13 Kapitel

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Die ganze Stunde lang lag Roses auffordernder Blick auf mir.
Schließlich platzte mir der, eh schon dünne, Geduldsfaden.
"Kannst du bitte aufhören, mich die ganze Zeit so anzugucken? Das nervt."
Ohne etwas zu erwidern, schaute Rose gekränkt weg.
Sofort bekam ich ein schlechtes Gewissen.
Es war ja nicht ihre Schuld, dass ich sauer auf Derek war. Sie meinte es nur gut, wenn sie mir andauernd sagte, ich sollte mich mit ihm vertragen und alles mit ihm klären.
Vielleicht war das ja auch gar nicht so eine schlechte Idee, began ich zu überlegen.
Es konnte nicht schaden, sich mit ihm gut zustellen.
Außerdem musste ich zu meinem Ärger zugeben, dass ich es irgendwie vermisste, ganz normal mit ihm zu reden und zu scherzen.
Ich musste mich nur damit abfinden, dass wenn ich mich bei ihm entschuldigte, mein ganzer Stolz zerbrechen würde.
Ich beschloss, mich nach dem Unterricht zuerst einmal bei Rose zu entschuldigen.
Als es klingelte, packte ich schnell meine Sachen zusammen und lief zu ihr.
"Hey Rose, warte."
Sie drehte sich um. "Was ist?" Ihre Stimme klang etwas ungehalten.
"Es tut mit leid wegen eben, ich meinte das nicht so. Ich war nur völlig genervt wegen...naja, du weißt schon."
"Schon okay. Ist ja deine Sache, ob du dich mit ihm verträgst oder nicht. Ich finde nur, ihr ward immer so süß, wenn ihr zusammen seid." Sie zwinkerte mir kurz zu, nahm ihre Tasche und verließ mit den anderen die Lichtung.
Perplex sah ich ihr hinterher.
Was hatte sie da gerade gesagt? Meinte sie das ernst?
Ich schüttelte den Kopf und folgte den anderen von der Lichtung.

Nach den Hausaufgaben machte ich mich auf die Suche nach Derek.
Zuerst einmal sah ich in der Bibliothek nach, doch fand dort nur die Bibliothekarin und ein paar Erstklässler vor.
Also suchte ich weiter. Vielleicht war er ja auf seinem Zimmer.
Als ich vor der Tür ankam, drangen laute Stimmen heraus. Wahrscheinlich hatten er und seine Mitbewohner gerade irgendwelche Freunde zu besuch oder so.
Wenn ich jetzt da rein gehen würde, würde ich mich total zum Affen machen. Also beschloss ich, später wieder zukommen.
Ich wollte mich gerade umdrehen, als sich die Tür unerwartet öffnete.
Stock steif stand ich nun in der geöffneten Tür und sieben Augenpaare richteten sich auf mich.
Wie ich richtig vermutet hatte, hatten sie Freunde zu besuch. Und alle schauten mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich atmete einmal tief durch.
" Äh...ich...äh...wusste nicht das ihr Besuch habt. Dann komm ich später noch mal wieder..." Sagte ich stotternd.
Mein Gesicht lief feuerrot an und ich machte, das ich weg kam.
Ich rannte durch den Flur und durch die Eingangshalle nach draußen.
Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. Ernsthaft! Jetzt hielten die mich doch für völlig gestört.
Ich hatte nicht darauf geachtet, wo ich lang lief und merkte erst jetzt, dass ich bis zum Waldrand gekommen war.
Dort stand ich nun, keuchend und mit noch immer vor Scham und vermutlich auch durch den Sprint, gerötete Wangen.
Ein Knacken riss mich aus meinen Gedanken.
Suchend schaute ich in den Wald, aus dem das Geräusch gekommen war, doch ich konnte zwischen den Schatten nichts erkennen.
Da war es schon wieder. Diesmal etwas lauter.
Ein Schauer durchfuhr mich.
"Wer ist da?" Rief ich mit leicht zitternder Stimme. Sofort ärgerte ich mich über mich selbst.
Als wenn da dieses Etwas jetzt aus seinem Versteck herausspringen würde und rufen würde: 'Hier bin ich. Ich bin der und der' Im ernst. Dümmer konnte man doch nicht sein.
Also lief ich ohne weiter darüber nachzudenken, schnell zurück zur Schule.
Erneut eilte ich durch die Eingangshalle und wäre diesmal fast in Derek hineingerannt.
Innerlich stöhnte ich auf. Oh nein! Der hatte mir gerade noch gefehlt! Sofort wurde ich wieder rot vor Scham, als ich an vorhin dachte.
"Emily, was war eben? Warum bist du so schnell weggelaufen?" Fragte er mich und sah mich aufrichtig an.
"Vielleicht weil es total peinlich war, dass ihr da mit euren Freunden sitzt und ich auf einmal vor der Tür stehe und mit dir reden möchte." Erwiderte ich. Derek starrte mich kurz an.
"Du wolltest mit mir reden?"
"Ja."
"Okay, dann mal los."
"Also...äh..." Ich stockte etwas überfordert. Darauf hatte ich mich nicht vorbereitet. Wie sollte ich anfangen? Was wollte ich ihm überhaupt sagen?
"Es tut mir leid, dass ich dich angemotzt habe." Sagte ich einfach, da es das Erste war, was mir in den Sinn kam.
"Ich habe mich einfach nur darüber geärgert, dass du mich immer ignorierst..." Ich musterte die ganze Halle, um nicht Derek anschauen zu müssen.
Mir war noch nie der Stuck an der Decke aufgefallen...
"Nicht schlimm. Ich war ja auch nicht gerade nett zu dir. Und mit dem ignorieren....es ist besser so, wenn Elija nicht weiß, dass wir uns kennen."
"Wieso?" Fragte ich verwirrt.
"Ach, nicht so wichtig. Also ist jetzt alles geklärt?" Er ging nicht weiter auf meine Frage ein.
"Ja, ich denke schon." Sagte ich und beschloss, nicht nochmal nachzufragen. Früher oder später würde ich es sowieso erfahren.
Es klingelte zum Abendessen und Derek und ich gingen zusammen zum Speisesaal.
Als wir dort ankamen, war er schon vollgestopft mit Schülern.
Von einem Tisch aus winkte uns Rose zu und wir setzten uns zu ihnen.
Rose lächelte zufrieden.

Mrs Franzis, unsere Geschichtslehrerin, begann, uns zu erklären, warum wir nächste Woche unbedingt einen Test über die Französische Revolution schreiben mussten.
"Kinder. Dieser Test soll nur gut für euch sein. So könnt ihr sehen, was ihr könnt und was eben noch nicht. Auch ich kann mit dem Test überprüfen, auf welchem Stand ihr seid."
Wir stöhnten genervt auf.
"Warum muss sie ausgerechnet jetzt einen Test schreiben?" Fragte June genervt neben mir.
Ich schnaubte als Zustimmung.
Mrs Franzis achtete nicht weiter auf unser Widerwillen und begann mit dem Unterricht.
Am Ende der Stunde kam sie nochmal auf den Test zurück.
"Das Thema wird, wie ihr wahrscheinlich schon vermutet habt, die Französische Revolution sein.
Im Buch könnt ihr euch dazu die Seiten 125-139 durchlesen und die Aufgaben machen."
"So viel?!" Fragte ich, eigentlich an June gerichtet, aber ich hatte wohl etwas laut gesprochen.
"Emily, wenn man im Unterricht aufgepasst hat, wird dieser Test ein leichtes sein." Ich wurde leicht rot und nickte nur.
"Hey June, kann ich mir vielleicht dein Buch ausleihen? Ich find meins nicht mehr und du kannst das alles sowieso." Fragte ich June.
"Ja klar." Antwortete sie mir und schob das Buch zu mir hinüber.
"Danke."

Es war Freitagnachmittag. June war heute wegen Grippe nicht in den Unterricht gekommen und lag den ganzen Tag in einer der Krankenzimmer im Bett.
Ich beschloss, sie nach der Schule zu besuchen, dann konnte ich ihr auch direkt das Geschichtsbuch zurück geben, was ich mir am Montag ausgeliehen hatte.
Als ich den anderen erzählte, dass ich June besuchen würde, schlossen sie sich mir an.
Also ging ich nach dem Unterricht mit Cassie, Elsa und Yette zu den Krankenzimmern.
Die Krankenzimmer hatten einen eigenen Teil des Gebäudes.
Es sind, wie der Name schon sagte, verschiedene Zimmer für kranke oder verletzte Schüler, in denen für gewöhnlich ein bis zwei Betten mit jeweils einem Nachttisch standen.
Diese Zimmer waren logischer Weise dafür da, dass die Krankenschwestern einen besseren Überblick über die Erkrankten hatten und sich besser um sie kümmern konnten
An einem Tresen erwartete uns eine Schwester und wir fragten, wo denn Junes Zimmer liegen würde.
"Zimmer 34." sagte sie und deutete den Gang hinunter.
Dieser Krankenbereich erinnerte mich stark an ein Krankenhaus.
Die Wände waren weiß gestrichen, die Ärzte trugen weiße Kittel und auch der Geruch war ziemlich ähnlich.
Vor Zimmer 34 hielten wir.
Die Tür war angelehnt.
Yette klopfte dreimal, aber niemand antwortete.
Wir zögerten kurz.
"Wahrscheinlich schläft sie." Überlegte Cassie achselzuckend und stieß die Tür leise auf.
Wir erstarrten.
Das Zimmer war völlig verwüstet.
Der Nachttisch lag auf dem Boden, eine Schublade war heraus gerutscht, sie lag nun zersplittert am Boden.
Das Bett stand schief und fetzten von dem weißen Vorhang lagen verstreut auf dem Boden.
Das Fenster war völlig kaputt und überall lagen die kleinen Glassplitter herum.
Auch die Bettdecke hatte schonmal bessere Tage erlebt. Sie lag zerrupft am Boden und einige Federn flogen durch die Luft, von einem kalten Wind aufgeweht, der durch das kaputte Fenster hereindrang und uns schaudern ließ.
Erst jetzt viel mein Blick auf das leere Bett.
Eine rote Lache verzierte die weißen Bodenfliesen und ein rostiger Geruch hing in der Luft.
Ich konnte mich nicht bewegen und brachte keinen Ton raus.
Das Geschichtsbuch, was ich in meinen Armen gehalten hatten, fiel krachend zu Boden und das Geräusch hallte in meinem Ohren wieder.
Bewegungsunfähig standen wir da.
Neben mir hörte ich Elsa aufkeuchen.
June war nirgendwo zu finden.

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Ich hoffe es gefällt euch,
FROHE WEIHNACHTEN
LaraHockey :)

School of Elements I  ~ The forgotten ElementWhere stories live. Discover now