When The Sun Goes Down (Liam Dunbar)

Kapitel 5

„Ich bin gerannt" gab Liam schwer atmend zu. Stirnrunzelnd sah ich ihn an. Gerannt? Was war mit seinem Bein? Gestern konnte er es noch nicht mal belasten und jetzt war er gerannt? Andererseits war er gestern, als er von unserem Haus abgehauen ist, sicher auch gerannt.

„Gerannt?", fragte nun auch Mason, „Das sind 3 Meilen zur Schule"

„Ja, ich renne halt gern" rechtfertigte sich Liam und bekam langsam seinen Atem wieder unter Kontrolle. Aber überzeugend klang anders.

„Dann ist dein Bein wieder okay? Du warst doch mit Sophia im Krankenhaus?" Oh Mist. Ich biss mir auf die Lippen und hoffte Liam würde nichts erzählen. Aber Mason redete gleich weiter:
„Was ist mit deinem Arm?" Erst jetzt viel mir der dicke weiße Verband auf der Liams Unterarm bedeckte. Die Bisswunde.

Liam sah plötzlich aus als würde es ihm nicht gut gehen. Er fing wieder schwer an zu atmen, kniff die Augen zusammen und lehnte sich übers Geländer.

„Hey ist alles in Ordnung?" fragte ich besorgt und stellte mich neben ihn um ihn ins Gesicht schauen zu können. Doch als Liam wieder aufsah, starrte er wie gebannt auf einen Punkt vor ihm. Verwundert sah ich auch in die Schülermasse, bis ich meinen Bruder entdeckte, der uns direkt ansah. Man merkte wie sich Liam verkrampfte.

„Ich... Ich kann jetzt nicht, der Unterricht" stotterte Liam und hatte es eilig zu gehen. Mason hatte Scott nicht gesehen, aber ich schon und es war klar, dass Liam Angst vor ihm hatte. Und da packte mich das schlechte Gewissen. Ich hatte irgendwie das Bedürfnis meinen Bruder zu rechtfertigen. Liam zu zeigen, dass Scott eigentlich nicht so war.

„Warte Liam, wir haben jetzt zusammen Englisch" Zu meiner Überraschung blieb Liam tatsächlich stehen und wartete auf mich.

„Ähm ich wollte mich eigentlich wegen gestern entschuldigen" murmelte verlegen sobald ich bei ihm angekommen war. Mich hatte der Mut jetzt doch etwas verlassen.

„Hey du kannst nichts dafür. Du braucht dich für nichts entschuldigen, vor allem nicht dass du so einen idiotischen Bru-"

„Er ist eigentlich nicht so", unterbrach ich ihn schnell, „Und das er sich in dieses... Ding verwandeln kann wusste ich nicht. Aber er wollte dich damit nur retten!"

„Welches Ding?" fragte Liam emotionslos. Vor Schock wäre ich fast stehengeblieben.

„Du willst so tun als ob nichts gewesen wäre?"

„Hör zu, was wir da gesehen haben... das existiert nicht. Das kann nicht existieren. Jedem dem du das erzählst, wird dich für verrückt erklären. Und es ist ja nichts passiert. Also... also können wir es genauso gut vergessen" zum Schluss wurde seine feste Stimme immer leiser.

Er sah mir entschlossen in die Augen, bevor sein Blick über meine Schulter wanderte und sich seine Augen weiteten.

„Ignorier sie einfach" presste er hervor bevor er mich eilig den Gang weiterzog. Als ich mich umdrehte sah ich Scott zielstrebig auf uns zu laufen. Mich packte die Wut. Was wollte er noch von Liam? Hatte er nicht schon genug angerichtet? Er machte alles nur noch schlimmer.

„Liam hey!" Liam blieb abrupt stehen, als vor uns Stiles auftauchte und uns somit in eine Zwickmühle stecken bleiben lies. Ich wollte Liam zeigen, dass ich es auch nicht ok fand was mein Bruder und Stiles mit ihm machten, deswegen blieb ich neben Liam nur stumm stehen.

„Wir sollten reden" Scott kam mit ernster Miene auf uns zu und streckte beruhigend seinen Arm aus.

„Nein, ihr müsst zur Hölle nochmal verschwinden, alle beide!"

„Kannst du nur eine Sekunde lang zuhören, bitte. Bitte Liam" Kurz sahen sich Scott und Liam an, bevor Liam fragend mit den Kopf schüttelte.

„Liam", Scott holte tief Luft, „Wir sind jetzt Brüder" Verwirrt sahen Liam und ich ihn an.

„Was?"

„Oh Gott, dass..." murmelte Stiles und sah kopfschüttelnd auf den Boden.

„Wovon redest du den bloß? Du kennst mich nicht und hast mich gebissen" fuhr Liam Scott an.

„Der Biss... Der Biss ist ein Geschenk, wir..." Oh Gott jetzt dreht er völlig durch.

„Scott, stopp, bitte hör auf. Lass es" mischte sich jetzt Stiles ein, wofür ich ihm sehr dankbar war.

„Hör zu wir wollen dir nur helfen du kleiner Zwerg" Es war offensichtlich dass Stiles Liam nicht mochte. Sarkastisch nickte Liam mit seinem Kopf:

„Indem ihr mich kidnappt?"

„Äh nur zu Klarstellung, Scott hat dich gekidnappt. Ich hatte ihn nur... angestiftet" Ich hatte zwar immer noch kein Wort gesagt, aber ich hatte mich auch nicht von der Stelle bewegt, sodass jetzt Scott und Stiles, Liam und mir gegenüberstanden.

„Liam, ich hab das auch schon durchgemacht. Bald wird mit dir etwas geschehen. Etwas Großes" Würde ich es nicht besser wissen, hätte ich geglaubt Scott wäre ein Drogenjunkie, der gerade high war. Doch dass es nicht stimmte, machte mir noch mehr Angst.

„Gar nichts passiert mit mir" sagte Liam mit ruhigem, aber aggressivem Ton und riss sich seinen Verband ab. „Nichts okay!" Und damit ließ er uns wortlos stehen. Wir blieben geschockt zurück. Zumindest ich war geschockt, Stiles und Scott sahen sich wissend an.

An der Stelle, an der Liams Bisswunde war, war jetzt nicht mal mehr eine Narbe. Es war, als ob die Bisswunde nie existiert hätte.

„Aber... aber" stotterte ich und sah immer noch geschockt in die Richtung, in die Liam gerade verschwunden war. Scott seufzte.

„Sophia wir-"

„Nichts Sophia!" unterbrach ich ihn sauer. Jetzt wo Liam weg war, wollte meine ganze Wut auf Scott raus. „Scott du merkst es vielleicht nicht, aber ich mag Liam. Sehr sogar. Er ist der erste bei dem ich nicht nur die kleine Schwester von Scott McCall, dem Lacrossekapitän bin. Und ihr seid gerade dabei alles zu versauen!" schrie ich und wollte gerade gehen, bevor ich vor lauter verwirrender Gefühle zu weinen begann, doch Scott hielt mich am Arm fest.

„Ich weiß Sophia und wenn es nicht absolut wichtig wäre dann würde ich das nicht machen" sagte er leise und hielt mich immer noch fest, „Aber wenn er sich von uns nicht helfen lässt, kann das zu einer Katastrophe ausarten." Aus großen Augen sah ich ihn an. Welche Katastrophe? Was wusste Scott über Liam was ich nicht wusste? Trotz einem schlechten Gefühl im Bauch, nickte ich langsam.