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Nach einer Weile beruhigte sich mein Gemüt etwas. Noch immer plagten mich tausend Fragen, doch ich versuchte nicht daran zu denken. Nicht zu hinterfragen, was wäre wenn ich einfach mal über meinen Schatten springen würde. Offen mit Dag reden würde. Würde es was ändern? Kämen wir Beide besser klar auf die Situation. Die Sitaution... Wie sich das anhört. Als wäre es was vorübergehendes. Naja, das ist es ja eigentlich auch. Zumindest für Dag... Für mich wird es für immer bleiben. Ahhh! Tascha! Du wolltest nicht mehr denken. Wütend kniff ich die Augen zusammen und atmete tief durch. Ich sollte mich jetzt besser mal am Riemen reißen, meine Arbeit wartet schließlich auf mich. Ich kann ja nicht am ersten Tourtag schon versagen. Langsam quälte ich mich hoch und wischte mir die verlaufene Mascara weg, schmierte etwas Makeup wieder drauf. So jetzt seh ich wenigstens nicht mehr ganz so schlimm aus. Mein Blick glitt langsam anmeinem Outfit hinunter. Das sollte ich vielleicht auch noch ändern. Anstatt der viel zu großen Klamotten, zierte mich jetzt eine schwarze Momjeans und ein schwarzes Tourshirt. Ich mochte ihre Kleidung total gerne. Man fühlt sich irgendwie zugehörig, wie eine Einheit, bei der jeder seine Aufgabe hat damit das Uhrwerk funktioniert. Tja, da war er wieder, der berühmte Haken in der Story. Diesmal bin ich es, die nicht passt. Ich funktioniere momentan nicht. Zumindest nicht wie ich sollte. Ich will verdammt nochmal die Kontrolle über mein Leben zurück. Ich will nicht, dass der Krebs meine Entscheidungen trifft. Doch momentan lass ich mich von ihm steuern. Ich muss doch gegen ihn kämpfen. Nicht im vorhinein aufgeben und ihm die Macht überlassen. Genau deshalb beweg ich jetzt meinen Arsch hier raus und mache meinen Job. Dieser scheiß Krebs kriegt mich nicht unter. Es war bitternötig mich aufzuraffen und nicht einfach alles passieren zu lassen. Wieder aktiv Entscheidungen zu treffen. Nocheinmal atmete ich tief durch und machte mich dann auf den Weg zu den Anderen. Die Stimmung war niedergeschlagen. "Was ist denn los?" fragte ich Toni. Ich hatte in der Halle mit vielem gerechnet aber nicht mit miesepetriger Laune. "Dag kriegts nicht hin..." seufzte Toni und verzog sich wieder in sein Kämmerchen. War das meine Schuld? Hab ich das angerichtet? Ich lief die ganze Halle ab und suchte Dag. Eigentlich wollte ich nicht mit ihm reden. Eigentlich wollte ich nur meine Arbeit machen. Aber wenn ich an dem Trauerspiel hier schuld bin... Ich muss mit ihm reden. Als ich fast die Suche aufgegeben hatte, sah ich Dag draußen Liegestützen machen. Er war wütend. Sein ganzer Körper stand unter Spannung. Sogar sein Kiefer. Fest presste er die Zähne zusammen, als er mich sah. Völlig unbeirrt machte er weiter. Er beachtete mich nicht. "Dag?" Keine Antwort. Nur noch eine Liegestütze und noch eine. "Man Dag, wir müssen reden" sagte ich bestimmend und setzte mich neben ihn auf den noch sonnenwarmen Teer. "Müssen wir das?" fragte er bissig. "Ja, kannst du bitte aufhören?" fragte ich sanft. Ich wollte nicht schon wieder explodieren und alles in die Luft jagen. Es reicht wenn hier einer geladen ist. Wiederwillig ließ er sich neben mich fallen und sah mich erwartend an. "Es tut mir leid" presste ich rauß. "Es tut dir leid? Was? Dass du Krebs hast?" schnaubte er verächtlich. Ja, gute Frage. Was tut mir leid? "Fuck, Dag... Ich weiß doch auch nicht wie ich hiermit umgehen sollte. Was ich sagen sollte, was hier von mir erwartet wird..."stotterte ich rum. "Das sagst du?" er wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah mich verwundert an. "Egal was ich mache es ist falsch... Sag ich nichts, dann nehm ich keinen Anteil. Sag ich was, heißt es ich soll mich raushalten. Will ich dir zuhören, dann willst du nicht reden. Will ich reden, dann willst du nichts von mir hören... Ich weiß nicht wie ich mit dir umgehen sollte" gab er ehrlich zu. Er war wütend auf sich selbst. Darüber, dass auch er die Kontrolle über mich verloren hatte. Wie soll er die auch haben? Ich hab sie ja schon längst nicht mehr. "Es tut mir leid" flüsterte ich und brach fast wieder in Tränen aus. "Tascha, ich liebe dich! Ich will nicht, dass du leidest. Ich will das alles nicht. Aber was soll ich tun?" fragte er mich ratlos und sah mir tief in die Augen. Ich zuckte nur mit den Schultern. Ja, was sollte er tun? "Ich will leben, Spaß haben und nicht mit Samthandschuhen angefasst werden. Ich will nicht daran denken. Vor allem will ich, dass du die Zeit hier genießt." schluchzte ich und vergrub mein Gesicht in meinem Händen. Es war so nötig, dass wir reden. Sanft nahm Dag meine Hände vom Gesicht weg und zwang mich ihn anzusehen. "Kein in Watte packen mehr aber dafür redest du mit mir. Deal?" fragte er. Er hatte recht. Ich muss mit ihm reden. Nur ob ich das immer kann. Ich muss es zumindest versuchen. Als Antwort nickte ich und küsste ihn. "So jetzt aber an die Arbeit! Die Andern sind schon sauer auf dich!" scheuchte ich ihn hoch. "Vielleicht solltest du vorher noch kurz duschen" stellte ich amüsiert fest. Von den Liegestützen vorhin ist sein Tshirt durchgeschwitzt. "Guter Plan!" sagte er euphorisch und sprintete in Richtung der Duschen. Langsam rappelte ich mich hoch. Plötzlich wurde mir wieder schwindelig. Mein Herz begann zu rasen. Ich stützte mich an der Wand ab und atmete tief ein und aus. Fuck! Diese scheiß Krankheit. Nach ein paar Minuten ließ der Schwindel nach. Ich trank einen kräftigen Schluck Wasser und beförderte die mir verschriebenen Tabletten in meinen Magen. Meine kaltschweißigen Hände wischte ich an meiner Jeans ab. Gott sei dank hat das keiner gesehen. Das hätte mir grade noch gefehlt. Da hätte ich das Arbeiten gleich vergessen können. Auch wenn Dag mir den Deal vorgeschlagen hat, er würde sich des Todes Vorwürfe machen. Es ist besser ich behalt das für mich. Dann kann keiner eine rießen Welle daraus machen. Ist ja auch schon wieder vorbei. War nur kurz der Kreislauf. Nicht so schlimm. Muss ja nicht jede Kleinigkeit erzählen. Machen die Jungs ja auch nicht.

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Es tut mir leid, dass jetzt so lange kein Kapitel kam. Durch einige unvorhersehbaren private Ereignisse und einen kleinen Krankenhausaufenthalt, bin ich nicht zum Schreiben bzw Posten gekommen.

Hoffe es geht euch gut und das Schicksal hat euch lieb. 🖤

SDP - Feuerzeugromanze (Teil II) Where stories live. Discover now