Chapter 16

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„Hier rein“, wies mich Louis an und ich stolperte ins Wohnzimmer. Es war klein, und doch gemütlich. Im Kamin brannte ein Feuer, wie ich mit Freude feststellte. Ich fror immer noch, und es war schön, zu spüren, wie sich die Wärme langsam in meinem Körper ausbreitete.

„Setz dich.“

Ich gehorchte und setzte mich auf das Sofa vor dem Kamin. Die Beine übereinandergeschlagen, sah ich Louis an.

Er ging hinüber zum Feuer und stellte sich davor. Louis räusperte sich, bevor er sprach und mich ansah. Sein Blick nagelte mich regelrecht fest, und ich griff mir ein Kissen, das neben mir lag, und schlang die Arme darum.

„Das was ich dir jetzt erzähle, ist persönlich. Ich möchte nicht, dass du es irgendjemandem erzählst, hast du verstanden?“ Sein Blick durchbohrte mich und ich nickte langsam. Die Neugier frass mich beinahe auf, als er vor dem Feuer hin und her ging, und sich überlegte, wie er anfangen sollte. Ich hatte ihn noch nie so gesehen.

Er wirkte aufgewühlt, seine ganze Maske war gefallen.

Die sonst so lockere Art, die er zu haben pflegte, war verschwunden. Seine Muskeln waren angespannt, und ich entschied mich, zu warten, bis er bereit war, es mir zu erzählen.

Louis’ P.O.V.

Die Flammen im Feuer züngelten hoch, leckten an den Holzscheiten die darin lagen, und liessen die Erinnerungen in mir hochkommen. Meine ganze Vergangenheit holte mich ein, und ich spürte den Drang, es Sky zu erzählen. Ich wandte mich ihr langsam zu, und sah, wie sie mich aus blauen Augen wachsam ansah. Sie sah ihr so ähnlich...

„Ich kann dir vertrauen, richtig?“, fragte ich langsam.

Sie nickte.

Ich holte tief Luft und sah sie noch einmal durchdringend an. Meine Stimme klang heiser, als ich zum Sprechen ansetzte.

„Meine Mutter wurde schwanger mit mir, als sie so alt war wie du. Ich weiss nicht, wer mein Vater ist. Meine Mutter war kein einfacher Teenager. Ihre Familie war arm, und dennoch verschwendete sie das wenige Geld, das sie kriegte, gern an unwichtige Dinge.

Sie ging gerne feiern, und ich denke, es war auf einer Party, wo sie meinen Vater kennengelernt hatte... naja, du kannst dir ja selbst denken was passiert ist.

Danach hat sie nie mehr etwas von ihm gehört. Sie erfuhr erst sehr spät, dass sie schwanger war und... es war zu spät zum Abtreiben.“ Ich hörte, wie meine Stimme kratzig wurde, und ich räusperte mich. „Ich wurde am 24. Dezember 1991 in Doncaster geboren. Für meine Mutter war es klar, dass sie mich loswerden wollte. Sie war jung, und ihre Familie hatte nicht genug Geld, um mich grosszuziehen. Also ging sie am Tag, als sie aus dem Krankenhaus kam, an einen See nahe ihrem Haus und ... versuchte... mich zu... ertränken.“ Ich lächelte Sky gezwungen an, die mich mit offenem Mund anstarrte. Das Entsetzen stand ihr ins Gesicht geschrieben. Mit gedämpfter Stimme fuhr ich fort.

„Eine Frau, die gerade in der Nähe war, bekam das Geschehen mit und bot meiner 17-jährigen Mutter an, mich zu übernehmen. Sie war es, die mir, als ich etwas älter war, diese ganze Geschichte erzählt hat. Ich habe keinerlei Erinnerungen an meine richtige Mutter. Ich weiss nur, dass sie, als ich etwa siebenjährig war, an einer Hirnblutung gestorben ist.“ Ich machte eine Pause, bevor ich fortfuhr.

„Die Frau, die mich mitgenommen hatte, hiess Sarah Tomlinson, sie und ihr Mann wohnten ebenfalls in Doncaster, und sie hatten eine Tochter, die gleich alt war wie ich. Ihr Name war Rose.“ Sky beobachtete mich wachsam, ihr Körper war angespannt, während sie darauf wartete, dass ich weiter erzählte.

StrangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt