Blumen.

Ohne zu zögern und entgegen der Warnungen der Drei, trat Taehyun auf das Gras und ging ein paar Schritte, die Blicke seiner Freunde bohrten sich ihm in den Nacken.

Es roch nach Frühling und Sommer zugleich, winzige Schmetterlinge flatterten umher und labten sich an den einzelnen Blüten.

Diese friedliche Szenerie wäre beinahe aus einem Bilderbuch entsprungen, hätte Taehyun im selben Moment nicht das viele lilane Blut entdeckt, was ihm um die Füße strömte und seine Schuhe befleckte.

Und da erblickte er den Thron, ganz aus Dornen und Rosenblüten gefertigt.

Die reglose Gestalt, die dort lag, mit einer Dornenkrone auf dem dunklen Haarschopf und einem blutigen Dolch im Herzen.

Taehyun ergriff nackte Angst, schlug fassungslos die Hände vor den Mund.

Es konnte nicht sein, wer da vor ihm lag.

Es konnte einfach nicht sein und doch schien es so real...

Der tote Junge dort auf dem Thron war Soobin.







































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