Mavie - Die Namenlosen

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Luan war schon halb ausgegraben, als die Nymphe zurückkehrte. Ihre Hände, die an ihrer Seite baumelten beim Gehen, sahen beide wieder normal aus. Naja, so normal, wie grüne Haut und zweiglange Fingernägel eben sein konnten. Jedenfalls war keine Spur von Matsch mehr zu sehen. Und zum Glück auch von der Unke nicht.

Der Nymphenjunge setzte sich neben Luans Kopf auf den Boden und blickte auf ihn herab. "Das ist natürlich der Nachteil an der ganzen Sache", stellte er nüchtern fest.

Mavie und Luan buddelten kräftig weiter. "Ahh, ich kann schon fast meine Beine wieder spüren! Aber ich schwör euch, da ist ein Wurm in meinem Stiefel!"
"Igitt!" Die Nymphe schüttelte sich. "Ich hasse Würmer!"

"Was machst du eigentlich hier?", fragte Luan neugierig. "Ich dachte, ihr Nymphen verlasst euer Versteck nicht?"

"Tun wir auch nicht."

"Wieso bist du dann hier?"

Die Nymphe sah sie aus schmalen Augen heraus an, als wäge sie ab, ob sie ihnen vertrauen konnte. Ihr Blick fiel auf Krächz, der senkrecht über Luans Kopf saß. "Ich bin fortgelaufen", sagte sie schließlich.

"Und wieso?"

"Ich bin euch gefolgt. Naja, genauer gesagt, ich bin eurem Raben gefolgt."

"Da haben wir ja was gemeinsam", seufzte Mavie.

"Ich dachte erst, dass ihr Jagd auf ihn macht. Aber so dämlich können sich nicht einmal Menschen bei der Jagd anstellen."

"Vielen Dank", sagte Luan amüsiert.

"Wir wollen rausfinden, was es mit ihm auf sich hat", erklärte Mavie. "Er ist nämlich eines Tages auf meiner Schulter gelandet und nicht mehr weggeflogen, bis wir ihm in den Wald gefolgt sind."

Und dann erzählten sie einander abwechselnd, wieso sie Krächz nachliefen.

Mavie berichtete, wie man sie aus Windenbach vertrieben hatte und wie sie in den Wald gekommen war und Luan gefunden hatte. Luan erzählte die Geschichte mit den Wölfen und wie Krächz keine Ruhe gegeben hatte, bis sie ihre Sachen gepackt und durch den Wald gezogen waren und wie sie den Schlangen entkommen waren. Erst bei der Stelle, wo sie verbotenerweise in das Reich der Nymphen eingedrungen waren, stockte er.

Aber das schien die Nymphe sowieso schon zu wissen.

"Wenn die Anderen euch gesehen hätten, wie ihr unsere Pilze zertreten habt!" Die Nymphe grinste. "Ich hätte sie ja gewarnt, als ich euch in der Ratssitzung erwischt hatte, aber es ist nunmal eisernes Gesetz, dass Kinder vor dem Rat nicht sprechen dürfen. Außerdem hätte mir eh keiner zugehört. Darum dachte ich, dann muss ich euch eben auf eigene Faust nachjagen muss."

Er schwieg einen Moment.

"Außerdem denke ich, dass Falhon recht hat: Die Nymphen sollten sich nicht verstecken! Wir sollten rausfinden, was es mit dem Ganzen auf sich hat, den Wald warnen und kämpfen! Und als ich euch mit dem Raben entdeckt habe, dachte ich mir, so eine Gelegenheit kommt nie wieder! Und darum laufe ich euch seit Tagen hinterher. Ich will auch wissen, was es mit dem Raben auf sich hat! Wenn ihr es herausgefunden habt, werde ich es den anderen Nymphen berichten. Und dann müssen sie endlich handeln!"

Er streckte Mavie seine grünliche Hand hin (Luan war noch damit beschäftigt, seine Zehen zu befreien). "Ich bin übrigens Tulip. Euer neuer Führer hier im Wald. So, wir ihr rumläuft, könnt ihr einen gebrauchen."

Mavie und Luan tauschten einen Blick.

"Wie willst du uns denn führen, wenn du noch nie hier draußen warst?", fragte Luan. "Woher wusstest du eigentlich das mit der Unke?"

Die Legende der Nachtigall 2 - Das Vermächtnis der ZwergeWhere stories live. Discover now