Rostige Klingen schneiden besser

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Pov Petyr
Das Schicksal schenkte ihm eine zweite Chance. Vor vielen Jahren wagte er es um die Hand seiner Geliebten zu kämpfen, doch damals war Petyr ein naiver, kleiner Junge. Es hätte ihm beinahe das Leben gekostet und eine hässliche Narbe, welche sich über den grazilen Oberkörper brannte, würde ihn sein Leben lang daran erinnern. Wann immer er sich entblößt im Spiegel betrachtete traten die Bilder wieder in seinen Kopf.

Ein Blick auf das gezeichnete Fleisch, auf seine Narbe, erinnerte ihn daran, dass er in dieser Welt keine Chance hatte. Er würde immer ein Opfer der Stärkeren bleiben, der Mächtigeren, wenn er nicht anfangen würde das Spiel zu spielen. Tausende Momente der Einsamkeit machten ihn zu dem, was er heute ist. Er hatte sich entwickelt und ist herangewachsen. Er begann das Spiel zu spielen.

Die Vergangenheit hatte ihn eingeholt und zwang ihn erneut ein Duell gegen einen Stark aufzunehmen. Der Unterschied zwischen seinem letzten Kampf und diesem, waren die vielen Jahre des Trainings. Damals trat er als Figur des Bauern auf das Feld, heute war er der Spieler.

Er konnte mit dem Dolch so gut umgehen wie kein anderer, dank seines Großvaters. Dieser ermöglichte es Petyr mit den Gesichtslosen zu trainieren. Er lernte sich zu bewegen wie sie, zu denken wie sie. Er schwitze Blut über Jahre hinweg, jeder Knochen schmerze, doch konnte er es aushalten.

Arya hatte nur einige Monate Bekanntschaft mit den Gesichtslosen, doch lernte sie rasch. Er hatte sie beobachtet, ihre Schritte analysiert und merkte wie begabt sie mit dem Schwert war. Es war ein Risiko welches Petyr einging. Doch er hatte keine Wahl. Er musste es tun. Nicht für Sansa oder sonst jemanden. Er tat es für sich.

Die nasse Schneeschicht saugte sich an seine Schuhe und draußen am Hof hatten sich schon viele neugierige Blicke versammelt. Die Menschenmenge stand gespannt um Arya, welche aufrecht ihren Herausforderer fixierte. Petyr trat furchtlos in die Mitte des Kreises und bemerkte am Rand der Zuschauer Sansa, welche besorgt ihren Blick auf ihn richtete. Er spürte ihre Anspannung. Ihre achtsamen Augen, welche Petyr stumm verfolgten, glitzerten im leuchtenden Schnee. Er lächelte ihr kurz beruhigend zu, bevor er zu Arya trat. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast. Stumm funkelten sie sich an, auf Augenhöhe. „Du wirst sterben", hauchte das braunhaarige Mädchen kalt, ihr frostiger Atem sichtbar.

Er schob die blonde Strähne, welche sein Gesicht bedeckte zur Seite. „Ich bin bereits tot", begann er knapp, „reiche mir eine Waffe und du wirst es ebenfalls sein" Er deutete dabei auf den Dolch, welchen Arya von Bran überreicht bekam. Diese musste lächeln. „Ich dachte die Schlacht gegen die Toten würde uns noch bevor stehen", begann sie ironisch, drehte sich dann zu einem der Zuschauern, „Bringt dem Mädchen ein Schwert. Keine andere Waffe soll unser Duell entscheiden"

Während einer der Männern Petyr mit einem Schwert ausrüstete, machte er sich kampfbereit. Das matte Schwert zeigte Spuren von Rost an seinem Knauf, welche sich bis zum Griff ausbreiteten. Seine Fingerspitzen strichen vorsichtig über die Schneide, welche etwas abgenutzt wirkte. Er seufzte. „Die Schlacht gegen die Toten hat schon lange begonnen", sprach er in den kühlen Wind, als er die Waffe fest anpackte.

Arya stellte sich schräg, hielt ihre Schwerthand vor sich und die andere dahinter. Genauso, wie sie es lernte. Auch Petyr wurde es beigebracht schräg zu stehen, doch seine zweite Hand weilte nicht hinter dem Rücken, sondern versuchte seinen Körper auszubalancieren. Dann attackierte Arya, schnell wie ein Blitz, doch mit der kleinsten Bewegung konnte Petyr ihre Attacke abblocken und trat zugleich näher auf Arya zu, weshalb sie nicht zuschlagen konnte, da er zu nahe bei ihr war.

Er hatte leichtes Spiel und befand sich in guter Position. Ihre ganze linke Flanke stand frei und durch Petyrs Combo hätte er ihr die Kehle aufschlitzen können.  Unerwartet duckte sich seine Gegnerin, welches Petyr kurz irritierte. So konnte sich Arya wieder Sicherheit verschaffen und deckte jetzt wieder erfolgreich ihre Flanke. Petyr knurrte etwas beschämt. Er hätte sie besiegen können, war aber zu langsam.

