Kapitel 6

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„Hey wo gehst du hin?" fragte ich als ich die Treppe runterging und Scott aufbruchbereit an der Tür stehen sah. Ertappt drehte er sich zu mir um.

„Ähm ich muss nochmal weg" Misstrauisch sah ich auf die weiße Sporttasche, die ziemlich schwer aussah. Scott folgte meinen Blick und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Ich dachte wir wollten uns jetzt mit Mum einen Film anschauen?" Nachdem meine Mum mich heute nach der Schule völlig aufgelöst in den Arm genommen hatte, nach allem was gestern passiert war, hatte sie beschlossen, heute spontan einen Filmeabend mit uns zu veranstalten. Eigentlich hatte ich gerade nur die DVD, Sherlock, geholt, aber wie es aussah viel der gemeinsame Familienabend wohl flach.

„Ja also... das holen wir nach Sophia, okay?" Schlechten Gewissens sah er mich an und trat ungeduldig von einem Bein aufs andere.

Ich wurde das Gefühl nicht los, dass das Ganze mal wieder eines ihrer vielen Geheimtreffen war. Nach dem Telefongespräch zwischen Scott und Kira, das ich vorhin belauscht hatte, trafen sie sich heute auf Lydias Wassergrundstück.

Ich seufzte:

„Ich verstehe wenn du was Wichtigeres zu tun hast." Erleichtert sah er mich an, packte die Sporttasche und öffnete die Tür.

„Wir holen das nach, versprochen" Ich winkte nur halb überzeugt ab. In letzter Zeit war Scott sowieso nie zuhause. Auf so einen Filmeabend konnte ich also lange warten.

„Also nur wir zwei?" fragte Mum, die es sich schon auf der Couch gemütlich gemacht hatte, als ich ins Wohnzimmer trat. Ich nickte etwas niedergeschlagen und ließ mich neben sie fallen.

„Findest du es eigentlich nicht schlimm, dass Scott kaum mehr Zuhause ist?" fragte ich nach kurzem Schweigen. Überrascht über die Frage, sah mich meine Mutter an.

„Sophia, Scott wird langsam erwachsen. Ich kann ihm nicht vorschreiben seine Wochenendabende Zuhause bei seiner kleinen Schwester und seiner Mutter zu verbringen." Zärtlich strich sie mir durch die Haare.

Nachdenklich sah ich auf den Bildschirm. Ich wusste, dass sie mehr wusste als sie mir sagen wollte.

„Mum...ich denke ich muss auch nochmal weg" Entschlossen stand ich auf.

„Aber wo willst du jetzt noch hin? Es ist 7 Uhr" Perplex sah Mum mich an und richtete sich ein wenig auf.

„Na ohne Scott ist das ja kein Familienabend, da kann ich genauso gut zu Amy gehen." Amy und ich waren, als wir klein waren, beste Freundinnen. Sie wohnte nur eine Straße weiter, und auch wenn sie jetzt auf eine andere Schule ging, machten wir noch oft was zusammen.

Meine Mum nickte nur zustimmend und wandte sich wieder dem Film zu, in dem gerade einer niedergeschlagen wurde.

Kaum fiel die Tür hinter mir ins Schloss, schnappte ich mir mein Rad und fuhr so schnell es ging los. Ich wollte keinesfalls zu Amy. Wenn mir keiner sagen wollte was los war, fand ich es eben selber heraus. Dieses Geheimnis, in das sogar meine Mum eingeweiht schien, machte mich schier kirre.

Zielsicher steuerte ich das Wassergrundstück an, was ich auch nach knapp 20 Minuten erreicht hatte. Es lag abgeschieden in einem Waldstück. Dass es inzwischen stockfinster war, trug nicht gerade zur Entspannung der Atmosphäre bei, doch ich war zu entschlossen hinter das Geheimnis zu kommen, als dass ich wieder heimgefahren wäre.

Das komplette Grundstück lag im Dunkeln. Einzig und alleine das Licht, das aus dem Haus kam, erleuchtete kleine Teile. Und der Vollmond, der momentan aber noch hinter kleinen Wolken verschleiert war. Vor dem Haus konnte ich Stiles Jeep ausmachen und daneben stand Scotts Bike. Hatte ich es doch gewusst!

When The Sun Goes Down (Liam Dunbar)Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz