#17 Daydream

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In Sportsachen setzte sich Claire auf den Mattenwagen für Kranke. „Willst du nicht mitmachen?", fragte Blake und merkte erst danach, wie unnötig diese Frage war. „Nein, sieht man doch", antwortete sie. „Wo warst du denn so lange?", fragte Florian, welcher mit Tobias und Linda ebenfalls nicht mitmachten und sich nun auch zu Claire gesellten. Blake war weggegangen, weshalb er davon nichts mehr mitbekam. „Ich musste Blake ja irgendwie abschütteln", meinte sie und ließ den Lehrern dabei nicht aus den Augen. „Blake?", fragte Tobias verwirrt. Mit großen Augen sah die 15-Jährige dann doch zur Seite. „Ihr habt das nicht mehr gesehen?", fragte sie. „Nein... wir sind zur Sporthalle gegangen. Was wollte er von dir?". „Das... weiß ich selbst nicht, ich bin ja weggelaufen", reimte sie sich schnell zusammen. Linda zog eine Augenbraue hoch und ließ ihren Blick zu ihrem Sportlehrer gleiten, welcher genau zum unpassendsten Zeitpunkt zu Claire sah.

Um von dem Thema mehr oder weniger abzulenken fing Claire an, die Bilder von Blake zu speichern, um sie bearbeiten zu können. Gemeinsam mit Florian, Tobias und Linda machten sie sich einen Spaß daraus, die Bilder auseinander zu nehmen. Dass ein Bild bereits in ihrem Screenshot Ordner existierte, bemerkte dabei niemand.

„Schon irgendwie fies", meinte Linda hämisch und lehnte sich zurück. Florian und Tobias taten es ihr gleich. Sie sahen zu ihrem Lehrer, der sie zwischendurch beobachtet hatte. Claire selbst musterte das fertige Bild kritisch und speicherte es dann seufzend ab. „Kannst du mir auch ein paar schicken, dann habe ich wenigstens auch etwas während des Unterrichts zu tun", bat Florian sie. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in ihr aus, aber um den erweckten Verdacht zu vertuschen willigte sie ein. Sie durfte nicht so nett zu Blake sein.

Der Unterricht nach Sport war langweilig. Mathe in der letzten Stunde, und damit wieder mit Blake, würde vielleicht noch interessant werden, aber in der Zwischenzeit konnte Claire gut verstehen, dass Florian immer wieder abschweifte. Das Handy in seiner Hand war eigentlich nicht gut versteckt, aber ihn störte es nicht. Mit einem Chupa Chup Lolli, welche sie in der Pause gekauft hatten, saß er breitbeinig auf seinem Stuhl. Er kaute auf dem orangenen Stiel und grinste in sein Handy. Darauf ersetzte er nämlich gerade den Hintergrund eines der Bilder ihres Lieblingslehrers. Claire kaute auf ihrer Unterlippe. „Alles okay?", stupste Linda sie von der Seite an, „Eigentlich bist du am Schlafen oder nicht da, aber in Gedanken sieht man dich nur selten". „Klar", Claire setzte sich wieder aufrechter hin und kritzelte etwas auf einem Löschblatt.

Die Schüler strömten aus der Klasse. Desinteressiert blieb Claire sitzen. Sie war definitiv nicht eine der hyperaktiven Kinder, die alle fünf Minuten nutzen, um sich zu bewegen. Linda und Florian wollten noch was beim Kiosk kaufen, deshalb blieb sie alleine zurück.

Seufzend malte sie weiter und legte den Kopf auf ihren Arm. Viel zu früh betrat Blake den Klassenraum. Er benahm sich zunächst wie ein Lehrer, ging nicht viel später allerdings grinsend auf Claire zu. „Wow, du kannst echt gut malen", lobte er sie. Lächelnd versuchte Claire sich nichts anmerken zu lassen, was offensichtlich scheiterte. Blake zog sich einen Stuhl ran und setzte sich falsch herum darauf. Seinen Kopf legte er auf die Lehne und beobachtete seine Schülerin. Als Claire dies zu bunt wurde legte sie den Stift bei Seite und erwiderte den Blick ihres Lehrers. „Du bist irgendwie so... geheimnisvoll. Einerseits benimmst du dich wie das größte Bad Girl der Schule und andererseits bist du so verletzlich. Du hast so viele Talente, warum also die Fassade?". „Erstmal... ich bin das größte Bad Girl der Schule und zweitens, nur, weil ich gut backen und malen kann heißt das nicht, dass ich gleich talentiert bin. Ich mag mich so, wie ich bin". „Ich mag dich auch so, wie du bist", Blake legte eine Hand an ihr Kinn, „Ich mache mir nur Sorgen um dich". Claire hielt automatisch ihre Luft an. Mit dieser Wendung des Gespräches hätte sie echt nicht gerechnet. Sie hob etwas den Kopf, während Blake sein Blick zwischen ihren Augen und Lippen hin und her bewegte...

„Claire", wild fuchtelte Blake vor ihren Augen herum. „W...was", sie setzte sich auf. Dabei rollte der Bleistift vollends aus ihrer Hand. Ein dunkler Strich hatte dieser hinterlassen, als sie in diesen Tagtraum fiel. Schnell faste sie sich an die Unterlippe und starrte Blake an. Dieser sah sie irritiert an. „Alles gut bei dir?", fragte er und legte leicht den Kopf schräg. „Ähm... ich weiß nicht...", schnell fasste sie sich wieder, „Natürlich ist alles gut. Vergessen sie's einfach". Einen kurzen Moment sahen sie sich einfach an. Blake versuchte irgendwie zu deuten, was gerade vor sich ging. „Apropos vergessen", setzte der Lehrer schließlich wieder an, „Du schuldest mir noch etwas". Seine Wortwahl amüsierte ihn, doch bei Claire stieß das eher auf gegenteiliges. „Der Basketball. Ich hoffe, du hast die Aufgabe gemacht". „Nein, natürlich nicht", sie schnaubte und packte ihre Stifte, die sie zuvor in Kunst brauchte, hektisch in ihr Etui. Ihr Mathelehrer zog sich einen Stuhl heran und setzte sich falsch herum darauf. Reflexartig wich die 15-Jährige zurück. „Hier ist doch niemand", meinte er, „ich verrate es schon niemandem". „W...was meinen sie", überrascht über ihre Unsicherheit vermied sie Blickkontakt. „Die Aufgaben natürlich. Das du sie gemacht hast. Was denkst du denn?". „Nichts", sie strich sich eine Strähne hinters Ohr und wollte sich gerade zu ihrer Tasche herunterbeugen, als es klingelte. „Ich habe sie nicht gemacht. Warum sollte ich", meinte sie trotzig, stand auf und brachte einen winzigen Schnipsel in den Müll. Lächerlich, aber so konnte sie wenigstens etwas Abstand zwischen sie bringen. Das war eindeutig zu viel.

Der Tagtraum machte der 15-Jährigen zu schaffen. Zwar verlief die Mathestunde ohne weitere Komplikationen, doch zuhause, im Laufe des Nachmittags, sollte sich das ändern.

„Ich gehe kurz einkaufen. Bin gleich zurück", verabschiedete sich ihre Mutter. In einem Top und Hotpants, welche eigentlich zu ihrem Schlafanzug gehörte saß Claire an der Küchentheke und scrollte sich gelangweilt durch Unmengen Memes und Videos. Eine rosafarbene Sweatshirt Jacke lag um ihren Schultern, dessen Gürtelband ebenso locker an ihrer Hüfte lag. Es klingelte. „Du hast doch einen Schlüssel", grummelte sie. Sie drehte beim Aufstehen ihren hohen Zopf in einen lockeren Dutt und öffnete die Tür. „Bitteschön für den Service", meinte sie gelangweilt. Noch im selben Atemzug drehte sie sich um und wollte zurückgehen, als sie stockte und mit weit aufgerissenen, grünen Augen zu ihrem Lehrer sah. „WAS ZUR HÖLLE WIRD DAS?", fuhr sie ihn erschrocken an, „Stalken Sie mich etwa? Verfolgen Sie mich?". „Nein, ich hole nur meinen Basketball ab", erklärte er. Die 15-Jährige willigte nur mühsam ein, dass er reinkommen durfte. „Das ist illegal", meinte sie, während sie den Ball holte. „Oh wenn du jetzt damit anfangen möchtest... ich habe da so einige Punkte auf der Liste, was du schon alles für Regeln gebrochen hast", konterte er. „Sie führen Liste?", fragte sie ironisch und verdrehte die Augen, „Woher wissen Sie eigentlich, wo ich wohne?". „Erinnerst du dich noch an die erste Mathestunde?", fragte er, statt ihr einfach zu antworten, „Wie ich dort bereits sagte weiß ich mehr über euch, als ihr denkt". Er trat einen Schritt auf sie zu. Demonstrativ ging Claire den selben Abstand zurück. „Hast du irgendwie Angst vor mir?", fragte Blake irritiert und auf einmal ernst. „W...was?", Claire verstand nicht richtig, worauf er hinauswollte. „Eben vor der Mathestunde bist du auch zurückgewichen", erklärte er. „Achso das...", sie lachte nervös, „Nein, warum sollte ich denn Angst vor Ihnen haben". „Deshalb frage ich ja", er nahm ihr den Ball ab, welchen Claire schon total ausgeblendet hat. „Und magst du mir jetzt auch die Aufgabe zeigen? Ich weiß, dass du sie gemacht hast". Claire schluckte und nickte. Gemeinsam setzten sie sich auf das Sofa im Wohnzimmer.

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Ich dachte mir, das ist doch eine geeigente Stelle für einen Cutt hehe. Seid gespannt, was noch passiert und bis dahin...

Danke fürs lesen ❤️

I love you | SchülerxLehrerWhere stories live. Discover now