Das Publikum war bis auf die Knochen gefesselt. Jubel tobte auf dem ganzen Hof und jeder einzelne Bewohner von Winterfell ließ sich den Kampf nicht entgehen. Selbst Bran saß etwas abseits und verfolgte emotionslos den Kampf, welcher jetzt erst richtig in Fahrt kam. Jede Attacke die Petyr machte wurde abgewehrt und jeder Angriff Aryas wurde klug gegen sie verwendet. Alle Zuschauer klatschten und feuerten an.

Nur Sansa war stumm

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Nur Sansa war stumm. Ungläubig starrte sie auf die Blonde, das schüchterne und zerbrechliche Mädchen. Ihre Zofe war eine Kriegerin. Sie hatte eine Fassade aufgesetzt und zeigte sich schwach, doch in Wahrheit war sie jemand anderes. Trotzdem hatte Sansa Angst um sie. Um beide. Sie wollte nicht, dass ihre neue Freundin starb und schon gar nicht ihre Schwester. Angespannt verfolgten ihre Augen das Duell.

Petyr brannte der Rachen. Die kühle Luft, welche er einatmete behinderten seine Atemwege. Auch wenn der Kampf nur einige Minuten dauerte, zerrte es in Petyrs Muskeln, als wären viele Stunden purer Anstrengung vergangen. Ihm ging die Puste aus. Noch nie hatte er in solch eisigen Zuständen gekämpft, er war den Winter nicht gewöhnt. Die Geschichte würde sich wiederholen, wenn es nicht bald vorbei wäre. Seine Kräfte begannen zu schwinden. Er würde erneut verlieren. Er musste sofort handeln, wenn auch mit unfairen Mitteln.

Durch eine Täuschung preschte er wieder zu Arya vor, wehrte ihren Schwerthieb mit der letzten Kraft ab, um das valyrische Schwert aus ihren Händen zu schlagen, ließ das seine ebenfalls fallen und brachte seine Gegnerin mit einer Wurftechnik zu Boden. Die Aktion kam für Arya völlig unerwartet, weshalb sie hilflos auf den harten Untergrund knallte. Petyr drückte sie erschöpft in den Dreck, den kalten Matsch, da der Schnee schon lange weg getreten wurde, während dem Kampf der beiden. Eine Hand packte Arya an der Schulter, die andere ergriff ihren Dolch, welchen sie bei sich trug. Petyr hielt diesen drohend an ihre Kehle.

Keiner rührte sich mehr. Das Publikum war verstummt. Man konnte nur einige Krähen krächzen hören und Petyrs schweres Atmen. Der Dolch lag kalt in seinen zitternden Händen. Er war nicht nervös, doch jede erdenkliche Kraft hatte seinen Körper verlassen. Die Blicke der beiden Duellierenden trafen sich. Arya sah verstört aus, niemals erwartete sie eine solch begabte Gegnerin. Ein zartes Mädchen, wie es schien, konnte Arya Stark die Stirn bieten. Langsam kehrte die verlorene Energie zurück in Petyrs Körper und dieser begann zu realisieren, dass er der Sieger war. Er konnte sich nicht mehr zurückhalten und grinste über beide Ohren. Er hatte gesiegt.

Schwerfällig erhob sich Petyr und steckte sich den Dolch triumphierend in seine Tasche. Arya rührte sich immer noch nicht. Sie war wie versteinert an den Boden gefroren. Sansa war die Erste, welche auf die beiden zu rannte. In diesem Moment begannen die Zuschauer zu klatschen und zu jubeln. Sansa stürmte an Petyr vorbei, welcher mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck seinen Applaus genoss. „Arya, geht es dir gut? Hat dir Cat weh getan?", fragte sie besorgt ihre Schwester, welche sich endlich erhob und den Dreck von ihrer Kleidung klopfte.

Arya ignorierte Sansas Fragen und stampfte wütend zu Petyr. Sie packte ihn an der Schulter und meinte wütend: „Das war gegen die Regeln! Wir haben ausgemacht, dass wir nur mit dem Schwert kämpfen" Petyr konnte nicht aufhören zu grinsen. Er hatte sich endlich der Vergangenheit gestellt und durfte den hart erkämpften Sieg genießen. Ob es nun gegen die Regeln war oder nicht.

„Ein Mann der ohne Regeln lebt, kann es in dieser Welt weit bringen. Jeder andere wird immer eingeschränkt sein", meinte Petyr zu Arya und reichte ihr dabei das Schwert, welches er ihr im Kampf aus den Händen schlug. Arya betrachtete kurz ihr Schwert, richtete dann ihren Blick wieder auf Petyr: „Wer bist du und wer hat dir das Kämpfen beigebracht?"

In der Ferne hörten sie Hörner schallen. Jon war zurück. Alle Zuschauer wandten sich zu den Toren, um die Eingetroffenen zu begrüßen. Bevor Petyr sich von Arya abwandte, funkelten seine eisblauen Augen zu ihr zu.

Niemand", begann er, doch als er bemerkte wie Aryas Augen sich weiteten, fügte er schnell hinzu, „...niemand besonderes"

Sterben Um Zu Leben (SansaxPetyr)Where stories live. Discover now