Chapter 53

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Sky’s P.O.V.

Es war dunkel, als ich hinunterschritt. Die Gänge waren von Kerzen erleuchtet und die Totenköpfe, die in die Wand eingemauert waren, starrten mich aus leeren Augenhöhlen an.

„Das gefällt mir ganz und gar nicht“, murmelte ich und ging auf Abstand als ich an den Schädeln vorbeiging. Der Boden knirschte unangenehm und ich versuchte, so vorsichtig vorzuschreiten wie möglich.

So sahen also Katakomben von innen aus.

Echt gruselig, doch Bree schienen die Gräber von den Leuten aus dem 18. Jahrhundert zu faszinieren. Leider war diese gerade pinkeln, und ich durfte allein die dunklen Gänge erkunden.

„Verdammt Bree, dafür werde ich dich umbringen“, seufzte ich und quietschte auf, als ich auf einen kleinen Knochen trat, der mit einem Knacksen auseinanderbrach.

Ich war mittlerweile schon so tief hineingegangen dass mir immer seltener andere Touristen entgegenkamen, und nach einem etwa fünfminütigen Fussmarsch wurde mir klar, dass ich ganz alleine war.

Die Gänge waren nur noch spährlich erleuchtet, und ich stolperte rückwärts.

Ein kleiner Schrei entfuhr mir, als ich gegen etwas prallte, und ich fuhr herum.

Vertraute blaue Augen glitzerten belustigt zu mir herunter. „Was bist du doch für ein schrecklich ängstliches Mädchen.“

„Louis“, sagte ich verblüfft, als seine Hand mein Handgelenk umschloss und er sich vorlehnte.

„Hast du mich denn nicht vermisst?“, flüsterte er und sein Atem streifte meine Lippen, was mich zum Lächeln brachte.

„Natürlich habe ich das“, erwiderte ich, löste meine Hand aus seinem Griff und schlang die Arme um seinen Hals.

Seine Lippen fanden meine und brachten mein Herz zum Stehenbleiben.

„Was machst du hier?“, fragte ich zwischen zwei Küssen und legte meine Arme an seine Hüfte.

„Hmm…was wäre eine Stadt der Liebe denn ohne Liebe?“, flüsterte er mit rauer Stimme, und ich musste erneut lächeln.

„Es wäre einfach eine Stadt.“

Louis und ich fuhren herum und mein Körper begann zu zittern.

Ein Mann stand vor uns. Er trug einen Mantel, lang und schwarz, und die Kapuze hing im so tief ins Gesicht, dass ich nichts erkennen konnte.

Ausser seinen Mund. Einen perfekt geschnittenen Mund, der sich zu einem hinreissenden Lächeln verzog.

Es war H. Obwohl ich nicht wusste, wer er war, war ich mir sicher, dass er in diesem Moment vor uns stand.

Ich schüttelte mich vor Angst. Und plötzlich  realisierte ich, dass es ein Traum war.

Wach auf. Wach auf, wach auf!

Ich versuchte mich zu kneifen, doch ich konnte mich nicht bewegen. Ich konnte nur mit Schrecken zusehen, wie H auf Louis zuging und ihn von mir wegzerrte.

„Dummer, naiver Louis.“ Der Mund bewegte sich langsam und er kam näher.

„Zu viel Liebe kann dich ersticken, Louis.“

Sein Arm schlang sich um Louis’ Kehle und zog ihn von mir weg.

Louis’ Schuhe hinterliessen auf dem Kiesboden eine Spur, als sie darüberscharrten. H zog ihn unwiederruflich von mir weg, in einen Würgegriff. Louis’ Kopf lief rot an weil er keine Luft bekam. Er sah zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, verängstigt aus.

„Lass ihn los!“, rief ich, doch H sah mich leer an. Sein Mund zeigte keine Reaktion, er war leicht geöffnet und ich sah perfekte, weiss blitzende Zähne dahinter.

„DU TÖTEST IHN!“

Ich wollte aufwachen.

JETZT.

Erneut versuchte ich, aufzuwachen, doch ich hatte keine Kontrolle über mich selbst.

Louis sah mich an, aus diesen wunderschönen, blauen, vertrauten Augen. Er sah mich so lange an, bis ihm das letzte bisschen Luft durch die Lippen entwich und seine Augen sich nach oben rollten.

Mit einem dumpfen Knall fiel er zu Boden, und entsetzt sah ich zu, wie Ratten zu Tausenden aus den Augen der Schädel an den Wänden krochen und sich um Louis’ Leiche scharten.

„Nein. Nein!“, schrie ich, und versuchte sie wegzuscheuchen, doch H’s Hand versank in seinem Mantel, um eine blitzende Klinge hervorzuziehen. Wie gelähmt stolperte ich einen Schritt rückwärts, und starr sah ich zu, wie die kleinen Nagetiere ihre scharfen Zähne in Louis’ Haut versenkten und winzige, blutige Bissspuren hinterliessen.

Sie frassen ihn auf.

„Du solltest bei der Wahl deiner Freunde etwas vorsichtiger sein, Sky.“ H’s Stimme jagte mir Schauder den Rücken hinunter, und als er mit einem Lächeln auf mich zukam, stolperte ich rückwärts.

„Geh weg von mir“, hauchte ich. Er kam näher, ich wandte mich um und rannte. Rannte, verzweifelt, weg von dem Traum, weg von H, weg von allem.

Ich wollte aufwachen.

Meine Lunge drohte zu zerbersten, so lange rannte ich, bis ich schliesslich stehenblieb.

Ich atmete schrecklich laut, und mein Herz klopfte schneller, da ich den Raum erkannte.

Ich war im Kreis gerannt.

Wieder befand ich mich in dem Raum mit Louis’ Leiche, doch die Ratten waren weg.

Sein entstellter Körper lag am Boden, regungslos, die Augen geschlossen.

Ein lautes Knirschen hinter mir kündete an, dass H nun ebenfalls hier war, und als er lächelnd die Klinge hob, sah ich keine andere Möglichkeit, als zu schreien.

„NEIN!“

„Sky?“

Ich riss die Augen auf.

Bree starrte mich verwundert an.

„W…was?“, fragte ich, wischte mir den Schweiss von der Stirn und setzte mich gerade hin.

„Warum hast du geschrien?“

Ich schüttelte den Kopf. „Albtraum.“

Bree rollte mit den Augen. „Steh auf, wir gehen.“

Ich setzte mich erschöpft auf. „Wohin?“

„Les catacombes warten auf uns!“ Sie sah so glücklich aus, und ich schüttelte zitternd den Kopf.

„Nein, da geh ich keineswegs hin.“

„Und warum nicht?“ Meine beste Freundin sah mich enttäuscht an. „Wir haben sogar einen privaten Führer!“

Ich sah müde auf, und lächelte, als ich den Jungen von gestern Abend erkannte. Er stand neben Bree und war mir bis jetzt noch nicht aufgefallen.

„Hi, ich bin Jared.“ Er sah etwas nervös aus und warf Bree hin und wieder einen Blick zu, nicht ohne rot zu werden.

„Du weißt also was über Katakomben, ja?“

„Ich weiss ziemlich viel über Paris. Und mit euch mitzugehen und euch die Sehenswürdigkeiten zu zeigen“, er lächelte, „schien mir eine bessere Alternative zu sein als mit meinen Eltern in irgendwelche Museen zu gehen.“

Bree strahlte mich an. „Also, was denkst du?“

„Gut.“ Ich räusperte mich, stieg aus dem Bett und streckte mich. „Lass uns gehen. Gib mir 20 Minuten.“

StrangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt